Zugvögel machen sich auf in den Süden

Kraniche
Kraniche machen sich auf den Weg in den Süden. (Foto: dpa)

Spätestens wenn es kalt und ungemütlich wird, machen sich viele Vögel auf eine weite Reise. Sie fliegen dorthin, wo es wärmer ist und wo sie in den Wintermonaten genug Futter finden. Einige haben sich sogar jetzt schon auf die Reise gemacht. Wir haben mit dem Vogel-Experten Lars Lachmann vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) über Zugvögel gesprochen.

Wann fliegen Zugvögel los und wohin?

Zugvögel fliegen nicht wegen der kalten Temperaturen weg, sondern weil sie nicht mehr genug Futter finden. Schnee, Kälte und die kürzeren Tage erschweren die Suche nach Insekten und Samen. Die Abflugzeiten unterscheiden sich je nach Art. Die ersten Vögel fliegen schon Mitte Juli weg, die letzten erst im Dezember.

Die Vögel, die schon früh losfliegen, fliegen meistens allein und nachts. Daher sind sie kaum zu sehen. Im September und Oktober fliegen viele Vögel auch tagsüber. Die meisten Vögel kannst du in der ersten Oktoberwoche sehen. Dann fliegen unter anderem die Buchfinken in Schwärmen davon.

Langstreckenzieher

Es gibt zwei verschiedene Arten von Zugvögeln: Langstrecken- und Kurzstreckenzieher. Mehr als zwei Milliarden Langstreckenzieher fliegen jedes Jahr aus Europa nach Afrika. Zu ihnen gehören zum Beispiel Weißstorch, Kuckuck, Mauersegler und Nachtigall. Weil sie so eine weite Reise haben, sind sie bei uns nur etwa von April bis August zu sehen. Sie fliegen in jedem Jahr fast zur gleichen Zeit los. Die Abflugzeit unterscheidet sich nur um wenige Tage.

Kurzstreckenzieher

Zu den Kurzstreckenziehern zählen Kranich, Kiebitz, Feldlerche, Star und Hausrotschwanz. Sie überwintern in Westeuropa oder am Mittelmeer. Die Kurzstreckenzieher fliegen im Herbst los und kommen ab Februar wieder zurück. Die genauen Abflugzeiten sind vom Wetter abhängig. Wenn es im Herbst schon früh kalt wird, fliegen sie früher los. In einem milden Winter kehren sie früher zurück.

Woher kennen Zugvögel den Weg?

Zugvögel fliegen Tausende Kilometer, über Flüsse, Gebirge, Meere. Den Weg finden sie ohne Karte und Kompass. Nicht nur die genaue Strecke, auch die Abflugzeit ist genetisch vorgegeben: Die Vögel haben einen angeborenen Zuginstinkt. Auch Zugvögel, die im Käfig gehalten werden, werden zu Abflugzeiten ihrer Artgenossen unruhig. Sie versuchen dann immer wieder, in eine bestimmte Richtung zu fliegen – auch wenn sie nie in Freiheit gelebt haben.

Auf ihrer Reise orientieren sich die Tiere bei klarem Himmel tagsüber am Sonnenstand und nachts am Sternenhimmel. Bei schlechtem Wetter können sie sich auf einen inneren Kompass verlassen. Der weist ihnen den Weg. Es ist noch nicht genau erforscht, wo dieser Kompass sich befindet. Manche Wissenschaftler glauben, er sitzt in den Augen, andere vermuten ihn im Schnabel.

Rekord-Strecken ohne Pausen und Futter

Um herauszufinden, wohin die Vögel fliegen, bekommen einzelne Tiere winzige Sender aufgesetzt. Über diese können die Forscher sehen, wo sie hinfliegen. Die längste Strecke legt die Küstenseeschwalbe zurück: Sie fliegt von der Arktis in die Antarktis – hin und zurück sind das rund 40 000 Kilometer.

Pfuhlschnepfe

Pfuhlschnepfe (Foto: dpa)

Die längste Strecke an einem Stück ohne Pause ist die Pfuhlschnepfe geflogen: von Alaska nach Neuseeland. Für mehr als 11 000 Kilometer hat sie neun Tage gebraucht und dabei weder gegessen noch getrunken. Vor allem Vögel, die weite Strecken übers Meer fliegen, haben eine Strategie entwickelt, möglichst lange ohne Nahrung auszukommen. Vor ihrem Abflug legen sie Fettvorräte an. Die liefern ihnen die nötige Energie. Das Fett wird während der Reise verbraucht. Am Ziel kommen sie dann ohne Fett an. Es gibt aber auch Vögel, die regelmäßig landen. Sie fressen genau so viel, wie sie für einen Flugtag brauchen.

Warum fliegen manche Vögel in V-Formation?

Kraniche

Kraniche fliegen in V-Form. (Foto: dpa)

Vielleicht hast du schon einmal beobachtet,  dass Kraniche, Wildgänse und Kormorane in Schwärmen fliegen und dabei ein „V“ bilden. Sie sparen auf diese Weise Energie. Das kommt so: Hinter einem großen fliegenden Vogel entsteht ein sogenannter Aufwind. Der Vogel dahinter muss sich dann weniger anstrengen. Die Tiere fliegen nie direkt hintereinander, sondern schräg versetzt. Der Vogel, der ganz vorne fliegt, muss sich am meisten anstrengen. Es ist ein erfahrener Vogel. Die Tiere dahinter sparen bis zu 30 Prozent Energie. Deswegen wechseln sie sich regelmäßig ab.

Von Kathy Stolzenbach