Reisebericht: So fühlt es sich auf dem Jakobsweg an

Wer so lange Strecken mit einfachen Mitteln zurücklegen will, braucht ganz schön viel Disziplin. (Foto: Kinderreporterin Medi)
Wer so lange Strecken mit einfachen Mitteln zurücklegen will, braucht ganz schön viel Disziplin. (Foto: Kinderreporterin Medi)
Kinderreporterin Medi ist stolz auf das, was sie mit 12 Jahren schon erlebt hat. (Foto: Medi)

Kinderreporterin Medi ist stolz auf das, was sie mit 12 Jahren schon erlebt hat. (Foto: Medi)

Wer pilgert, unternimmt eine Reise zu einem heiligen Ort. Meine Oma und mein Opa sind von Köln bis nach Santiago de Compostela in Spanien gepilgert, auf dem sogenannten Jakobsweg: Sie sind mehrere Jahre lang 3455 Kilometer in vielen Etappen durch verschiedene Länder gelaufen. Inzwischen bin auch ich schon mit ihnen gepilgert, gemeinsam mit meinen Geschwistern, meinem Cousin und meiner Cousine.

Ein Pass für Pilger

Wenn man sich auf eine Pilgerreise begibt, kann man sich einen Pilgerpass ausstellen lassen. Ich habe natürlich auch einen. Darin stehen mein Name und Alter, das Datum, an dem ich mich das erste Mal auf den Weg gemacht habe, und die Art wie ich den Weg antrete. Es gibt nur drei Möglichkeiten: zu Fuß, mit dem Fahrrad oder auf einem Pferd. Wir laufen.

Stempel sammeln

An jedem Pilgerort, den man erreicht, erhält man einen Stempel. Die Stempel sind ein Andenken, sie sehen sehr schön aus und sind ganz verschieden. Vor vier Jahren sind wir das erste Mal losgezogen, und zwar am Kölner Dom. Deshalb ist der schöne Domstempel auch der erste Stempel in meinem Pilgerpass. Wir sind bisher schon durch die Eifel, nach Trier und Koblenz, durch das Saarland und nach Luxemburg gepilgert.

Rucksack packen

Manchmal muss man sich ein paar Tricks ausdenken, damit das Pilgern nicht langweilig wird. Zum Beispiel Lieder erfinden. (Foto: Medi)

Jedes Gramm im Rucksack zählt später auf dem Weg. (Foto: Medi)

Doch bevor es losgeht, muss der Rucksack gepackt werden. Das ist nicht ganz einfach. Man muss genau überlegen, was man mitnimmt. Klamotten, Zahnbürste, Regenjacke, Proviant, vielleicht eine Kamera. Der Rucksack sollte nicht zu schwer sein. Denn jeder muss sein Gepäck den ganzen Weg über auf dem Rücken selbst tragen. Am besten wiegt man alles vorher genau ab. Wir haben sogar unsere Strümpfe auf die Küchenwaage gelegt und nur die leichtesten durften mit.

Auf nach Frankreich

Unsere letzte Pilger-Etappe war etwas ganz Besonderes: Wir sind mit dem Zug über Paris bis nach Le Puy in Frankreich gefahren. Das ist der Startpunkt des französischen Pilgerweges. Mitten im Ort auf einem Hügel liegt die Kathedrale Notre Dame von Le Puy-en-Velay. Durch das große Kirchentor blickt man auf die Stadt hinunter. Dort sind wir losgelaufen. Wir folgten immer dem Pilgerzeichen. Das ist eine gelbe Muschel auf blauem Grund, das Zeichen für den Jakobsweg.

Pilgern ist toll

Jetzt denkt ihr vielleicht: „Den ganzen Tag nur laufen? Das ist doch langweilig.“ Stimmt nicht! Es macht total viel Spaß und ist spannend, weil man nie weiß, was auf dem Weg so passieren und wie die nächste Herberge sein wird. Wir sind zum Beispiel immer dem Pilgerzeichen gefolgt, doch manchmal fanden wir mehrere Kilometer lang keines. Dann bekamen wir Zweifel, ob wir überhaupt noch auf dem richtigen Weg sind. Wenn man dann doch wieder ein Pilgerzeichen findet, ist das eine Erleichterung.

