Ein halbes Geschwisterkind?

Ein halbes Geschwisterkind?
Foto: Frank Leonhardt/dpa

Das klingt erst mal seltsam: Jede Frau auf der Welt bekommt zweieinhalb Kinder. Das haben Experten ausgerechnet. Aber wie soll das gehen? Es hat doch niemand zwei ganze und ein halbes Kind! Manche Frauen haben gar keine Kinder, andere vielleicht fünf. Zweieinhalb Kinder sind der Durchschnitt, den Experten ausgerechnet haben.

Viele Kinder in armen Ländern

Die Fachleute stellen bei ihrer Untersuchung fest: Es gibt große Unterschiede zwischen den Ländern auf der Welt. Zum Beispiel zwischen reichen und armen Ländern. Eltern in armen Ländern haben oft besonders viele Kinder. In Somalia im Osten von Afrika hat ein Kind zum Beispiel durchschnittlich fünf Geschwister. „In manchen Regionen werden viele Kinder als ein Symbol für Wohlstand angesehen“, erklärt die Expertin Mareike Döring. Manchmal hoffen die Eltern auch, dass die Kinder arbeiten und Geld für ihre armen Familien verdienen. Das kann aber auch dazu führen, dass in einer großen Familie nicht alle Kinder genug zu essen haben.

Viele Frauen werden ungewollt schwanger

Die Menschen in armen Ländern kommen oft schlechter an Verhütungsmittel. Damit können sie verhindern, schwanger zu werden. Oder sie wissen gar nicht ausreichend darüber Bescheid, weil in der Schule oder beim Arzt nicht darüber gesprochen wird. „Die Frauen bekommen also mehr Kinder, als sie sich eigentlich wünschen“, sagt Mareike Döring. Von den 43 Ländern auf der Welt, in denen Frauen durchschnittlich mindestens vier Kinder bekommen, liegen 38 in Afrika.

Weitere Gründe für viele Kinder

Ob eine Frau so viele Kinder hat, wie sie möchte, hängt auch mit der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau zusammen: Es gibt auf der Welt Länder, in denen Frauen nicht frei entscheiden können, wen sie heiraten und welchen Beruf sie ausüben. Und sie dürfen nicht selbst entscheiden, ob sie Kinder bekommen. Das bestimmen in diesen Gesellschaften alleine die Männer. Auch innerhalb eines Landes kann es große Unterschiede geben. Das beobachten die Forscher zum Beispiel in Ländern in Südamerika. Dort bekommen die Frauen auf dem Land deutlich mehr Kinder als in der Stadt. Außerdem haben arme Familien mehr Kinder als reiche.

Weniger Kinder in reichen Ländern

In reichen Ländern wie Deutschland, Australien und den USA bekommen Frauen durchschnittlich zwischen ein und zwei Kindern. Frauen können in diesen Ländern freier entscheiden, wie viele Kinder sie bekommen wollen. Allerdings gibt es auch bei uns Einschränkungen. Auf die Frage „Haben Sie so viele Kinder, wie sie gerne möchten?“, haben in Deutschland einige Frauen mit Nein geantwortet. Manche von ihnen hätten gerne mehr Kinder. Ein Grund, der sie daran hindert, ist die Kinderbetreuung. In Industrieländern wie Deutschland ist es normal, dass Frauen studieren und arbeiten. Viele Frauen wollen nach der Geburt damit weitermachen, finden aber keinen Kita-Platz für ihr Kind. Oder sie haben Angst davor, dass sie nicht genug Geld haben, um gut für ihr Kind zu sorgen.
Dass die Menschen in den europäischen Ländern weniger Kinder bekommen, macht Fachleuten noch aus einem anderen Grund Sorgen. Der Anteil der älteren Menschen wächst. Das heißt, weniger junge Menschen müssen immer mehr Ältere versorgen.

Recht auf Freiheit

Die Experten sagen: Dass eine Frau frei entscheiden kann, ob und wie viele Kinder sie bekommen möchte, ist ein wichtiges Recht. Sie hoffen, dass die Regierungen aller Länder in Zukunft mehr dafür tun, damit die Frauen dieses Recht auch nutzen können.

… und in Deutschland?

In Deutschland kamen im vergangenen Jahr etwa 785 000 Babys zur Welt. Das waren etwas weniger als im Jahr davor. Für Experten sind diese Zahlen wichtig. Damit können sie zum Beispiel ausrechnen, wie viele Kinder in einigen Jahren eingeschult werden. Dann wissen sie auch, wie viele Lehrer nötig sind. Die Experten können außerdem ausrechnen, wie viele Menschen in Zukunft in Deutschland leben werden.

Von Nadja Lissok (mit dpa)