Zwischenstopp für Zugvögel

Zwischenstopp für Zugvögel
Ein Zilpzalp (Foto: Wikimedia Commons: Andreas Trepte; www.photo-natur.de)

Im Ort Eilat in Israel ruhen sich Zugvögel aus, bevor sie die Wüste durchqueren. Wir waren dort.

Noam Weiss hält Ausschau nach Vögelchen.

Noam Weiss hält Ausschau nach Vögelchen. (Foto: Claudia Hauser)

Warum sollte man Spatzen, Kiebitze oder Mauersegler beobachten, füttern und wiegen? Noam Weiss hat darauf eine Antwort: „Selbst wer nicht versteht, warum diese zarten Vögel es wert sind, beschützt zu werden, der muss sie sich mal genau ansehen. Und dann zugeben, dass sie unfassbar niedlich sind – das ist Grund genug, sie zu schützen.“

Noam Weiss ist Direktor des Vogelschutzzentrums „International Birding and Research Center“ in Eilat.  Eilat ist eine Stadt in Israel,  im Süden der Negev-Wüste. Und Eilat ist ein Ort, an dem die Zugvögel aus Europa  rasten, bevor sie die Sahara überqueren oder nachdem sie die Wüste überquert haben.

Auf den Wind kommt es an

Hier liegt Eilat. (Grafik: Böhne)

Hier liegt Eilat. (Grafik: Böhne)

Eilat ist der letzte grüne Fleck vor der Wüste. Wenn die Vögel hier landen, sind sie schwach, hungrig und müde. Israel ist eine Landbrücke, die Europa, Asien und Afrika verbindet. Etwa eine halbe Milliarde Zugvögel nutzen diese Landbrücke. Die Wege über das offene Meer wählen sie nur, wenn der Wind richtig steht. Ein Adler wiegt etwa fünf Kilogramm, er kann sehr viel besser gegen den Wind fliegen als ein winziger Singvogel wie ein Zilpzalp beispielsweise, der nur etwa fünf Gramm wiegt. „Es würde ihn unglaublich viel Energie kosten, über das Meer zu fliegen, deshalb versucht er das zu vermeiden“, sagt Noam Weiss. Sicherer ist die Landroute. Um von Israel ins Winterquartier nach Äthiopien zu gelangen, muss das Fünf-Gramm-Vögelchen 3000 Kilometer Wüste überqueren. 3000 Kilometer ohne Nahrung – ein Zilpzalp findet nur in Wäldern Futter, und die gibt es in der Sahara nicht.

Lockangebote

Noam Weiss und seine Mitarbeiter haben ihr Schutzzentrum so aufgebaut, dass es für den Zilpzalp interessant ist. Er hält nach weißen Blüten Ausschau – also haben sie Tamarisken gepflanzt, die  weiß und rosa blühen. Die elf Zentimeter kleinen Vögel suchen die Blätter und Zweige nach Insekten, Spinnen und Blattläusen ab, die sie fressen. Andere Singvögel halten nach der Farbe Gelb Ausschau – für sie gibt es Pflanzen mit gelben Blüten. Damit auch Reiher sich angezogen fühlen, hat Noam Weiss einen See mit frischem, klarem Wasser und Fischen angelegt, damit auch die Reiher etwas zu essen haben.

Mehr als 3000 Arten

Über diese verschiedenen Futterangebote locken die Vogelschützer mehr als 3000 Arten an, die im Frühjahr und im Herbst Zwischenstopp auf ihrer weiten Reise einlegen. Die Experten fangen die Vögelchen ein, beringen und wiegen sie und statten sie mit einem Mini-Sender aus, um herauszufinden, wo sie langfliegen.

Besondere Talente

Noam Weiss mit einem Zilpzalp

Noam Weiss mit einem Zilpzalp (Foto: Claudia Hauser)

Noam Weiss spricht sehr liebevoll über seine gefiederten Gäste. Er zeigt den Besuchern einen Zilpzalp, den er in seiner Hand hält. Und der 45-Jährige erzählt von einem besonderen Talent der Zugvögel: „Sie können sich an Gegenden erinnern, obwohl sie noch nie dort waren. Das klingt seltsam, ist aber so. Ihre Erinnerung stützt sich nicht auf  Erfahrungen, sie ist in ihren Genen verankert.“

Begegnung mit Folgen

Noam Weiss liebt es, Besucher durch seine Vogelwarte zu führen – vor allem freut er sich über Besuche von Kindern. „Wenn Kinder verstehen, wie klein so ein Vögelchen ist, wie hilflos es wirkt, aber wie weit es fliegen kann, dann macht das etwas mit ihnen. Das hat etwas mit Liebe zu tun“, sagt er. Und wer schon einmal einen winzigen Zilpzalp in der Hand hatte und die Hand dann öffnet, um ihn in die Freiheit zu entlassen, der versteht, was der Vogelexperte Noam Weiss meint.

Von Claudia Hauser

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