Auf der Suche nach einem Kompromiss

Weil bei der Bundestagswahl keine Partei die Mehrheit bekommen hat, muss jetzt verhandelt werden
Die Bundestagswahl ist vorbei. Doch jetzt wird es erst richtig kompliziert: Denn wer wird unsere neue Regierung bilden? Gemeinsam mit Thorsten Buff beantworten wir auch weiterhin die Fragen unserer Kinderreporterinnen und Kinderreporter. Thorsten Buff ist Vorstandsreferent vom Kölner Jugendring e. V.
Anna fragt: Was ist eine Koalition? Bis wann muss es eine Koalition geben? Was passiert wenn die Parteien sich nicht einigen können?
Klar ist: Die Partei SPD hat die meisten Stimmen bekommen, CDU und CSU liegen auf dem zweiten Platz, die Grünen auf dem dritten und die FDP auf dem vierten. Doch keine Partei hat so viele Stimmen bekommen, dass sie alleine regieren könnte, also alleine Entscheidungen im Bundestag treffen könnte. Denn um regieren zu können, muss eine Partei mehr als die Hälfte aller Plätze im Bundestag haben. Insgesamt gibt es zurzeit 735 Plätze, die Regierung muss also mindestens 368 haben. Deswegen müssen sich nun verschiedene Parteien zusammentun, um gemeinsam auf diese 368 Plätze zu kommen. So etwas nennt man Koalition.
Zunächst müssen die einzelnen Parteien jetzt gucken, welche Inhalte und Ziele sie schon gemeinsam haben. Aber auch, welche Inhalte unterschiedlich sind – und an wo man bereit ist, ein Ziel zu verändern. Stell dir das so vor: Du triffst dich mit zwei Freunden. Du möchtest Fahrradfahren, dein Freund möchte Rollerfahren und der dritte möchte zu Hause mit Lego spielen. Wie einigt ihr euch? Vielleicht könntet ihr erst Zeit draußen verbringen und Fahrrad oder Roller fahren. Und später drinnen Lego spielen. So etwas nennt man Kompromiss.
Was ist eine Sondierung?
Bevor über eine Koalition verhandelt wird, gibt es aber erstmal sogenannte Sondierungsgespräche. Hier gucken zwei oder drei Parteien, ob sie überhaupt etwas gemeinsam haben und ob es sich lohnt, Koalitionsverhandlungen zu beginnen. Ein solches Sondierungsgespräch hat am Freitag zwischen den Parteien Grüne und FDP stattgefunden. Am Sonntag und nächste Woche soll es Gespräche zwischen weiteren Parteien geben.
Führen Koalitionsverhandlungen immer zu einem Erfolg?
Nein. Nach der letzten Bundestagswahl im Jahr 2017 etwa hatte es schon viele Gespräche zwischen den Parteien CDU/CSU, FDP und Grünen gegeben. Trotzdem hat die FDP irgendwann gesagt: „Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“ Wenn die Parteien sich also nicht einigen können, kann so eine Verhandlung auch platzen.

Die Spitzen von Grünen und FDP haben überraschend schon erste Vorgespräche über eine gemeinsame Regierungsbeteiligung geführt. Foto: Volker Wissing/FDP/instagram/dpa
Gibt es ein Datum, bis wann eine Koalition stehen muss?
Nein. Die Parteien könnten rein theoretisch auch ein Jahr lang verhandeln. Aber irgendwann lohnt es sich eben nicht mehr, es noch weiter zu versuchen. Dann gibt es die Möglichkeit, dass andere Parteien miteinander sprechen, die auch gemeinsam eine Mehrheit haben. So war es 2017: Damals haben dann die Parteien CDU/CSU und SPD doch noch eine gemeinsame Regierung gebildet.
Und wenn alles Reden nichts bringt?
Dann gibt es noch zwei Möglichkeiten: Erstens eine sogenannte Minderheitsregierung. Hier gibt es zwar eine Koalition zwischen zwei Parteien, aber die Partner haben trotzdem keine Mehrheit im Parlament. Bei jeder Abstimmung müssen sie deswegen Leute aus anderen Parteien überzeugen, für ihre Sache zu stimmen. Das ist gar nicht so leicht. Deswegen ist so eine Minderheitsregierung extrem unwahrscheinlich. Eine zweite Möglichkeit wären Neuwahlen.
Aber: So weit es ist ja noch nicht. Nun warten erstmal alle ab, wie die Gespräche zwischen den verschiedenen Parteien in den nächsten Tagen laufen.
von Angela Sommersberg