Auch die Wege sind immer verschieden. Manchmal gingen wir auf Asphaltstraßen in der heißen Sonne, dann kamen einsame Pfade zwischen Büschen und Felsen – und nicht selten waren die Wege total überschwemmt vom Regen.

Tiere am Wegesrand

Einmal fanden wir auf einem sandigen Weg ein großes Tierskelett von einem Fuchs oder Luchs, und ein paar Stunden später eine lebendige Schlange. Manchmal trafen wir auch andere Pilger. Einige sprachen sogar eine uns völlig fremde Sprache und trotzdem konnten wir uns irgendwie mit ihnen verständigen. Dann machten wir eine Pause und die fremden Pilger liefen weiter. Nach ein paar Stunden oder Tagen trifft man diese Leute dann plötzlich wieder. Das ist toll!

Singen gegen Müdigkeit

Auf dem Jakobsweg lernt man unterschiedliche Landschaften und auch Menschen kennen. (Foto: Medi)

Auf dem Jakobsweg lernt man unterschiedliche Landschaften und auch Menschen kennen. (Foto: Medi)

Wir haben uns auch ein Pilgerlied ausgedacht. Das haben wir gesungen, wenn unsere Beine müde wurden. Einmal haben das andere Pilger gehört und wollten uns beim Singen filmen. Zum Glück haben sie den Text nicht verstanden, denn darin kamen auch weniger feierliche Dinge vor, wie zum Beispiel das verstopfte Klo im Zug auf der Hinfahrt oder etwas über einen grässlichen Knochenmann mit Warzen, der gar nichts mit unserer Reise zu tun hatte.

In der Herberge

Am allerbesten ist es, wenn man einen sehr langen und anstrengenden Weg hinter sich hat, und endlich das Ortsschild vom Ort der Herberge sieht. Denn dann weiß man: Wir haben es geschafft, wir sind den ganzen weiten Weg gelaufen. Einmal sogar 19 Kilometer über Stock und Stein, bergauf und bergab. In der Herberge freuen wir uns jedes Mal auf das Essen. Einmal gab es Aligot. Das ist ein typisches französisches Pilgeressen, eine Art Kartoffelbrei mit Käse drin. Das schmeckte mir leider gar nicht.

Zu Gast bei Fremden

Ein paar Tage später erreichten wir eine andere Herberge, in der keine Betten mehr frei waren, obwohl wir reserviert hatten. Der Wirt war verzweifelt, weil er uns sieben Leute wegschicken musste. Doch dann kam zufällig eine sehr nette Frau mit ihrem Mann und ihrem Baby zu uns, die unser Problem mitbekommen hatten. Sie boten uns an, eine Nacht bei ihnen zu schlafen. Wir nahmen dankbar an. Am Abend gab es superleckeres Essen und ich dachte mir: Vielleicht war es doch nicht so schlecht, dass die Herberge schon voll war. Sonst hätten wir wohl nicht so gut gegessen.

Die Muschel

Die Jakobsmuschel ist das Symbol für den Jakobsweg. (Foto: dpa)

Die Jakobsmuschel ist das Symbol für den Jakobsweg. (Foto: dpa)

Auch, wenn man nicht aus religiösen Gründen pilgert, haben diese Orte und der Jakobsweg, auf dem seit vielen Jahren Menschen pilgern, etwas Feierliches, fast Mystisches. In einer Geschichte wird erzählt, dass der Leichnam des Apostels Jakobus mit dem Schiff nach Spanien gebracht wurde. Auf wundersame Weise rettete Jakobus (der Leichnam) einen jungen Adligen, der im Meer zu ertrinken drohte. Als er ans rettende Ufer gelangte, war sein Körper ganz mit Muscheln bedeckt. Aus diesem Grund ist die Muschel nicht nur ein Wegzeichen sondern auch ein Schutzzeichen. Pilger tragen Jakobsmuscheln an ihren Rucksäcken oder Hüten. Wenn du also mal Leute in Wanderschuhen mit Muscheln am Rucksack siehst, weißt du: das sind Pilger.

 

 

 

VON KINDERREPORTERIN MEDI (12)