Zeugen der Urzeit

Wir stehen auf Meeresboden. Mitten in Köln, mitten auf dem Gereonshof und ganz im Trockenen. Doch die Abdrücke in den Pflastersteinen verraten es: Sie stammen vom Grund eines Meeres.
Staunend betrachten wir die hellen, kreisrunden Abdrücke der Stielglieder von Seelilien in den Steinen. Die Meerestiere, von denen sie stammen, lebten vor rund 360 Millionen Jahren, also sehr lange, bevor es überhaupt Menschen auf der Erde gab. Und sogar, bevor die großen Dinosaurier die Erde eroberten. „Seelilien sahen ein bisschen aus wie Seesterne mit Stiel“, erklärt Sven von Loga. Der Kölner ist Geologe, also Experte für Steine und Böden, und war schon als Kind fasziniert von Fossilien. „Wenn man sie betrachtet, kann man sich vorstellen, wie die Welt vor langer Zeit ausgesehen hat und wie sie sich entwickelt hat“, sagt er. Er zeigt uns an diesem Tag, wo Fossilien mitten in der Stadt zu finden sind. Zum Beispiel in Steinen, die in Mauern oder Böden verbaut sind. Man muss nur genau hinschauen, dann sieht man sie auf einmal überall, wo man sonst achtlos drüber hinweg oder vorbeigelaufen ist.
Was sind Fossilien?
Fossilien sind Überreste von Pflanzen oder Tieren. Häufig findet man Fossilien in Gesteinen, die im Meer entstanden sind. Stirbt ein Lebewesen im Meer, sinkt es zu Boden und verwest. Meist bleiben nur die harten Bestandteile des Körpers erhalten, zum Beispiel Zähne, Knochen und Schalen. Sie werden im Sand und Schlamm des Meeresbodens eingeschlossen, es lagern sich weitere Schichten darüber ab und schließlich wird der Boden zu Gestein. Im Laufe der Zeit hat sich die Erde verändert. An vielen Stellen, an denen früher einmal ein Meer war, ist heute keines mehr. Das „Sedimentgestein“, das sich am Grund des einstigen Ozeans gebildet hat, ist jedoch noch vorhanden. Wir Menschen haben es teilweise abgebaut und daraus Häuser und Straßen gebaut. Die Abdrücke, die frühere Lebewesen darin hinterlassen haben, sind noch immer darin zu sehen.
Seelilien
Sie sahen aus wie Pflanzen, waren aber Tiere und mit den Seeigeln und Seesternen verwandt. Häufig findet man die kreisrunden Abdrücke der Stängel. Stell dir vor, man würde den Stiel einer Pflanze quer durchschneiden und dann von oben betrachten. Genau das zeigt auch der fossile Abdruck der Seelilienstielglieder in vielen Steinen. Es gab sowohl sehr kleine Seelilien, die nur wenige Zentimeter groß waren, also auch sehr große mit Stielen von bis zu 20 Metern Länge. Die Abdrücke finden wir in Pflastersteinen auf dem Boden vor der Kirche Sankt Gereon in der Kölner Altstadt.
Ammoniten
Die schönen, spiralförmigen Muster im hellen, glatten Stein der Häuser des Gerling Quartiers am Gereonshof kommen erst richtig zur Geltung, als Sven von Loga sie mit Wasser aus einer Sprühflasche befeuchtet. Dadurch sehen die Fossilien dunkler aus. Was wir dort sehen, sind Schalenabdrücke von Ammoniten. Das waren Meerestiere, die es sehr lange gab, die aber mit den Dinosauriern vor rund 65 Millionen Jahren ausgestorben sind. Einen Durchmesser von bis zu 1,5 Meter konnten die größten von ihnen erreichen. In der Schale hatten die Ammoniten mehrere Kammern, die sie mit Luft befüllen konnten. Nur die vorderste Kammer war die „Wohnkammer“ des Tieres, dessen Kopf vorne aus dem Loch schaute wie bei einer Schnecke. Wurden die Kammern mit Luft befüllt, stieg das Tier im Wasser auf, ließ es die Luft heraus, sank es herab.
Belemniten
Wer nicht weiß, dass die dunklen, pfeilförmigen Abdrücke im Stein des Gerling Quartiers Fossilien sind, der könnte sie auch für zufällige Muster halten. Belemniten waren ähnlich den Tintenfischen, die es heute gibt. Die pfeilförmigen Muster sind Abdrücke der länglichen Schale, aus der vorne der Kopf des Tieres herausschaute. Sie hatten Fangarme, wurden bis zu einem halben Meter groß und existierten von vor etwa 360 bis vor 65 Millionen Jahren.
Wo kannst du Fossilien in der Stadt finden?
„Eigentlich überall in der Stadt“, sagt Geologe Sven von Loga. Du musst nur die Augen aufhalten. Vor allem in Gebieten mit alten Häusern aus Natursteinen hast du gute Chancen, fündig zu werden. Neben Gereonshof kannst du zum Beispiel der Statue vor dem Gemeindesaal von St. Bruno in Klettenberg einen Besuch abstatten: Sie ist übersät mit Korallenabdrücken. Schlechter sieht es aus in Neubaugebieten und auf asphaltierten Straßen. Auch entlang des Rheinufers lohnt sich die Suche nach Steinen mit fossilen Abdrücken. Außer den Fossilien, die wir dir vorgestellt haben, kannst du zum Beispiel auch Schwämme, Schnecken und Muscheln finden.
Führungen
Sven von Loga bietet Führungen für Kinder sowohl in der Stadt als auch am Rhein an, bei denen du lernen kannst, worauf du bei deiner Suche achten musst.
www.uncites.de
Natürlich gibt es Fossilien auch außerhalb der Stadt. Im Naturzentrum Eifel in Nettersheim kannst du viel über Fossilien lernen und selbst nach welchen graben.
Naturzentrum Eifel
Urftstr. 2-4
53947 Nettersheim
www.naturzentrum-eifel.de
Von Jasmin Krsteski