Die Äpfel haben Jhonny gerettet

Die Zweige erzittern, ein Rascheln entfährt den Blättern. Noch einmal. Durch die Bewegung werden die Sonnenstrahlen gebrochen und tanzen als kleine Punkte auf dem trockenen Boden. Wie in einer Disco mit Blätterdach. Darunter hüpfen drei Jungen atemlos und strecken ihre Arme nach oben. Immer wieder. Ihr Ziel: die saftigen rot-gelb-gesprenkelten Äpfel. Einer von den Jungs ist Jhonny.
Eine exotische Frucht
„Vor drei Jahren hab ich zum ersten Mal einen Apfel gegessen. Bäh, das war eklig“, erinnert Jhonny (8) sich. „Ich hab reingebissen und ihn sofort wieder ausgespuckt. Meine zwei Freunde auch. Der Apfel war ganz klein und hart, wir haben ihn heimlich vom Baum gepflückt, als mein Vater nicht aufgepasst hat. Wir konnten es einfach nicht mehr abwarten, die exotische Frucht zu probieren.“ Was Jhonny damals nicht wusste: Es war noch viel zu früh, der Apfel war noch gar nicht reif. „Etwas später hab ich dann zum ersten Mal einen reifen Apfel probiert. Mmmmh, war der dann lecker!“
Früher gab es wenig Essen
Jetzt ist Jhonny acht Jahre alt und weiß, wann ein Apfel reif ist. Sein Vater hat seit drei Jahren eine Apfelplantage. Sie liegt in der Nähe des kleinen Dorfes Tumuyo in der Gemeinde Tapacari, wo Jhonny wohnt. Das ist in den Anden in Bolivien. Die Anden sind eine Gebirgskette, so ähnlich wie die Alpen, die du aus Europa kennst. Jhonnys Familie wohnt mittendrin in den hohen Bergen, weit entfernt von einer Stadt. Seine Eltern sind Bauern. „Früher hatten wir oft wenig zu Essen. Da gab es nur einmal am Tag ein paar Kartoffeln. Der Boden hier ist trocken, weil es heiß ist, zu wenig regnet und kaum Bäume gibt. Die Ernte war immer schlecht, wir konnten kaum etwas davon verkaufen“, erzählt Jhonny und schaut zu Boden.
Wasser speichern
Aber dann hat sein Vater gelernt, wie er Kartoffeln und Getreide besser anbauen und Wasser speichern kann. Dabei haben ihm Experten geholfen. Dieses Projekt mit den bolivianischen Bauern wird von dem Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat unterstützt. „Meine Eltern hatten schon überlegt in die Stadt zu ziehen und dort eine Arbeit zu suchen. Aber ich liebe es hier!“ Er breitet die Arme aus und lacht. „Meine Freunde wohnen direkt nebenan und wir spielen jeden Tag Fußball. Und auch Fangen und Verstecken mit den Mädchen. Oh, hier gibt es so viele gute Verstecke!“ Und schon rennt er mit seinen Freunden los. Weg von der Apfelplantage, den Berg hinauf.

Doña Rosa, Bäuerin im Dorf Tumuyo in der Gemeinde Tapacari mit ihren Kindern. Foto: Steffen/Adveniat
Jhonny will auch Bauer werden
Manchmal hilft Jhonny seinem Vater auch bei der Arbeit. Dann geht er mit einer Hacke bis zur Grundschule. Ein Stück dahinter liegt eines der Felder. Wenn er den Berghang hinuntergeht, kommt er zu den Apfelbäumen. „Da bin ich am liebsten, weil sie mich vor den heißen Sonnenstrahlen schützen. Ich möchte alles von meinem Vater lernen und später auch Bauer werden. Denn ich bleibe auf jeden Fall hier. Jetzt gibt es ja sogar die Äpfel!“