Eine Lehrerin erklärt: So entsteht ein Zeugnis?

Kopf hoch: Ein schlechtes Zeugnis ist kein Grund zu verzweifeln. (Foto: dpa)
Kopf hoch: Ein schlechtes Zeugnis ist kein Grund zu verzweifeln. (Foto: dpa)

„In Mathematik löst er Additions- und Subtraktionsaufgaben meist sicher. Dabei nutzt und erklärt er zunehmend verschiedene Rechenwege.“ Solche Sätze könnten in deinem Zeugnis stehen. Aber was bedeuten sie? Und wie wird so ein Zeugnis gemacht? Das haben wir Grundschullehrerin Ulrike Bausch aus Köln gefragt.

Wie entsteht ein Zeugnis?

Ulrike Bausch ist Grundschullehrerin und weiß alles über Zeugnisse. (Foto: privat)

Ulrike Bausch ist Grundschullehrerin und weiß alles über Zeugnisse. (Foto: privat)

„In einem Zeugnis gibt die Lehrerin dem Kind und seinen Eltern eine Rückmeldung über die Leistung“, sagt Ulrike Bausch. Dabei geht es nicht nur um deine Leistung der letzten Woche – sondern über eine lange Zeit. In dem Zeugnis, das du vor den Sommerferien bekommst, steht also, wie du im vergangenen halben Jahr gearbeitet hast.

„In jedem Fach macht sich die Lehrerin regelmäßig Notizen zu jedem Kind“, sagt Ulrike Bausch. Wie soll deine Mathelehrerin im Juni sonst auch wissen, wie gut du im März warst? Anhand von diesen Notizen entscheidet der Lehrer dann, wie du bewertet wirst.

Wie geht das in den Fächern?

Klar, in Fächern wie Mathe, Deutsch oder Englisch kann man sich vorstellen, wie der Lehrer die Note macht. Schließlich schreibt man hier Klassenarbeiten, die meistens benotet werden. Trotzdem zählt auch hier wie viel du im Unterricht mitmachst. Und in Fächern wie Kunst oder Sachunterricht?

Ulrike Bausch unterrichtet Sachunterricht und erklärt: „Ich habe zuletzt mit meinen Schülern über Europa gesprochen. Da mussten die Kinder über die verschiedenen Länder recherchieren und ihre Ergebnisse präsentieren.“ Dann hat Ulrike Bausch sich Notizen gemacht, wie sorgfältig ein Kind die Informationen zu einem Land herausgesucht hat oder wie es die Ergebnisse seinen Mitschülern erklären konnte. Das war dann ein wichtiger Teil der Note.

Wie lange dauert das?

Was glaubst du, wie lange ein Lehrer braucht, um dein Zeugnis zu schreiben? Ulrike Bausch verrät: „In Zeugnissen, in denen es nur Noten gibt, brauchen wir etwa eine halbe Stunde pro Kind. Ist noch Text dabei, sind es etwa drei Stunden pro Kind.“

Der Text ist – das weißt du bestimmt selbst – manchmal schwierig zu verstehen. „Im Text nennen wir die Stärken des Kindes, aber auch die Schwächen. Dabei wollen wir das Kind natürlich nicht entmutigen“, sagt Ulrike Bausch.

Damit auch du verstehen kannst, was in deinem Zeugnis steht, gibt es an vielen Schulen vor den Ferien Kindersprechtage. Da kannst du dir die wichtigsten Punkte von deinen Lehrern erklären lassen.

Wie wichtig sind Noten?

Noten gibt es an vielen Schulen ab der dritten Klasse. „Am Anfang können sich Kinder gar nicht so richtig vorstellen, was Noten bedeuten. Dann sind die Noten vor allem den Eltern wichtig“, sagt Ulrike Bausch.

Sind deine Eltern auch manchmal sauer, wenn deine Noten nicht so toll sind? Das sind sie aber nicht, weil sie dich ärgern wollen, sondern weil sie Angst haben, dass du später mal nicht den Beruf machen kannst, auf den du Lust hast. Solltest du diesmal ein nicht so gutes Zeugnis bekommen, ist es deswegen umso wichtiger, dass du offen mit deinen Eltern sprichst.

Überlegt euch gemeinsam, was schief gelaufen ist. Vielleicht kann ein Bekannter dir in den Sommerferien ja die Rechtschreib-Regeln erklären, die du nicht verstanden hast? Und vielleicht sagst du deinen Eltern auch, dass sie dich nicht so unter Druck setzen sollen? Noch etwas ist wichtig: Schaut euch an, in welchem Fach du richtig gut warst – und freut euch darüber!

Ach und übrigens: Der Satz vom Anfang des Textes entspricht der Note zwei in der Grundschule.

Ab wann gibt es Noten?

Klassen 1-2: Es gibt vor den Sommerferien ein Zeugnis. Darauf steht nur Text (manchmal zum Ankreuzen). Es geht darum, zu sagen, wie du dich entwickelt hast und wie dein Arbeitsverhalten ist. Einige Schulen vergeben ab Ende Klasse 2 auch Noten.

Klasse 3: Du bekommst zwei Mal im Jahr ein Zeugnis. An vielen Schulen gibt es ab dem ersten Halbjahr in Klasse drei Noten. Auf dem Zeugnis steht zudem ein Text zu deinen Leistungen und zum Arbeitsverhalten.

Klasse 4: Du bekommst zwei Mal im Jahr ein Zeugnis, nur mit Noten. Zudem gibt es im ersten Halbjahr in Klasse vier einen Text mit einer Empfehlung für die weiterführende Schule.

Klasse 5-6: Du bekommst zwei Mal im Jahr ein Zeugnis – normalerweise nur Noten, kein Text.

VON ANGELA SOMMERSBERG