Kein Wasser im Regenwald

Kein Wasser im Regenwald
Foto: Christina Weise

Leonardo wohnt in einem kleinen Dorf in Brasilien, mitten im Regenwald. Anders als der Name es sagt, regnet es hier nicht immer. In manchen Monaten überhaupt nicht. Dann haben Leonardo und seine Familie kein Wasser.

Foto: Christina Weise

Drei Monate kein Regen

„Puh“, Leonardo wischt sich den Schweiß von der Stirn. Das Fußballspielen war anstrengend. Es ist so heiß! Schnell rennt er nach Hause. Dort dreht er den Wasserhahn auf und hält seinen Kopf darunter. Und wartet. Und wartet. Nur drei kühle Tropfen laufen über seine Stirn. Leonardo seufzt. Jetzt ist es also soweit: Es gibt kein Wasser mehr. Seit Tagen hat Leonardos Mutter es schon befürchtet, denn es hat drei Monate nicht geregnet.

Leonardo. Foto: Christina Weise

Leonardo ist zwölf Jahre alt und wohnt in Porto Velho. Das ist ein kleines Dorf mitten im Regenwald. Hier ist es immer grün, nur wenn es lange nicht regnet, werden die Wege staubig und das Gras braun.

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Schmutziger Fluss

Hinter Leonardos Haus fließt ein Fluss vorbei. Er hat weniger Wasser als sonst, aber das Plätschern reicht, um Leonardo noch durstiger zu machen. Sein Hals ist trocken und seine Zunge fühlt sich doppelt so groß an wie sonst. Das Flusswasser darf er nicht trinken, weil es schmutzig ist und ihn krank machen würde. Die kleine Stadt in der Nähe leitet das Abwasser in den Fluss und viele Menschen werfen Müll hinein. Der Fluss trägt ihn zwar weg und so ist er für die Menschen nicht mehr zu sehen, aber aus dem Abfall kommen giftige Stoffe in das Wasser.

Wasser, das durstig macht

„Mama ich hab Durst“, Leonardo setzt sich auf einen Holzstuhl in der Küche. Hier ist es noch heißer als draußen. Seine Mutter kocht auf dem Lehmofen, das Feuer knistert. „Wir haben nur noch Salzwasser, Schatz“, sagt sie und reicht ihm ein Glas. Leonardo nimmt dankbar einen großen Schluck. Das Wasser tut gut, zuerst jedenfalls. Aber in seinem Mund bleibt ein Salzgeschmack zurück, der ihn noch durstiger macht. Vielleicht hast du beim Baden im Meer aus Versehen schon einmal Wasser geschluckt. Dann weißt du, wie das schmeckt. „Das hilft nicht“, sagt Leonardo und stellt das Glas zu dem Geschirr an die Spüle. Obwohl noch Wasser da ist, müssen sie sparen. Duschen darf er erst heute Abend vor dem Schlafengehen – dabei würde kühles Wasser jetzt so guttun.

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Zwei Quellen

Leonardos Dorf bekommt das Wasser von zwei Quellen, die tief im Wald unter hohen Bäumen liegen, eine Stunde zu Fuß einen Berg hoch. Durch einen langen Schlauch kommt das Wasser nach unten ins Dorf. Es gibt eine Quelle mit Salzwasser und eine mit Süßwasser. Die mit dem Salzwasser ist größer. Bei den Quellen steigt das Wasser von unten aus dem Boden nach oben. „Früher kam mehr Wasser, es sprudelte manchmal richtig“, erzählt Leonardos Vater. Früher gab es hier auch noch mehr Wald und nicht so viele Felder und Straßen.

Bauchweh-Wasser

Das Wasser wird nicht nur immer weniger, sondern auch immer schlechter. In Leonardos Klasse sind nie alle da, viele haben Magenprobleme. Artur, Leonardos kleiner Cousin, hat oft Durchfall. Nach einem Tag mit Salzwasser hat auch Leonardo Bauchschmerzen. Aber er kann heute sowieso zu Hause bleiben, denn die Schule fällt aus. Das passiert immer, wenn es kein Wasser mehr gibt. In der Schule ist nämlich sogar das Salzwasser aufgebraucht. So kann niemand auf die Toilette, keiner kann zwischendurch bei der Hitze etwas trinken und es gibt kein Mittagessen.

Foto: Christina Weise

Leonardo sitzt vor dem Haus im Schatten, Artur malt neben ihm mit einem Stock in der trockenen Erde. „Hoffentlich regnet es bald“, denkt Leonardo und schaut in den blauen Himmel. Wolken sieht er keine.

Von Christina Weise