Verzeihen und versöhnen

Verzeihen und versöhnen
Diese Kopfbedeckung heißt Kippa und wird von religiösen Juden getragen. Foto: picture alliance / dpa

Erinnerst du dich noch an das letzte Mal, als du dich mit deinen Eltern gestritten hast? Wenn man so richtig wütend ist, sagt man dabei manchmal hässliche Sachen – die man meistens gar nicht so meint. Oft schämt man sich dann im Nachhinein dafür, aber sich zu entschuldigen, fällt schwer. Um Versöhnen und Verzeihen geht es auch an Jom Kippur. Das ist ein sehr wichtiger Feiertag für Menschen, deren Religion das Judentum ist.

Die Synagoge in der Kölner Roonstraße
Foto: Csaba Peter Rakoczy

Was ist Jom Kippur?

Dieses Mal startet Jom Kippur am Sonntagabend. Der Feiertag dauert dann einen ganzen Tag, bis Montagabend. Eigentlich geht es aber schon viel früher los, nämlich zehn Tage vorher. Da ist Rosch Haschana, das Neujahrsfest. Weil Juden einen anderen Kalender benutzen als Christen, beginnt für sie an diesem Tag das neue Jahr. Deswegen finden die Feiertage übrigens auch nie am selben Datum statt.

In den zehn Tagen bis Jom Kippur machen die Juden sich Gedanken darüber, mit wem sie sich im vergangenen Jahr gestritten haben, oder wen sie verletzt haben. Spätestens an Jom Kippur sollen sie sich bei diesen Menschen entschuldigen. Gleichzeitig soll man denen verzeihen, die einen verletzt haben.

Was ist an dem Tag wichtig?

Am Tag vor Jom Kippur, also am Sonntag, bereiten sich alle auf den wichtigen Feiertag vor. Viele Juden nehmen noch mal ein ganz besonderes Bad, um vor Gott sauber zu sein. Am Nachmittag gibt es dann ein Gebet, abends isst man noch mal zusammen. Denn danach wird gefastet: An Jom Kippur sollen die Menschen nichts essen und trinken, auch Jugendliche machen mit. Jüngere Kinder üben das Fasten aber nur ein bisschen. Niemand geht zur Arbeit oder zur Schule. Doch man soll sich an dem Tag auch nicht vergnügen, kein Fernsehen gucken oder am Handy spielen. Viele verzichten sogar aufs Duschen. Die Menschen sollen diesen Tag stattdessen nutzen, um über ihr Leben nachzudenken.

Wie verläuft der Tag?

Normalerweise verbringen viele Juden den Tag in ihrem Gotteshaus, der Synagoge. Wegen Corona können dort aber gerade nicht so viele Menschen hinkommen wie sonst. Deswegen werden viele zu Hause mit ihren Familien feiern.

In der Synagoge gibt es über den Tag verteilt mehrere Gottesdienste, die viele Stunden lang dauern. Die Menschen beten. Manche Juden tragen sogar weiße Kleidung als Zeichen der Reinheit. Schuhe oder Taschen sollen nicht aus Leder sein, denn dafür mussten Tiere sterben. Am Abend von Jom Kippur ertönt dann ein lautes Horn – der Tag der Reue ist beendet.

Jom Kippur ist der höchste Feiertag im Judentum, dann wird gefastet und nicht gearbeitet. Deshalb sind im Land Israel die Straßen leer. Foto: Oded Balilty/AP/dpa

Warum machen die Juden das?

Die Juden glauben, dass Gott all ihre Taten kennt – die guten und die schlechten. Wer sich aber rechtzeitig zu Jom Kippur bei seinen Mitmenschen entschuldigt und fastet, der zeigt Gott, dass er seine schlechten Taten bereut. Dann kann Gott dem Menschen vergeben und ihn von seinen Sünden befreien.

Auch, wenn du eine andere Religion hast, oder gar keine, hört sich das nach einer guten Idee an, oder? Denk’ noch mal an deinen letzten schlimmen Streit zurück. Und dann bist du mutig und entschuldigst dich bei den Menschen, denen du fiese Sachen gesagt hast. Danach wirst du dich bestimmt besser fühlen – und dein Gegenüber auch.

Von Angela Sommersberg