Ohne Noten

Ohne Noten
Mila bekommt in ihrer Schule keine Noten. Bild: Kinderreporterin Mila

Kinderreporterin Mila (13) erzählt, was stattdessen in ihrem Schulzeugnis steht

In dieser Woche gibt es Zeugnisse – doch Angst vor schlechten Noten oder Sitzenbleiben brauche ich nicht zu haben. Denn in der Freien Waldorfschule in Sankt Augustin, in der ich (noch) die 7. Klasse besuche, gibt es – wie in allen Waldorfschulen – keine Noten und damit auch kein Sitzenbleiben.

So funktioniert’s

Aber natürlich bekommen auch meine Mitschülerinnen, Mitschüler und ich zum Ende des Schuljahres ein Zeugnis – und zwar ein sehr ausführliches mit einem kleinen Text für jedes Fach. Bei mir waren das zuletzt insgesamt immer drei bis vier Seiten. Die Lehrerinnen und Lehrer geben nämlich zu jedem Fach eine sehr genaue Beurteilung ab, was Klassenstoff war und wie der Schüler oder die Schülerin gelernt hat, ob sie beispielsweise immer die Hausaufgaben hatte, gut im Unterricht mitgearbeitet oder vielleicht sogar ein Referat gehalten hat. Praktisch ein kleiner Rückblick: Was lief gut und woran sollte ich im nächsten Schuljahr noch arbeiten. Das sagt mir ja viel mehr, als eine bloße Zahl!

Eine schriftliche Beurteilung gibt es vom Klassenlehrer bzw. der Klassenlehrerin für den Hauptunterricht, also Deutsch und Mathe, aber auch für Fächer wie Englisch und Russisch, Biologie, Chemie, Physik und Erdkunde. Dazu gibt’s jeweils noch einige Sätze für Nebenfächer wie Musik, Sport, Handarbeit, Werken oder Gartenbau. Das ist für die Lehrer sicherlich eine Menge Arbeit.

Ab der 10. Klasse gibt es auch „echte“ Noten, weil wir uns dann auf die staatlichen Abschlüsse vorbereiten. Die ausführlichen Texte zu den Fächern bleiben aber bis zur 12. Klasse erhalten. An der Waldorfschule machen wir erst nach 13 Schuljahren Abitur – und damit das staatlich anerkannt ist, geht es dann ohne Noten nicht mehr.

Das gefällt mir gut daran

Schule ohne Noten – hört sich super an? Ist es auch, finde ich. Denn weil wir nicht ständig wegen der Noten unter Druck stehen, bin ich noch nie mit einem schlechten Gefühl in die Schule gegangen, wenn ein Test oder eine Klassenarbeit anstand.

Denn selbst, wenn man beispielsweise in Mathe mal ein Thema nicht richtig kapiert hat oder einfach einen schlechten Tag hatte, steht da keine bedrohliche 5 oder 6. Sondern einige Sätze, die erklären, was man fürs nächste Mal nachholen sollte. Das ist natürlich viel motivierender, finde ich, besonders für nicht so gute Schülerinnen und Schüler. Denn wer ständig Sorge hat, ob er das Schuljahr schafft, verliert sicherlich schnell die Freude am Lernen.

Das gefällt mir nicht

Manchmal ist es durch dieses System aber nicht so leicht, seinen Leistungsstand mit anderen Schülern zu vergleichen. Und ich möchte natürlich wissen, ob ich eine gute Schülerin bin oder eher im Mittelfeld. Auf der anderen Seite kann jeder von uns mittlerweile aus den Sätzen auf dem Zeugnis ganz gut herauslesen, ob man in einem Fach eher richtig gut oder mittelmäßig ist.

Das sagen meine Freunde

Die meisten meiner Freunde gehen mit mir in eine Klasse – und wir kennen es nicht anders. Die meisten (auch ich) sind nämlich schon seit der ersten Klasse hier. Alle, die später zu uns die Klasse gekommen sind, waren sehr froh, dass der Notendruck erstmal vorbei war.

Leute von außerhalb haben häufig Vorurteile, und denken, dass wir gar nichts lernen, oder es egal ist, ob wir etwas können oder verstanden haben – nur, weil es keine Noten gibt. Das ist natürlich totaler Quatsch! Im Gegenteil: Wenn ich noch irgendwo eine Lücke habe oder mich in einem Fach mehr anstrengen muss, steht das im Zeugnis ganz genau drin. Und dann kann ich im nächsten Schuljahr daran arbeiten – mit Hilfe meiner Lehrerinnen und Lehrer.

Soooo, genug geschrieben. Jetzt wünsche ich aber allen, die bald ihr Zeugnis bekommen, – egal, ob mit oder ohne Noten – dass sie mit sich zufrieden sind und danach die Sommerferien ganz entspannt genießen können!

Hilfe beim Zeugnistelefon

Bekommst du – anders als Mila – in dieser Woche ein Zeugnis mit Noten? Machst du dir deswegen Sorgen? Hast du Angst, das Zeugnis deinen Eltern zu zeigen? Dann kannst du dir von den Experten des „Zeugnistelefon“ der Stadt Köln helfen lassen. Das Zeugnistelefon erreichst du am 30. Juni, 1. und 2. Juli zwischen 9 und 17 Uhr:

Telefon: 0221/221-29001 oder 0221/221-29002

Oder du schreibst eine Mail an: schulpsychologie@stadt-koeln.de