Weihnachtsgeschichte 4: Ein neues Ende

Weihnachtsgeschichte 4: Ein neues Ende
Fertig verkleidet: Frank trägt als Engel Perücke und die Hirten Bademäntel. (Illustration: Schulmeyer)

Die Kinderbuch-Macher Rüdiger Bertram und Heribert Schulmeyer haben nur für euch eine Weihnachtsgeschichte geschrieben. Alle anderen Teile findet ihr weiter unten. Hier ist der letzte Teil, das große Finale:

Am Tag unserer Aufführung bin ich mit Bauchschmerzen aufgewacht. So aufgeregt war ich. Ich konnte mir den Text für das Krippenspiel immer noch nicht merken. Dabei hatte ich mir den extra auf einen Zettel geschrieben und unter mein Kopfkissen gelegt.

Den ganzen Morgen habe ich mir meinen Satz vorgesagt, damit ich ihn nicht vergesse. Sogar noch auf dem Weg zur Schule. Diesmal sind auch meine Eltern mitgekommen, weil wir das Krippenspiel ja für sie aufgeführt haben. Also nicht nur für meine, sondern für die Eltern aller Kinder aus meiner Klasse.

Meine Eltern haben sich in die Aula gesetzt und ich bin hinter die Bühne gegangen. Alle anderen waren schon da und hatten ihre Kostüme an. Frank musste einen weißen Umhang und eine blonde Perücke tragen, weil er ein Engel war. Da habe ich gelacht. Anna, Achmed und ich hatten Bademäntel an. Da hat Frank gelacht.

Dabei hatte uns unsere Lehrerin Frau König ja erklärt, dass die Kleider der Leute früher ganz ähnlich aussahen. Aber ich habe ihr nicht geglaubt, dass die Menschen damals schon Bademäntel anhatten, auf denen blaue Elefanten waren, so wie auf meinem.

Dann ging auch schon der Vorhang auf. Unsere Eltern haben geklatscht, als die Engel und die Hirten auf die Bühne gekommen sind. Die Engel und die Hirten haben sich ein bisschen geschubst, weil jeder in der ersten Reihe stehen wollte, um seinen Eltern winken zu können.

Dann hatten Maria und Josef ihren Auftritt und da gab es wieder Applaus. Anna, die die Maria spielte, hatte ihre Puppe unter ihrem rosa Bademantel versteckt. Die Puppe sollte ja das Jesuskind sein. Leider hatte Anna vergessen, die Batterien rauszunehmen. Das war nämlich so eine Puppe, die sprechen kann. Und da hat das Jesuskind, das ja noch gar nicht geboren war, ständig „Mama“, „Hunger“ und „Pipi“ gebrüllt. Unsere Lehrerin ist fast gestorben, aber unsere Eltern haben alle gelacht. Um von dem schreienden Jesuskind abzulenken, ist Achmed schnell zur Herberge gegangen und hat an die Tür geklopft.

Das war mein Zeichen. Ich habe ihm geöffnet und da hat er gesagt: „Wir suchen ein Bett für die Nacht. Meine Frau kriegt ein Kind. Bitte nehmt uns auf.“

Anna hat gar nichts gesagt, aber ihre Puppe hat wieder „Pipi“ gerufen. Das hat mich so verwirrt, dass ich nicht mehr wusste, was ich sagen sollte. Da habe ich einfach geantwortet: „Klar doch, kommt rein. Ihr könnt in meinem Bett schlafen, ich leg mich einfach auf das Sofa im Wohnzimmer.“

Für einen Moment war es ganz ruhig in der Aula. Dann haben alle wild geklatscht. Manche Eltern sind sogar aufgestanden und haben „Bravo“ gerufen. Meine auch.

Ich fand das Ende so auch viel besser, denn ich hatte sowieso nie verstanden, warum der Wirt Maria und Josef nicht einfach bei sich aufgenommen hat. Die waren ja in Not, die brauchten doch Hilfe.

Frau König ist schnell zu uns auf die Bühne gekommen und dann haben wir uns alle verbeugt. Das Stück war ja nun etwas früher aus als geplant und den Stall haben wir am Ende überhaupt gar nicht mehr gebraucht.

Nachher haben mich alle gelobt und gesagt, dass war das schönste Krippenspiel, das sie jemals gesehen haben. Ich fand das auch. Aber noch besser fand ich die Kekse, die Frau König für die Feier danach gebacken hatte.

Von Rüdiger Bertram (Text), Heribert Schulmeyer (Illustration)

Hier findest du Teil 1, 2 und 3 der Geschichte:

Teil 1: Ein Baby in der Hauptrolle Teil 2: Eine kunterbunte Herberge Teil 3: Ein langer Satz

Mehr über die Macher:

Interview mit unseren Geschichten-Erfindern