Wieder auf der Flucht

Geht in deine Klasse vielleicht auch ein Kind aus Syrien? Aus dem Land im Nahen Osten sind in den vergangenen Jahren viele Menschen geflohen – unter anderem auch nach Deutschland.
Denn in Syrien herrscht schon seit mehr als acht Jahren Bürgerkrieg. Und in der vergangenen Woche ist die Lage dort noch einmal schlimmer geworden – wieder sind viele auf der Flucht. Wir berichten, was dort passiert.
Wie hat alles angefangen?
Los ging es vor vielen Jahren eigentlich friedlich: Im März 2011 haben viele Menschen in Syrien gegen den Herrscher Baschar al-Assad demonstriert. Sie wollten, dass ihr Land eine Demokratie wird und dass dort jeder frei seine Meinung sagen kann. Doch dann hat Baschar al-Assad die Demonstrationen mit Gewalt beendet – und es hat sich ein Krieg entwickelt. Ganze Städte in Syrien sind zerstört, viele Menschen haben ihr Zuhause verloren oder sind sogar gestorben. Das ursprüngliche Ziel Demokratie ist darüber fast in Vergessenheit geraten.
Welche Gruppen gibt es?
Am Anfang haben sich die Soldaten von Baschar al-Assad und verschiedene Gruppen von Rebellen, die für Demokratie waren, bekämpft. Auf zwei Gruppen müssen wir aber näher eingehen: Erstens die Kurden. Sie sind ein Volk, das unter anderem in Syrien und der Türkei lebt, und das sich schon lange ein eigenes Land wünscht. In den vergangenen Jahren haben einige Kurden eine Region im Norden von Syrien zu ihrem eigenen Gebiet erklärt und selbst verwaltet. Das hat gut geklappt.
Eine weitere Gruppe ist während des Kriegs immer stärker geworden: Du kennst sie vielleicht unter dem Namen „Islamischer Staat“, oder kurz IS. Das ist eine Gruppe von Terroristen, die in vielen Ländern der Welt Anschläge verübt und Schrecken verbreitet hat.

Kinder versorgen sich in einem Flüchtlingslager mit Wasser. Foto: UNICEF/UNI213840/Kadour/AFP-Services
Wer kämpft gegen den IS?
Klar, dass viele Länder etwas gegen den IS und seine furchtbaren Taten unternehmen wollten. Deswegen startete vor fünf Jahren eine besondere Zusammenarbeit: Die Kurden haben mit Hilfe der USA und anderer westlicher Länder gemeinsam den IS in Nord-Syrien bekämpft. Die kurdischen Kämpfer und die USA konnten den IS verdrängen und viele Terroristen gefangen nehmen.
Vergangene Woche hat dann aber Donald Trump, der Präsident der USA, beschlossen, dass die amerikanischen Soldaten nach Hause kommen sollen – obwohl viele Politiker ihm davon abgeraten hatten. Denn die Lage in Syrien ist immer noch sehr instabil.
Was macht die Türkei dort?
Aufgepasst, jetzt wird es kompliziert: Nachdem die amerikanischen Soldaten letzte Woche nach Hause gefahren waren, standen die Kurden plötzlich alleine da. Nun mischte sich die Türkei ein: Sie schickte eigene Soldaten nach Nord-Syrien und griff die Kurden an. Kurden und Türken sind nämlich schon lange verfeindet. Recep Tayyip Erdogan, der Präsident der Türkei, sagt, dass die kurdischen Kämpfer Anschläge auf die Türkei planen würden und er sein Land verteidigen müsse. Politiker und Politikerinnen aus aller Welt kritisieren aber das Verhalten der Türkei. Viele Experten glauben, dass Erdogan die Kurden einfach aus ihrem Gebiet in Nord-Syrien vertreiben möchte.
Und jetzt?
Die Lage ist sehr angespannt. Viele Politiker wollen, dass Erdogan die Angriffe stoppt. Deswegen bestrafen sie ihn, indem sie zum Beispiel nicht mehr mit der Türkei Handel betreiben wollen. Einige europäische Länder haben auch gesagt, dass sie der Türkei erstmal keine Waffen mehr verkaufen. Ob das etwas bringt, ist noch unklar. Bei all dem Chaos in der Region fürchten Experten, dass der IS wieder stärker werden können. Die Kurden, die ja bisher gegen den IS gekämpft haben, fühlen sich alleine gelassen. Sie haben nun den syrischen Machthaber Baschar al-Assad und seine Soldaten um Hilfe gebeten. Denn der möchte gerne wieder alleine über ganz Syrien herrschen.
Für die Menschen in Nord-Syrien bedeutet das vor allem: mehr Kämpfe und mehr Leid. Unicef, die Hilfsorganisation für Kinder, schätzt, dass seit Beginn der Kämpfe vor einer Woche fast 70 000 Kinder in Nord-Syrien auf der Flucht sind.
Von Angela Sommersberg