Ist Friesisch ein Dialekt oder eine Sprache?

Das ist Tjitte. Er spricht Friesisch und Niederländisch - und wechselt hin und her ohne Probleme. (Foto: privat.
Das ist Tjitte. Er spricht Friesisch und Niederländisch - und wechselt hin und her ohne Probleme. (Foto: privat)

Leeuwarden. Das spricht man so aus, wie es da steht. Leeuwarden ist gemeinsam mit Valletta auf Malta europäische Kulturhauptstadt. Aber obwohl Leeuwarden im Norden der Niederlande liegt, wird dort neben Niederländisch noch eine Sprache gesprochen: Friesisch. Das sprechen nur etwa 400 000 Menschen. Zum Vergleich: In Köln wohnen eine Million Leute.

Dialekte versteht man meistens

Bei uns sprechen einige Leute Kölsch. Das ist allerdings keine Sprache, sondern ein Dialekt. Aber was ist der Unterschied zwischen einer Sprache und einem Dialekt? Kurz gesagt: Wenn zwei Menschen sich gegenseitig verstehen, ist es ein Dialekt. Wenn sie sich nicht verstehen, eine Sprache.

Wenn du in Spanien Urlaub machst, verstehst du nichts (es sei denn, du lernst Spanisch in der Schule). Das liegt daran, dass Deutsch und Spanisch zwei unterschiedliche Sprachen sind. Aber wenn du in Bayern Urlaub machst, sprechen die Leute zwar komisch – aber du verstehst sie nach einer Weile. Bairisch ist ein deutscher Dialekt.

Manchmal versteht man auch Sprachen

Stimmt die Regel immer? Wenn du in die Niederlande fährst, verstehst du die Menschen auch ein bisschen, oder? Ist Niederländisch also auch ein deutscher Dialekt? Nein, das ist eine eigene Sprache. Du siehst: Die Regel funktioniert nicht immer. Das liegt daran, dass es auch politische und geschichtliche Gründe hat, ab wann eine Sprache eine Sprache ist.

Die Niederlande sind ein eigenes Land – mit ihrer eigenen Sprache. Wer weiß: Wenn Bayern nicht zu Deutschland gehören würde, wäre Bairisch vielleicht auch eine eigene Sprache.

Sprachen haben eigene Regeln – so wie Friesisch

Und sonst? Wichtig ist auch, dass eine Sprache Regeln folgt: Es muss offiziell festgelegt sein, wie die Grammatik und die Rechtschreibung sind. Außerdem muss die Sprache eine Geschichte haben. Das alles trifft auf Friesisch zu.

Und: Ein Niederländer aus dem Süden versteht die friesische Sprache nicht. Übrigens: Auch in Teilen von Norddeutschland gab es mal Friesisch – heute sprechen das aber nur noch sehr, sehr wenige Deutsche. So weit wollen die Friesen in den Niederlanden es nicht kommen lassen. Denn sie sind sehr stolz auf ihre Sprache.

Und das sagt Tjitte (10) über seine Muttersprache Friesisch

Friesisch ist meine Muttersprache. Das spreche ich zu Hause mit meiner Familie und mit vielen Freunden. In meinem Ort Damwâld gehe ich zur Grundschule, dort haben wir aber fast alle Fächer auf Niederländisch. Friesisch ist nur ein Fach. Wenn wir das haben, sprechen wir natürlich Friesisch. Ich finde es leichter, Niederländisch zu schreiben. Obwohl das manchmal auch kompliziert ist – manche Wörter enden nämlich auf -d und andere auf -dt – man weiß nie, wann was dran ist.

Viele friesische Wörter sind im Englischen genauso. Das weiß ich, weil wir in der Schule auch Englisch lernen. Niederländisch fühlt sich für mich nicht wie eine Fremdsprache an. Ich bin in Friesland geboren und mit beiden Sprachen aufgewachsen – für mich ist es kein Problem, zu wechseln. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, verstehe ich aber, dass andere Leute es vielleicht nicht normal finden. Trotzdem mag ich Friesisch lieber. Und ich bin sehr stolz, dass es meine Muttersprache ist.

VON ANGELA SOMMERSBERG

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