Vogelküken machen Mutprobe auf Helgoland

Viele Menschen kommen nach Helgoland, um sich die Lummen, die in die Tiefe springen, anzuschauen. (Foto: dpa)
Viele Menschen kommen nach Helgoland, um sich die Lummen, die in die Tiefe springen, anzuschauen. (Foto: dpa)

Ganz schön mutig: Küken der Trottellummen stürzen sich auf der Insel Helgoland jedes Jahr von den Klippen ins Meer. Für die Tiere ist das überlebenswichtig.

Traut es sich? Ein Lummenküken flattert aufgeregt mit seinen kurzen Flügeln. Etwas tollpatschig watschelt es auf der Klippenkante hin und her, in einem dichten Gewusel von erwachsenen Lummen. Von hier soll sich der kleine Vogel viele Meter in die Tiefe stürzen – obwohl er erst wenige Wochen alt ist und noch nicht fliegen kann! Da wird einem nur vom Zusehen mulmig.

So hoch wie zehn Stockwerke

Die Lummenküken springen in der Regel in der Dämmerung vom Felsen. Dann werden sie nicht so ?schnell von den Möwen entdeckt, denn die könnten ihnen gefährlich werden. (Foto: dpa)

Die Lummenküken springen in der Regel in der Dämmerung vom Felsen. Dann werden sie nicht so ?schnell von den Möwen entdeckt, denn die könnten ihnen gefährlich werden. (Foto: dpa)

Für das Küken geht es steil abwärts ins Meer, rund vierzig Meter. Das ist höher als das 10. Stockwerk einiger Hochhäuser. Die Lummen-Eltern treiben unten im Meer auf den Wellen. Sie versuchen offenbar, ihr Küken zum Sprung zu überreden: Kleiner, trau dich, könnte ihr Geschrei bedeuten. Aber das Küken scheint zu zögern. Zumindest sieht es durch das Fernglas so aus.

Das Ganze wirkt wie eine gefährliche Mutprobe, zu der ausgerechnet die Eltern auffordern. Aber sie haben für ihren Nachwuchs nur das Beste im Sinn, sagt Jochen Dierschke. Er arbeitet als Vogelforscher auf Helgoland. Das ist eine deutsche Insel in der Nordsee, wo sich jedes Jahr im Sommer dieser Lummensprung der Vogelküken abspielt.

„Die Natur hat das klug eingerichtet: Der Sprung ins Wasser ist für die Lummen wichtig, damit sie überleben”, erklärt der Experte. Denn Trottellummen können nicht besonders gut fliegen. Die schwarz-weißen Vögel erinnern an Pinguine und haben ziemlich kurze Flügel, wie kleine Stummel. Deshalb wäre es schwierig für sie, ihre Küken auf den Klippen mit Futter zu versorgen.

Die Eltern locken ihre Kinder ins Wasser

Das ist Jochen Dierschke. Er weiß jede Menge über Lummen.  (Foto: privat)

Das ist Jochen Dierschke. Er weiß jede Menge über Lummen. (Foto: privat)

Die Eltern müssten weite Strecken fliegen, um Nahrung zu beschaffen und diese ihrem Nachwuchs auf Helgoland zu bringen. „Das würden sie kaum schaffen. Viele Küken würden verhungern”, sagt Jochen Dierschke. „Deshalb locken die Eltern die Kleinen ins Wasser.” Wenn die Küken mit im Meer schwimmen, ist es für die Eltern viel leichter, sie etwa mit kleinen Fischen wie Sandaalen oder Sprotten zu füttern.

Die Lummenküken springen übrigens meistens in der Dämmerung. Der Grund: Auf dem Wasser lauert im Hellen Gefahr. „Möwen kreisen über dem Wasser und suchen Futter”, sagt der Experte Jochen Dierschke. „Und die fressen gerne Lummenküken.” Die jungen Lummen springen deshalb von den Klippen, wenn es so dunkel ist, dass sie von den Möwen nicht gleich entdeckt werden.

Viele Menschen kommen mit Ferngläsern

Rund 3000 junge Lummen stürzen sich jedes Jahr  in die Tiefe, sagen Experten. Viele Urlauber kommen dann auf die Insel, um sich das besondere Schauspiel der Tiere anzusehen. Sie können die Vögel mit Ferngläsern beobachten.

Dieses Lummen-Küken ist schon gesprungen. (Foto: dpa)

Dieses Lummen-Küken ist schon gesprungen. (Foto: dpa)

Der Sprung ins Meer sichert den Lummen damit das Überleben und ist längst nicht so gefährlich, wie er wirkt. „Das Skelett ist bei den Küken noch so weich, dass sich die Vögel in der Regel nicht verletzen.” Außerdem, so der Vogel-Experte, seien die Vögel ganz schön gute Schwimmer.

Von dpa

 

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