Eine Frage der Technik

Eine Frage der Technik
Diese Mädchen sind konzentriert bei der Sache. Bild: Simone Nörling

In Köln-Nippes erlernen Jungen und Mädchen die Kunst der Selbstverteidigung

Die Jungen und Mädchen, die in den Raum im Tenshinkai Dojo in Köln-Nippes kommen, verneigen sich kurz, bevor sie die ausgelegte Matte betreten und hinter einer japanischen, mit Papier bespannten Schiebetür verschwinden. Kurz danach treten sie heraus. Jetzt tragen die Acht- bis Zehnjährigen einen schwarzen Anzug und sind bereit für ihr Training. Der Kurs für die „Kung Fu Kids” startet gleich. Wie das abläuft und was Kung-Fu To‘a bedeutet haben sie Duda gezeigt und erklärt.

Dojo und Kung-Fu

Das Wort Dojo (ausgesprochen: dow jow) kommt aus dem Japanischen und meint einen besonderen Ort, an dem Kampfkunst gelehrt und geübt wird. Annika Soltani, die Lehrerin der „Kung Fu Kids“ sagt: „Kung-Fu ist mehr als nur ein Sport. Die Kinder lernen, sich zu konzentrieren, respektvoll miteinander umzugehen und ihre Reaktionsfähigkeit zu schulen. Auch Disziplin ist wichtig, dazu zählt zum Beispiel die Verbeugung beim Betreten und Verlassen des Dojo.“ Kung-Fu ist ein Überbegriff für viele unterschiedliche Varianten des Kampfsports und bedeutet auf Chinesisch „harte Arbeit“. Wer beim Training der „Kung Fu Kids“ dabei ist, versteht, wieso die Kampfkunst diesen Namen trägt. Man muss sich ganz schön viel Mühe geben, um die Bewegungen richtig hinzubekommen.

Die Gruppe mit Trainerin Annika Soltani. Bild Simone Nörling

Mit Spielen aufwärmen

Zu Beginn des Trainings setzen sich die Kinder im Schneidersitz in einer Reihe nebeneinander. Einige von ihnen tragen einen weißen Gurt, das bedeutet, sie sind schon etwas länger dabei und haben die erste Schwierigkeitsstufe gemeistert. Um ihn zu binden, knien sie sich hin. Das Binden ist gar nicht so einfach, schließlich soll der Gurt während des Trainings gut sitzen. Sind alle bereit, stellen sie sich in der Grundstellung auf. Zum Aufwärmen startet die Gruppe mit einigen Bewegungsspielen. Eines davon heißt „Hundehütte“. Elias erklärt es für alle, die das Spiel noch nicht kennen: „Wer gefangen wird, muss mit gespreizten Beinen stehen bleiben. Krabbelt ein anderes Kind durch die Beine, ist man wieder frei!“ Alle haben Spaß und die Muskeln werden dabei warm und geschmeidig.

Volle Kraft

Die „Kung Fu Kids“ stellen sich wieder in einer Reihe auf und gehen dann in den Liegestütz. Auch das gehört zum Aufwärm- und Krafttraining. Ela, Melike und Kristers erklären später: „Das Wichtigste ist, dass wir konzentriert sind und die Übungen sauber ausführen. Außerdem ist die Technik wichtiger als die Kraft.“ Annika Soltani übt mit den Kindern eine Schlagtechnik, die Matto heißt. Dabei wird eine Faust nach vorne gestoßen, während die andere Faust gleichzeitig auf die Seite des Körpers gezogen wird. Die Lehrerin gibt Tipps und korrigiert, wenn ein Bein nicht richtig steht oder der Schlag nicht sauber ausgeführt wird. Anschließend bilden die Kinder Zweiergruppen und jedes Paar holt sich eine Pratze. Das ist ein dickes Schlagpolster, mit dem man Tritte und Schläge trainieren kann. Ein Trainingspartner oder eine Trainingspartnerin hält die Pratze, während der oder die andere dagegen schlägt oder tritt. Im Pratzentraining können die Bewegungen mit voller Kraft ausgeführt werden, ohne dass man dem Gegenüber wehtut.

Die Bewegungen müssen sauber ausgeführt werden. Bild: Simone Nörling

Mit Kick

Elias und Kayan möchten zusammen üben. Zuerst hält Elias das Schlagpolster und Kayan führt den Faustschlag aus. Dann wechseln die beiden, Kayan hält die Pratze und Elias versucht sich mit dem Matto. Außerdem üben alle noch eine Drehfuß-Tritttechnik, die den Namen Yadd-Keytto trägt. „Es geht jetzt erst mal darum, die Bewegung zu lernen. Fuß drehen, Standbein drehen. Gerade in der Hüfte. Der ganze Körper muss sich gegen die Trittrichtung drehen, dann das andere Bein nach vorne“, leitet Annika Soltani an. Ohne Konzentration geht’s nicht. Um die Bewegung richtig auszuführen, müssen die Kinder aufmerksam sein. Die Lehrerin lobt: „Kristers, du hast einen Superkick, wenn du ihn sauber ausführst!“ Er lächelt, versucht es noch mal und sein Fuß stößt mit einem Knall und viel Kraft gegen die Pratze.

Konzentration, Bewegung, Stimme, Atem

Bei den richtig und sauber ausgeführten Bewegungen kommen auch immer wieder Stimme und Atem zum Einsatz. Melike kennt den Grund: „Das sind Kampfschreie. Wenn wir ‚Heis‘ rufen, spannen wir die Bauchmuskulatur an. Schlägt uns dann ein Angreifer in den Bauch, ist die Muskulatur hart und fängt den Schlag ab.“ Wie das funktioniert, zeigt sie gemeinsam mit Ben: Er ruft „Heis“ und spannt im selben Moment die Bauchmuskulatur an, so ist er auf Melikes Schlag vorbereitet und er kann ihm nichts anhaben. Rakin erklärt: „Der Kampfschrei ist wichtig zur Selbstverteidigung. Wir machen uns unempfindlicher gegen den Tritt oder Schlag und gleichzeitig beeindrucken wir mit ihm den Angreifer.“

Die Trainingskleidung sollte richtig sitzen. Bild: Simone Nörling

Interesse?

An einigen Orten in der Region gibt es Kampfsportschulen, die Kurse für Kinder in verschiedenen Altersstufen anbieten. Infos zum Tenshinkai Dojo in Köln gibt es hier.

Von Simone Nörling