„Tier in Not“

„Tier in Not“
Foto: Alexander Roll (Staff)

Wenn auf der Feuerwache 8 in Köln-Ostheim ein Notfall gemeldet wird, geht es nicht immer um Brände oder Menschen. Auch Tiere stecken oft in der Klemme: Zum Beispiel wenn sich eine Entenmutter mit ihrem Nachwuchs auf eine viel befahrene Straße verirrt, ein Greifvogel sich in einem Netz verheddert und oder ein Hund beim Gassigehen wegläuft und nicht mehr nach Hause findet. Für diese besonderen Notfälle ist die Berufsfeuerwehr in Ostheim zuständig. Duda hat sie besucht.

Foto: Alexander Roll (Staff)

Die Ostheimer Feuerwache

Die Teams der elf Wachen der Kölner Berufsfeuerwehr rücken nicht nur aus, wenn es brennt, sie haben auch Sonderaufgaben. Für die rund 80 Feuerwehrleute der Wache 8 in Ostheim ist dies der Tiertransport. Pro Arbeitsschicht, die 24 Stunden dauert, sind zwei Kollegen dafür eingeteilt. Sie kümmern sich in ganz Köln um in Not geratene Tiere. In regelmäßigen Schulungen werden sie dafür ausgebildet. Außerdem arbeitet pro Schicht immer ein Kollege mit viel Erfahrung mit einem jüngeren zusammen, der noch nicht so viele Einsätze hatte. So können die jüngeren Feuerwehrleute sich von den „alten Hasen“ Tricks bei der Arbeit mit den Tieren abgucken.

Holger Schnell. Foto: Alexander Roll (Staff)

Oberbrandmeister Schnell

Einer der „alten Hasen“ ist Oberbrandmeister Holger Schnell (52): Schon seit 1996 arbeitet er bei der Kölner Feuerwehr und beim Tiertransport. Sein Wissen gibt er in Fortbildungen an seine Kollegen weiter. „Das Schöne bei der Feuerwehr ist, dass man nie weiß, was einen erwartet“, sagt er. Auch beim Job als Tierretter wird er immer wieder überrascht: „Ich habe so viele Dinge erlebt, ich glaube jetzt alles: ›Gibt’s nicht‹ gibt es bei uns nicht. Dabei geht es aber immer um das Wohl des Tieres. Schön ist, wenn man ein Tier gut versorgt hat.“

Chiplesegerät. Foto: Alexander Roll (Staff)

Einsatz aufs Stichwort

Wählt man den Notruf 112, erreicht man die sogenannte Leitstelle. Wird dieser ein Tier-Notfall gemeldet, leitet sie eines von drei speziellen Einsatzstichworten direkt an die Feuer- und Rettungswache Ostheim weiter. „Fundtier“ gilt für Tiere, die ohne Besitzer umherirren. „Zum Beispiel, wenn ein Hund allein in einen Supermarkt reinläuft und keiner weiß, zu wem er gehört. Können wir vor Ort keinen Besitzer ausfindig machen, nehmen wir ihn erst einmal in unserem Tiertransporter mit“, erklärt Holger Schnell. Viele Haustiere sind „gechippt“, das heißt, sie tragen einen Mikrochip unter der Haut, auf dem Informationen wie der Besitzername gespeichert sind. Mit einem Spezialgerät können die Feuerwehrleute den Chip lesen und herausfinden, wem der Hund gehört. Sie bringen ihn dann ins Tierheim nach Dellbrück oder Zollstock. Dort können ihn die Besitzer abholen.

„Tier in Not“

Beim Einsatzstichwort „Tier in Not“ handelt es sich meist um verletzte Tiere wie zum Beispiel eine Katze, die von einem Auto angefahren wurde. „Man muss sich vor Ort erst mal ein Bild von der Situation machen“, sagt Holger Schnell, „jedes Tier reagiert anders“. Im Tiertransporter geht es dann rasch zum Tierarzt. Oft können die Feuerwehrleute auch sofort helfen, zum Beispiel wenn sich ein Bussard in einem Netz verstrickt hat. Wenn sie ihn daraus befreit haben und es ihm gut geht, darf er gleich weiterfliegen. Ist er verletzt oder braucht er auf den Schreck noch etwas Ruhe, bringen sie ihn zur Vogelschutzstation Gut Leidenhausen. Dort werden Greifvögel aufgepäppelt.

Foto: Alexander Roll (Staff)

„Sicherstellung“

Es kommt vor, dass sich Menschen nicht gut um ihre Haustiere kümmern oder zu viele Tiere in einer kleinen Wohnung halten. Auch wenn Tierbesitzer plötzlich schwer krank werden und ihre Tiere nicht mehr versorgen können, wird der Tiertransport der Feuerwache 8 informiert. Das Einsatzstichwort dafür heißt „Sicherstellung“. Dabei kann es brenzlig werden, so hatten Holger Schnell und seine Kollegen auch schon einmal einen Einsatz in einer Wohnung voller Terrarien mit Schlangen.

Der Tiertransporter. Foto: Alexander Roll (Staff)

Der Tiertransporter

Für ihre Arbeit haben die Feuerwehrleute ein besonderes Auto: den leuchtend roten Tiertransporter. Im Inneren verbergen sich Käfige in verschiedenen Größen für Hunde, Ziegen, Katzen, Marder, Frettchen, Schlangen oder Greifvögel. Bis zu drei oder vier Tiere können gleichzeitig transportiert werden. Das Auto ist klimatisiert, es bleibt im Sommer kühl und ist im Winter warm. Im hinteren Teil sind Hilfsmittel verstaut: zum Beispiel Schlingen, Maulkörbe, Fangnetze und Käscher. „Wir haben auch verschiedene Schutzkleidung. Aber wir versuchen, erst einmal ohne auf die Tiere zuzugehen“, sagt Holger Schnell. Dann haben sie weniger Angst und sind zutraulicher. Dennoch sind zum Beispiel Handschuhe wichtig, die gegen Krallen und Bisse schützen. Außerdem gibt es einen Medikamentenkoffer mit Schmerz- und Betäubungsmitteln. Bei jedem Einsatz wird in einem Protokoll aufgeschrieben, was genau passiert ist.

Wilde Einsätze

Im vergangenen Jahr hatten die Feuerwehrleute rund 1300 Tiereinsätze. Am häufigsten kamen sie Hunden, Katzen und Greifvögeln zu Hilfe. Aber auch ungewöhnliche Tiere wie eine Vogelspinne und ein Skorpion waren schon dabei. „Einmal mussten wir sogar im Dom ein Huhn einfangen!“, erzählt Holger Schnell und lacht. Oder sie bekommen es am selben Tag mit demselben Tier zweimal zu tun: „Da war ein riesiger Hund ausgebüxt. Beim ersten Einsatz hat der mich von oben bis unten vollgesabbert“, erinnert er sich. Kaum zurück in der Feuerwache und frisch geduscht, kam der Notruf, dass der Hund wieder ausgerissen war. „Wir sind also zum zweiten Mal hingefahren. Nachdem wir ihn endlich in den Wagen bugsiert hatten, war ich wieder so vollgesabbert, dass ich gleich noch einmal duschen konnte!“

Von Doreen Reeck