Historische Spiele: Neue Ausstellung im Kölnischen Stadtmuseum

Die Rheinreise war einmal ein sehr beliebtes Brettspiel. Es kann derzeit mit anderen Schätzen im Kölnischen Stadtmuseum besichtigt werden. (Foto: Kölnisches Stadtmuseum)
Die Rheinreise war einmal ein sehr beliebtes Brettspiel. Es kann derzeit mit anderen Schätzen im Kölnischen Stadtmuseum besichtigt werden. (Foto: Kölnisches Stadtmuseum)

Du hast bestimmt schon mal von dem Spiel „Mühle“ gehört. Aber wusstest du, dass Kinder in Köln es schon vor ungefähr 2000 Jahren gespielt haben? Bei einer Ausgrabung vor dem Rathaus haben Archäologen ein Mühlespielbrett aus Ziegel aus der Römerzeit gefunden. Dieses Brett und noch viele andere Spiele kannst du dir im Kölnischen Stadtmuseum angucken. In der Ausstellung „Bretter, die die Welt bedeuten – Spielend durch 2000 Jahre Köln“ gehst du nämlich auf Zeitreise: Von den Römern über das Mittelalter bis zu digitalen Spielen von heute.

Warum eine Ausstellung zu Spielen?

„Gespielt haben die Menschen wahrscheinlich schon immer“, sagt Johanna Cremer. Sie hat die Ausstellung zusammengestellt. „Man kann ja auch kleine Stöckchen nehmen und das Spielbrett in den Sand zeichnen.“

Kölnisches Stadtmuseum, Privatbesitz Dieter Mensenkamp, Zur Ausstellung Bretter, die die Welt bedeuten, Mai 2018, Spiel Eine Reise im Luftschiff, J.W. Spear & Söhne, Nürnberg, 1910

Aber warum gibt es nun eine ganze Ausstellung zu Gesellschaftsspielen? „Weil sie uns viel mehr verraten können, als man auf den ersten Blick sieht. Spiele zeigen oft, was gerade in der Welt los war“, sagt Johanna Cremer. Vor etwa 200 Jahren, als Eisenbahnen noch ganz neu waren, entstanden zum Beispiel viele Spiele, die etwas mit Eisenbahnen zu tun haben.

Wir zeigen dir fünf Epochen und ihre Spiele:

Mittelalter

Koelnisches Stadtmuseum, Bodenfunde, WüŸrfel vom Heumarkt, 12.Jhd.

Am Heumarkt in Köln muss es im Mittelalter eine richtige Werkstatt für Würfel und Spielsteine gegeben haben. „Dort wurden bei Ausgrabungen sehr viele Würfel gefunden. Auch solche, die noch gar nicht fertiggestellt waren“, sagt Johanna Cremer. Deswegen glauben die Experten, dass dort eben nicht nur gespielt wurde. Die Würfel sind 700 oder 800 Jahre alt und wurden aus Knochen und Holz gemacht. Ein anderes Spiel, das die Kölner im Mittelalter gerne gemacht haben, war „Tric Trac“. Heute heißt es Backgammon. „Früher hatten viele Leute aber gar keine Zeit, zu spielen“, sagt die Expertin. „Das war ein Luxus, den sich vor allem reiche und mächtige Menschen leisten konnten.“

 

Römer

Römisch-Germanisches-Museum, Knochenwürfel

Die alten Römer, die im Jahre 50 nach Christus aus Köln eine Stadt gemacht haben, haben aber nicht nur gerne Mühle gespielt, sondern auch Würfelspiele. Es gab aus Knochen und Holz gefertigte Würfel und die sogenannten Astragale. „Das waren natürliche Würfel: Die Menschen haben die Sprunggelenke der Hinterbeine von Ziegen oder Rindern als Würfel benutzt“, erklärt Johanna Cremer. Weil diese Würfel nicht extra geschnitzt werden mussten, konnten auch ärmere Leute sie sich leisten. Astragale haben vier Seiten – und jede sieht anders aus. „Der Wurf mit den meisten Punkten war der Venuswurf“, sagt die Expertin. „Dabei landete jeder der vier Würfel auf einer anderen Seite.“ Kinder haben auch ihr Geschick mit den Würfeln getestet: Sie haben die Würfel in die Luft geworfen und wer alle mit den Händen auffangen konnte, hatte gewonnen.

