Seltenes Seepferdchen

Seltenes Seepferdchen
Seepferdchen. Foto: Wikipedia

Bestimmt wieder ein Zigaretten-Stummel! Das dachte sich Aike im ersten Moment, als er etwas im Wasser herumschwimmen sah. Der Junge ist neun Jahre alt und lebt auf der Nordsee-Insel Borkum. Seine Eltern haben dort auch ein Boot. „Wir kamen gerade von einer Bootstour“, erinnert sich Aike an den Tag. „Manchmal gehe ich keschern, um kleine Fische zu fangen.“ Ein Kescher ist ein kleines Netz an einem Griff. Hin und wieder fischt Aike damit auch Müll aus dem Wasser.

Aike hat beim Keschern ein seltenes Seepferdchen gefangen. Foto: –/Privat/dpa

Seltener Fund

Doch dieses Mal lagen weder Plastikteilchen noch alte Zigaretten in seinem Netz. Stattdessen erkannte er in seinem Kescher ein kleines Seepferdchen. Du hast richtig gehört! Seepferdchen kennen viele nur als Schwimmabzeichen. Auch Aike wusste bis dahin noch nicht so viel über die Tiere.

Zuerst dachte Aike, er hätte einen Zigarettenstummel aus dem Wasser gefischt. Foto: –/Privat/dpa

Ab ins Aquarium

„Ich bin schnell zum Boot gelaufen und hab Papa geholt“, erzählt der Viertklässler. „Und dann haben wir es in einen Eimer mit Wasser getan.“ Zusammen mit seinem Vater brachte Aike seinen Fund zu Maria und Ihno Oetjen. Das Ehepaar betreibt auf Borkum ein großes Aquarium. Schnell war klar: Es handelt sich um ein Kurzschnäuziges Seepferdchen. „Ein paar Tage später wurde ein Becken eingerichtet für das Seepferdchen“, erzählt Aike. Dort können es sich jetzt auch andere Leute ansehen.

Kurzschnäuziges Seepferdchen. Foto: Wikipedia

Das sind Seepferdchen

Seepferdchen gehören zu den Fischen. Sie haben eine Flosse am Rücken und atmen mit Hilfe von Kiemen. Ihr Kopf sieht so ähnlich aus wie bei einem Pferd, der Name passt also. Weltweit gibt es etwa 80 verschiedene Arten. Oft sind sie nur wenige Zentimeter groß. Die größten sind so lang wie ein großes Lineal.

Absolute Ausnahme

Kurzschnäuzige Seepferdchen leben in der Nordsee. An der deutschen Küste galten sie aber als ausgestorben. Dass jemand ein lebendiges Tier erwischt, ist eine absolute Ausnahme. „Das hat es bei uns seit 50 Jahren nicht gegeben“, erzählt Maria Oetjen. Woran liegt das? Ihno Oetjen erklärt: Seepferdchen brauchen am Meeresboden Seegras oder Algen, um sich festzuhalten. Ansonsten würden sie mit der Strömung abtreiben. Viele Jahre wurde das Seegras in der Region jedoch immer weniger – und damit auch die Seepferdchen.

Seegras erholt sich

In der Corona-Krise waren insgesamt weniger Schiffe unterwegs, auch in der Nordsee. Dadurch habe sich auch das Seegras erholt, sagt Ihno Oetjen. Die Seepferdchen haben jetzt also wieder einen besseren Lebensraum im Wattenmeer.

Der neunjährige Aike ist auf jeden Fall neugierig geworden. Im Internet hat er sich weiter über die Tiere informiert und viel erfahren. „Wir haben uns auch ein Video angeschaut“, sagt er. Seinen Fund im Hafenbecken wird er so schnell jedenfalls nicht vergessen.

Von David Kluthe (dpa)