Wahlplakate im Vorgarten

Wahlplakate im Vorgarten
Wahlplakat in einem Vorgarten. Foto: Michael Kranefeld

Erinnerst du dich noch an die großen Plakate, die vor der Kommunalwahl überall in den Städten hingen? So etwas gibt es in den USA nicht.

Hannah und Henri. Foto: Michael Kranefeld

„Hier stellen die Leute Schilder in ihren Garten“, erzählen mir Hannah (8) und Henri (13). Die Geschwister aus Deutschland wohnen in den USA. Vor ein paar Tagen habe ich ein Videotelefonat mit ihnen gemacht. Ich wollte wissen: Wie ist das Leben in den USA so? Und wie ist die Stimmung im Land gerade? Schließlich wählen die Erwachsenen in den USA am 3. November einen neuen Präsidenten. Sie müssen sich entscheiden zwischen dem aktuellen Präsidenten Donald Trump von der Republikanischen Partei und Joe Biden von den Demokraten.

Interview

Foto: Michael Kranefeld

Warum lebt ihr in den USA?
„Wegen der Arbeit unserer Eltern“, sagt Henri. Die Eltern sind Journalisten. Zurzeit berichten sie auch viel über die Wahl. Vor drei Jahren ist die Familie von Köln-Ehrenfeld in einen Vorort der Hauptstadt Washington DC gezogen. Die liegt im Nordosten des großen Landes. Oft ist die Familie mit dem Camper unterwegs. „Hier ist alles viel größer als in Deutschland. Es gibt zum Beispiel viel mehr Natur und andere Tiere“, erzählt Hannah. Und ihr großer Bruder ergänzt: „Aber auch die Städte sind viel größer!“ Was den beiden aufgefallen ist: In vielen Orten gibt es keine Bürgersteige – man geht einfach über die Straße spazieren!

Wo geht ihr zur Schule?
„Ich gehe in die Elementary School“, sagt Hannah. So heißt die Grundschule in den USA. Ihr großer Bruder geht auf die Middle School. „Die dauert drei Jahre“, sagt Henri. Danach gehen die amerikanischen Schüler noch auf die High School. „Ich habe gehört, dass es in Deutschland nach der Grundschule drei verschiedene Schularten gibt“, sagt Hannah. Das verwirrt sie, denn in Amerika gehen alle Kinder die ganze Zeit zusammen zur Schule. Die beiden besuchen normale amerikanische Schulen. „Die erste Woche war richtig hart“, erinnert sich Henri. „Auf meiner Schule in Deutschland hatte ich nur ein paar Brocken Englisch gelernt.“ Hannah konnte noch gar kein Englisch, als sie in die USA kam. „Für mich war es am Anfang sehr schwer.“ Etwa ein halbes Jahr habe sie gebraucht, bis sie sprechen und alles verstehen konnte. Jetzt aber hat sie schon einen richtigen amerikanischen Akzent – und sucht manchmal sogar nach den deutschen Worten.

Wie ist es bei euch mit Corona?
Ihre Mitschüler haben die beiden schon lange nicht mehr richtig gesehen. Denn wegen Corona findet der Unterricht seit Mitte März nur noch online statt. „Die Zahlen sind hier sehr hoch und viele Leute haben Angst“, erzählt Hannah. „Wir machen uns aber eigentlich keine Sorgen, denn wir sind sehr vorsichtig“, sagt Henri. Wenn, dann trifft die Familie Freunde draußen zum Grillen oder wandern. Sie vermissen es, ins Baseball-Stadion zu gehen, ein Spiel zu gucken und dabei zu picknicken. „Dort trifft man immer viele Leute“, erzählt Henri. Er kennt sich schon richtig gut aus mit den amerikanischen Sportarten. „Die Leute hier mögen Football, Baseball, Eishockey und Basketball. Erst dann kommt Soccer.“ Soccer ist das amerikanische Wort für Fußball. Deswegen guckt Henri mit seinem Papa die Spiele der deutschen Bundesliga. Und welchem Verein drückt er die Daumen? „Dem 1. FC Köln natürlich!“

Wahlplakat auf einem Campingplatz im Bundesstaat Virginia. Foto: Michael Kranefeld

Wie erlebt ihr die Wahl?
„Unsere Lehrerin hat uns einen Wahlzettel gezeigt. Aber sonst haben wir in der Schule nicht so viel über die Wahl gesprochen“, sagt Hannah. Vor allem mit ihren Eltern sprechen die Geschwister darüber. „In den USA gibt es nur zwei große Parteien“, sagt Henri. „Die Republikaner und die Demokraten.“ In den Gärten ihrer Nachbarn haben sie überall Schilder für den Demokraten Joe Biden entdeckt. Auch die Geschwister finden Joe Biden gut. „Er möchte etwas gegen den Klimawandel machen, das finde ich wichtig“, sagt Hannah. Donald Trump mögen sie nicht so, denn er erzählt viele Lügen, sagt Henri. „Er behauptet zum Beispiel, dass es schon zur Wahl einen Impfstoff gegen Corona geben würde. Das kann aber gar nicht sein.“ Die beiden stört auch, dass der Präsident nie eine Maske trägt und kein gutes Vorbild ist. „Trump verspricht immer viele Sachen, die sich gut anhören. Aber nach der Wahl vergisst er alles wieder“, sagt Hannah.

Wie lange bleibt ihr?
Die Familie bleibt noch bis Sommer 2022 in den USA. Die Geschwister finden das gut. „Mir gefällt es hier“, sagt Henri. „Die Menschen sind alle sehr freundlich und man kann sich mit jedem unterhalten, sogar im Supermarkt“, erzählt Hannah. Trotzdem vermissen die Geschwister auch Sachen von zu Hause. Die Großeltern, die kurz hinter der belgischen Grenze leben, und die sie schon seit mehr als einem Jahr nicht gesehen haben. Die Freunde. Die vielen Büdchen in Ehrenfeld. Und natürlich: „Den Karneval!“

Von Angela Sommersberg