Frühe Neuzeit

Auch Schach gibt es schon lange. Während Würfelspiele oft einen schlechten Ruf hatten, war Schach das angesehene Spiel der reichen Leute. Ungefähr aus dem Jahr 1770 ist ein sehr kostbares Spiel erhalten: Es ist aus den edelsten Hölzern gefertigt und mit Blumen verziert. König, Läufer, Turm und all die anderen Figuren sind aus Elfenbein gemacht, im Spielkasten gibt es kleine Schubladen, in denen die Figuren aufbewahrt werden. „Das Spiel war ein Geschenk an den Kölner Erzbischof Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels“, sagt Johanna Cremer. Das weiß man, weil an der Unterseite einiger Figuren ein Bild ist, das den Erzbischof zeigt.

 

19. Jahrhundert

Kölnisches Stadtmuseum, Rheinreise, um 1910

Ab ungefähr 1850 ändern sich zwei wichtige Dinge in der Welt der Spiele. Erstens gibt es jetzt eine Technik, mit der man ein Spiel in großer Menge herstellen kann. So können es sich auch ärmere Leute leisten. Zweitens gibt es nun Spiele, die sich speziell an Kinder richten. Vorher waren die Spiele für Erwachsene und Kinder, weil man Kinder lange Zeit als „kleine Erwachsene“ angesehen hat. „Bei diesen Spielen sieht man aber ganz deutlich, dass die Kinder dadurch etwas lernen sollten“, sagt Johanna Cremer. Eines soll Mädchen zum Beispiel auf ihre Rolle als Hausfrau und Mutter vorbereiten. Es heißt „Das Mädchen als Köchin“. Ein tolles Erdkunde-Spiel war die „Rheinreise“. Durch Würfeln rückt man mit seiner Figur auf bestimmte Spielfelder vor, bei manchen macht man Aktionen. Zum Beispiel besichtigt man in Köln den Dom, am Felsen Loreley muss man das Gedicht „Lore-Ley“ von Heinrich Heine aufsagen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Kölnisches Stadtmuseum, Kartenspiel „Scopa“

Ab dem Jahr 1950 ging es der Wirtschaft in Deutschland wieder besser, es gab viel zu tun. Weil es aber nicht genug Arbeiter gab, kamen sogenannte Gastarbeiter und halfen in den Fabriken. Viele stammten aus Italien. „In Pulheim-Stommeln gab es damals ein Internat für italienische Kinder“, erzählt Johanna Cremer. Die Kinder brachten das Kartenspiel „Scopa“ mit nach Deutschland. In Italien gab es nicht das französische Blatt mit Karo, Herz, Kreuz und Pik, das wir heute nutzen, sondern eines mit Münzen, Stäben, Kelchen und Schwertern. „Bei Scopa hat jeder drei Karten auf der Hand, vier liegen offen auf dem Tisch“, erklärt die Expertin. „Jeder versucht mit seinen Karten, den Tisch leer zu räumen.“ Das geht entweder mit der gleichen Karte oder dem entsprechenden Zahlenwert.

 

Ausstellung und Duda-Führung

Zur Ausstellung gibt es eine besondere App: Dort wirst du selbst zur Spielfigur und kannst Aufgaben lösen. Viele der Spiele wurden auch nachgemacht. In einem Gamingbereich kannst du sie ausprobieren.

Übrigens: Am 16. Juni um 12 Uhr gibt es eine exklusive und kostenlose Führung für Duda-Leser. Wenn du Lust dazu hast, dann melde dich hier an: duda@dumont.de 

 

 

 

VON ANGELA SOMMERSBERG