Tierisches Krankenhaus

Tierisches Krankenhaus
Die Leiterin der Station Dagmar Schröter. Bild: by Michael Bause

Die Greifvogelschutzstation auf Gut Leidenhausen

Aus großen, dunklen Augen lugt Ronja durchs Gitter, als Tierpfleger Jürgen Kreck vorsichtig die Käfigtür öffnet. Behutsam nimmt er sie auf den Arm, um zu sehen, wie es seiner kleinen Patientin geht. Ronja ist ein Waldkauz und mit ihren 19 Jahren schon eine alte Dame. Bei einem Sturz hat sich die Eule ein Bein gebrochen und wird nun in der Krankenstation der Greifvogelschutzstation auf Gut Leidenhausen versorgt. „Das ist sozusagen unsere Intensivstation, wie in einem Krankenhaus“, erklärt deren Leiterin Dagmar Schröter. Hier werden aber keine Menschen behandelt, sondern Greifvögel und Eulen, die sich verletzt haben, krank sind oder als Baby aus dem Nest gefallen sind und Hilfe brauchen. Sind sie wieder gesund, dürfen sie zurück in die freie Natur. Duda hat die Greifvogelschutzstation besucht und einen Blick hinter die Kulissen geworfen.

Schnelle Hilfe im Notfall

Die Greifvogelschutzstation in Porz-Eil gibt es schon seit mehr als 50 Jahren. Wenn in Köln und Umgebung jemand einen verletzten Greifvogel oder eine kranke Eule findet, kann man die Notfallnummer der Schutzstation, die Polizei oder die Feuerwehr anrufen. Die Tiere werden dann hierhergebracht. Und warum nicht in ein normales Tierheim, fragst du dich? „Da ist man auf solche Tiere gar nicht eingestellt“, erklärt Dagmar Schröter. Die Leiterin der Greifvogelschutzstation ist Falknerin, sie hat also eine besondere Ausbildung für die Pflege von Greifvögeln gemacht. Auch die Tierärzte, mit denen die Greifvogelstation zusammenarbeitet, sind auf die Behandlung solcher Vögel spezialisiert.

Die Krankenstation

Die Greifvogelschutzstation besteht aus verschiedenen Abteilungen. Wird ein verletztes Tier eingeliefert, kommt es als Erstes auf die Krankenstation. Dort schauen sich Dagmar Schröter und ihr Team den Neuankömmling mit Tierärzten genau an, um herauszufinden, was ihm fehlt. Sie sprechen eine Behandlung und die Medikamente ab und legen ein „Patientenblatt“ mit allen Infos an. Neben Waldkauzdame Ronja wird gerade ein Wespenbussard versorgt, der sich am Flügelgelenk verletzt hat und nicht mehr fliegen kann. Noch ist nicht klar, ob er wieder ganz gesund wird und zurück in die Natur kann. „Er wird in jeden Fall bis zum Frühjahr hierbleiben“, sagt Dagmar Schröter. Denn Wespenbussarde sind Zugvögel, die nur im Sommer in Deutschland leben, den Winter verbringen sie in Afrika.

Zu Besuch auf der Greifvogelschutzstation auf Gut Leidenhausen. Bild: Michael Bause

Zurück in die Natur

Geht es den tierischen Patienten besser, werden sie von der Krankenstation in die Pflegestation verlegt, wo ihre Verletzungen ausheilen können. Die großen Käfige, sogenannte Volieren, sind rundum aus Holz, nur das Dach besteht aus einem Gittergeflecht, sodass die Tiere Licht und frische Luft bekommen. Das ist so gestaltet, damit sie ihre Ruhe haben, also nicht ständig Menschen sehen und sich zu stark an sie gewöhnen. Schließlich sollen sie wieder in die Freiheit entlassen werden. Neben Pflege und Physiotherapie brauchen sie dafür oft spezielles Jagdtraining: „Sie müssen uns erst mal beweisen, dass sie noch jagen können. Manche Vögel werden richtig faul“, sagt Dagmar Schröter und lacht. Sind sich alle sicher, dass sie wieder fit sind für die Natur, ist es so weit: Sie dürfen in die Freiheit fliegen. Jürgen Kreck mag diesen Moment am liebsten: „Das Schönste ist, wenn man die Tiere wieder freilassen kann“, sagt er.

Die Dauergäste

Es gibt auch Patienten, bei denen das nicht geht, zum Beispiel wenn sie so schwer verletzt waren, dass sie nicht mehr fliegen und jagen können. Es kommt auch vor, dass Greifvögel und Eulen abgegeben werden, die bei Menschen gelebt haben, die sich nicht gut um sie gekümmert haben. Auch sie könnten nicht mehr allein in Freiheit überleben, weil sie zu sehr an Menschen gewöhnt sind. Diese Vögel dürfen hierbleiben: Sie wohnen in großen Volieren in der Dauerpflegestation, die auch für die Öffentlichkeit geöffnet ist. „Die sind Besuch gewöhnt und schon richtige kleine Rampensäue“, sagt Jürgen Kreck und lacht. Auf Schildern neben den Volieren kannst du ihre Namen und mehr über sie erfahren. Bei Führungen erzählt dir das Team außerdem Spannendes über seine Schützlinge und den Alltag mit ihnen. Auch Waldkauzdame Ronja lebt hier und wird von der Krankenstation zurück in ihre Voliere ziehen, wenn sie wieder gesund ist.

Die Vögel werden liebevoll gepfegt. Bild: Michale Bause

Besondere Gäste

Ein lautes „Uhuuu“ lockt im Dauerpflegebereich zur Voliere von Uhu Föös. Über ihn kann Jürgen Kreck, der schon seit fast 20 Jahren als Tierpfleger hier arbeitet, eine besondere Geschichte erzählen. Als Uhu-Baby nahm er ihn, zusammen mit dem ebenfalls jungen Waldkauz Herbie mit nach Hause, um sich Tag und Nacht um ihre Aufzucht zu kümmern. Herbie und Föös wurden ein Herz und eine Seele und bezogen eine gemeinsame Voliere. Aber Jürgen Kreck hatte eine Sorge: Die viel größeren Uhus fressen in freier Wildbahn nämlich Waldkäuze. Also trennte man die beiden vorsichtshalber. Doch Föös und Herbie waren so traurig darüber, dass sie aufhörten zu fressen. Das Team entschied, Herbie wieder zu Föös zu lassen. „Als Föös Herbie als Erstes ein Küken zu fressen brachte, war mir klar: Das ist ein Liebesbeweis!“, erzählt Jürgen Kreck. Und tatsächlich: Föös und Herbie blieben lebenslang die dicksten Freunde.

Mehr Infos

Alle Infos über die Greifvogelschutzstation, Öffnungszeiten und Führungen findest du auf: www.gut-leidenhausen.de/angebote/greifvogelschutzstation und www.sdw-nrw-koeln.de/greifvogelstation.

 

von Doreen Reeck