Ein Hammel eroberte den Himmel

Die ersten Ballonfahrer der Geschichte waren ein Hammel, eine Ente und ein Hahn. Sie schwebten im September 1783 in einem schwankenden Korb in den Himmel. Der französische König Ludwig XVI. wollte, dass der Start in seinem Schlossgarten in Versailles stattfand. Denn in einer Welt, in der es noch keine Flugzeuge und keine Fallschirme gab; in der der Himmel nur den Vögeln gehörte; da waren fliegende Hammel eine ziemliche Sensation. Mehr als 100 000 Menschen kamen, um ihren Start zu sehen.
Man muss ehrlich zugeben: Die Menschen waren zu feige, um selbst die erste Himmelsfahrt zu wagen – und schickten die Tiere vor. Schließlich war bei früheren Versuchen auch einiges schiefgegangen. Bereits 74 Jahre vor der Testfahrt der Tiere, am 8. August 1709, schickte der brasilianische Priester Bartholomeu Laourneco de Gusmao in Portugal ein Gefährt in den Himmel – allerdings unbemannt. Es sah eher wie ein Vogel aus, flog nur kurze Zeit – und steckte bei der Vorführung vorm Adelshaus die Vorhänge und Möbel des Königs in Flammen. Dennoch gilt Gusmaos Aktion vor fast genau 305 Jahren als erster gelungener, wenn auch unbemannter Ballonstart der Geschichte.
Hahn bricht sich den Flügel
Für Ente, Hahn und Hammel lief es später in Frankreich ziemlich gut. Nur die Landung war wohl turbulent. Der Hahn soll sich dabei sogar einen Flügel gebrochen haben. Doch alle drei überlebten. Für die Brüder Montgolfier, die den Heißluftballon erfunden hatten, war die Testfahrt der Tiere das Zeichen dafür, dass ihre Erfindung bereit war, die ersten Menschen in den Himmel zu tragen. Doch wer war mutig genug dafür?
Die Brüder Montgolfier überlegten wohl, ob man nicht Strafgefangene zu der gefährlichen Tour zwingen könne. Doch der Adel am französischen Königshof war dagegen: Die ersten fliegenden Menschen sollten keine verurteilten Verbrecher sein, fanden sie – sondern welche von ihnen, also Adlige. Schließlich meldeten sich der Marquis de Arlange und der Comté de Rochfourt freiwillig. Im November 1783 hoben die beiden ab und fuhren in ihrem Ballon ruhig und ohne Zwischenfälle über ganz Paris hinweg.
Taufe mit Feuer und Sekt
Lenken kann man Heißluftballons übrigens bis heute nicht. Ihre Fahrtrichtung wird vor allem beeinflusst von den verschieden starken Winden, die über dem Boden wehen. Lässt ein Ballonfahrer die große, rote Flamme aufleuchten, erhitzt er die Luft im Ballon. Weil warme Luft nach oben steigt, kann der Fahrer den Ballon so höher und in eine neue Strömung lenken. Mehr als 1000 Meter über dem Meeresspiegel können die Ballons erreichen.
Noch heute werden Himmelsstürmer nach ihrer ersten Fahrt besonders für ihren Mut geehrt: Eine Haarlocke des Neuen wird angezündet und mit Sekt schnell wieder gelöscht. So wird er in den Adelsstand der Ballonfahrer erhoben – und erhält einen Adelstitel, wie die ersten menschlichen Ballonfahrer sie hatten. „Baron Christian, Eroberer des Himmels“, „Prinzessin Karin“ oder „Luftgräfin Laura“ zum Beispiel. Drei Ballonfahrer hätten einen Adelstitel mehr als verdient. Ihr ahnt sicher welche: Der himmelsstürmende Graf Hammel, die schwebende Prinzessin Ente und der kühne König Hahn, der sogar einen Flügel opferte.
Von Annika Leister