Ein Einhorn sehen und haben wollen

Ein Einhorn sehen und haben wollen
Fiona und ihr Bruder Florian lieben ihre Spielfiguren. Foto: Claudia Irle-Utsch/dpa

Eigentlich findet Fiona Werbung ziemlich langweilig. Aber manchmal springt sie doch darauf an. Warum eigentlich?

Sie ist bunt, laut und lustig, manchmal auch verblüffend. Trotzdem findet Fiona Werbung langweilig. Die Neunjährige aus der Stadt Siegen sagt: „Du guckst gerade eine spannende Sendung, und dann kommt Werbung.“ Das nerve und raube Zeit. Auch deshalb nehmen ihre Eltern eine Show wie „The Masked Singer“ im Fernsehen auf. Beim Anschauen spulen sie bei den Werbe-Spots etwa für Duschgel, Autos oder Schokolade einfach vor. Sie überlisten die Werbung.

Taucht auf dem Tablet ein Einhorn auf, dann ist Fiona hin und weg. Ihr Bruder Florian hat mehr Spaß an Dinos oder am Kuscheltier. Foto: Claudia Irle-Utsch/dpa

Auch beim Spielen am Tablet fühlt sich Fiona von der Werbung gestört. Sie will doch einfach nur Wörter puzzeln oder Bälle sortieren. Manchmal blickt sie bewusst weg, wenn auf dem Bildschirm ein Werbefilm läuft. „Dann haben meine Augen Pause“, erklärt sie. Und doch gibt es Momente, in denen eine Werbung sie erreicht. Bei neuen Spielfiguren einer bestimmten Marke schaut sie nämlich genau hin. Wenn ein Pferd, Einhorn oder Pegasus in ihre Sammlung passen würde,
 würde sie die Figur am liebsten sofort kaufen.

Aufmerksamkeit
 wecken

Hier geht die Berechnung der Werbemacher also auf. Wie deren Strategie aussieht, kann Professorin Hanna Schramm-Klein von der Universität Siegen gut erklären. „Sie wollen die Kinder aus ihrem Trott holen. Dabei müssen sie aber erst einmal ihre Aufmerksamkeit wecken“, sagt sie. Werbung will gesehen und gehört werden, und sie lockt. Manchmal ist sie wie ein Versprechen, das verheißt: „Wenn du dieses Kleid trägst, bist du schön wie eine Prinzessin!“ Wenn dabei auch noch Kinder für eine bestimmte Sache werben, wirken diese oft wie ein Vorbild.

Die Wissenschaftlerin Hanna Schramm-Klein weiß, wie Werbung auf uns wirkt. Foto: Privat/dpa

Besonders zielsicher kann Werbung im Internet platziert werden. Beim Online-Spielen kann auch Fiona plötzlich gar nicht anders, als hinzuschauen. „Oh, das interessiert mich jetzt aber“, sagt sie. Auf ihrem Tablet läuft der Trailer zu einem anderen Spiel. Bei dem wollen ein freundlicher alter Herr und ein süßer Hund ein heruntergekommenes Haus wieder herrichten. Fiona würde sich am liebsten sofort in dieses Abenteuer stürzen. „Das kann ich ausprobieren“, jubelt sie. Aber ihre
 Mama sagt: „Stopp!“

Wünsche wecken

Fiona hat verstanden, wie Werbung funktioniert: Sie will den Wunsch wecken, etwas haben zu wollen. Vielleicht wird irgendwann genau dieses Etwas sogar gekauft. Werbung begegnet Fiona auch im Kino. Dort wird für andere Filme geworben, die für das Publikum gleichfalls spannend sein könnten. Außerdem läuft vorab ein Spot, der Appetit auf Eis machen möchte. Klar will Fiona sich gleich darauf beim Eisverkäufer etwas aussuchen – und Florian, ihr kleiner Bruder, auch.

Ihr gespartes Geld allerdings hebt sich Fiona für etwas anderes auf: Sie hat schon länger einen süßen kleinen Elefanten mit riesengroßen Ohren im Blick. Den hat sie im Spielzeugladen entdeckt – dafür
 brauchte es keine Werbung.

Von Claudia Irle-Utsch (dpa)