Warum gibt es Tierversuche?

Warum gibt es Tierversuche?
Manchmal machen Wissenschaftler Tiere extra krank, um an ihnen Medikamente zu testen. Hier wurde die Maus links gefüttert, bis sie Übergewicht hatte. (Foto: dpa)

Wissenschaftler testen neue Medikamente und andere Stoffe an Tieren. Aber das muss nicht sein.

„Du bist mein Versuchskaninchen.“ Hast du den Spruch schon mal gehört? Das sagt man, wenn man etwas Neues gemacht hat (zum Beispiel ein Kuchenrezept) und jemand das Ergebnis probieren soll. Die Testperson ist dann das Versuchskaninchen. Das hört sich lustig an – hat aber einen ernsten Hintergrund. Denn es gibt tatsächlich Tiere, die von Wissenschaftlern im Labor benutzt werden, um Sachen zu testen.

Dabei leiden und sterben die Tiere. Im Jahr 2015 wurden fast drei Millionen Tiere in solchen Versuchen verwendet. Die meisten waren keine Kaninchen, sondern Mäuse und Ratten. Aber auch an Affen, Hunden und Katzen wurden Versuche gemacht. Warum gibt es Tierversuche? Kann man die Sachen nicht anders testen? Zum Tag des Versuchstiers haben wir das Lea Schmitz gefragt. Sie hat Biologie studiert und ist Pressesprecherin beim Deutschen Tierschutzbund.

In diesen Bereichen wird an Tieren geforscht:

Manche Wissenschaftler forschen an Tieren ohne bestimmtes Ziel. Sie wollen einfach besser verstehen, wie Dinge im Körper funktionieren. Deswegen verändern sie zum Beispiel etwas im Gehirn der Maus – und gucken, wie sie reagiert.

Hier wird einem Kaninchen am Ohr Blut abgenommen. (Foto: dpa)

Andere Wissenschaftler versuchen neue Heilmittel für Krankheiten wie Krebs, Parkinson oder Aids zu finden. Deswegen machen sie das Tier künstlich krank, geben ihm verschiedene Stoffe und gucken, wie was wirkt. Auf diese Weise haben die Forscher schon viele neue Medikamente entwickelt. „Es gibt sogar Gesetze, die sagen, dass jedes neue Medikament als Erstes an Tieren getestet werden muss“, sagt Lea Schmitz. Doch dabei sterben sehr viele Tiere – oft umsonst.

Die Ergebnisse aus den Tierversuchen kann man nicht direkt auf den Menschen übertragen. „Der Mensch ist ja keine 70-Kilo-Ratte“, sagt Lea Schmitz. Denn unser Körper funktioniert teilweise anders als der einer Ratte. „Deswegen kommen 90 Prozent der Medikamente, die in Tierversuchen für gut befunden wurden, nicht auf den Markt, weil sie beim Menschen nicht wirken.“

Früher wurden auch Kosmetika wie Schminke oder Creme an Tieren getestet. Das ist aber seit 1998 in Deutschland verboten. Dafür testen Forscher andere Stoffe an Tieren: Sie schauen etwa, ob Bestandteile aus Waschmitteln oder Wandfarben giftig sind.

An Tieren zu forschen, lernen Wissenschaftler schon während der Ausbildung: Im Studium schneiden sie Tiere auf und untersuchen sie.

So forscht man ohne Tiere:

Natürlich ist es eine gute Sache, wenn Wissenschaftler neue Medikamente gegen schlimme Krankheiten entwickeln. Doch dafür muss man nicht unbedingt Tierversuche machen. „Es gibt auch andere Möglichkeiten“, sagt Lea Schmitz. So kann man einem Menschen zum Beispiel ein paar Zellen entnehmen, sie im Labor vermehren und dann neue Medikamente daran testen. „Dann muss man nicht den Umweg über das Tier nehmen, sondern sieht direkt, ob der Mensch etwas verträgt oder nicht.“

Bei vielen Stoffen weiß man schon, ob sie giftig für den Menschen sind oder nicht. Und man weiß oft auch, wie diese Stoffe aufgebaut sind. „Wenn man den neuen Stoff untersucht und er so ähnlich ist wie der giftige, kann man meist davon ausgehen, dass der neue Stoff auch giftig ist.“

Um mehr über den menschlichen Körper und Krankheiten zu erfahren kann man auch die Untersuchungsergebnisse von gesunden und kranken Patienten vergleichen. „Das wird zwar heute schon gemacht, aber das könnte man noch ausbauen“, sagt Lea Schmitz. Und die angehenden Wissenschaftler könnten im Studium auch erstmal mit Computersimulationen üben, bevor sie mit Tieren forschen.

„Wir wissen, dass es noch nicht für alle Tierversuche einen Ersatz gibt“, sagt Lea Schmitz. „Aber wir fordern von den Politikern, dass sie mehr Geld in die Entwicklung der alternativen Forschungsmöglichkeiten stecken – und einen Plan machen, wie man dann nach und nach auf Tierversuche verzichten kann.“

Von Angela Sommersberg