Was haben Polizei und Medien falsch gemacht?

Was haben Polizei und Medien falsch gemacht?
An Silvester wurden am Kölner Hauptbahnhof mehrere Frauen belästigt und beklaut. (Foto: dpa)

Nach den Vorfällen am Kölner Hauptbahnhof schimpfen viele Menschen über die Polizei und die Medien. Warum? Und haben sie recht? Hier erklären wir, was feststeht. 

Gruppen von Männern haben an Silvester am Kölner Hauptbahnhof viele Menschen ausgeraubt und Frauen gegen ihren Willen angefasst. Mehr als 120 Menschen haben inzwischen Anzeige bei der Polizei erstattet. Manchen davon wurde das Handy oder das Portemonnaie gestohlen. Andere wurden begrapscht und gedemütigt. Und manchen ist beides passiert: Sie wurden erst gegen ihren Willen angefasst und danach bestohlen.

Die Welt schaut auf Köln

Das ist so zum ersten Mal passiert. Deswegen berichten inzwischen nicht nur deutsche Zeitungen. Auch in den bekanntesten Zeitungen der USA steht ein Bericht über die Nacht in Köln ganz vorne auf der Titelseite.

In der Silvesternacht und auch in den Tagen danach ist einiges schief gelaufen. Die Polizei und die Medien werden deswegen scharf kritisiert. Wir erklären, was ihnen vorgeworfen wird.

Die Polizei – Zu wenig, zu spät?

Erstens werfen viele Zeugen der Polizei vor, dass sie in der Silvesternacht am Hauptbahnhof gar nichts mitbekommen hat. Die Polizisten hätten die Panik der angegriffenen Frauen nicht gesehen und nichts dagegen unternommen – dabei sei das ihr Job.

Zweitens hat die Polizei falsch über die Ereignisse in der Nacht berichtet. Am Tag danach, also am 1. Januar, hatten sie in einer Erklärung geschrieben, dass die Lage an Silvester recht entspannt gewesen sei. In dieser ersten Erklärung hat die Polizei sich auch selbst gelobt. Mehr als 120 Anzeigen wegen Diebstahl und Belästigung ist aber alles andere als „entspannt“!

Das gibt die Polizei selbst zu. Sie gesteht ein, mit dem Bericht einen Fehler gemacht zu haben. Sie sagen: Weil es so viele unterschiedliche Fälle waren, hätten die Polizisten selbst erst später verstanden, wie ernst die Lage war.

Auch Politiker kritisieren die Kölner Polizei. Der Chef der Partei FDP, Christian Lindner, forderte „personelle Konsequenzen“. Das bedeutet: Er will, dass der Chef der Polizei wegen diesen Fehlern gefeuert wird.

Das ist Polizeipräsident Wolfgang Albers (Foto: dpa)

Das ist Polizeipräsident Wolfgang Albers (Foto: dpa)

Der Chef der Kölner Polizei, Polizeipräsident Wolfgang Albers, will natürlich nicht seinen Job verlieren. Er weist die Kritik am Silvester-Einsatz zurück. „Wir waren nicht überfordert“, sagt er. Und er sagt: Ich mache meinen Job weiter. „Gerade jetzt bin ich, glaube ich, hier gefragt.“

Am Mittwoch meldeten sich aber Polizisten, die dem Polizeipräsidenten widersprechen. Sie sagen: Es gab schon viel früher in der Silvesternacht heftigen Ärger als unsere Chefs behaupten. Wir haben Menschen kontrolliert und Namen aufgenommen – aber unsere Chefs haben wichtige Informationen über die Täter nicht weitergegeben. Zum Beispiel, aus welchem Land die Leute kommen.

Die Medien – Zu spät, zu viel?

Normalerweise sind so große Neuigkeiten sehr, sehr schnell in den Nachrichten. Aber nach Silvester haben erst einmal nur lokale Medien wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ und der „Express“ über die Vorfälle berichtet. Die großen Nachrichtenportale und auch die Tagesschau haben erst später Beiträge darüber gebracht. Viele Menschen behaupten: Das haben die Journalisten extra gemacht. Sie glauben, dass die Medien geheim halten wollten, dass viele der Täter aus dem Ausland kommen. Der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich sagte, das sei ein „Skandal“.

Manche Medien geben zu, dass sie die Lage falsch eingeschätzt haben. Zum Beispiel das ZDF: Der Fernsehsender räumte ein, zu spät über die Vorfälle berichtet zu haben.

Die meisten Medien sagen aber: Wir hatten keine Schuld. Unsere Aufgabe ist es, die Wahrheit zu berichten – und nicht Vorurteile und falsche Infos zu verbreiten. Deswegen hätten sie erst einmal abgewartet. Das hat auch mit der falschen Einschätzung der Polizei zu tun, sagen sie: Die Medien verlassen sich in ihrer Berichterstattung nämlich besonders auf die Polizei, weil es ihre Aufgabe ist, den Überblick zu behalten. Und die Polizei hat am 1. Januar ja erst einmal gesagt: Alles war friedlich.

Der Chef des Deutschen Journalisten-Verbandes, Frank Überall, findet das Verhalten der Medien richtig. Er sagt: „Journalisten müssen informieren, aber nicht spekulieren.“

Die Medien haben aber auch andere Fehler gemacht. Manche haben zum Beispiel berichtet, dass „1000 Täter“ am Hauptbahnhof gestohlen und gegrapscht hätten. Das ist falsch: Es waren insgesamt 1000 Menschen am Hauptbahnhof, die Täter waren nur ein Teil davon. Wie viele Täter es insgesamt waren, weiß man noch gar nicht.

Polizei hat erste Verdächtige

Inzwischen hat die Polizei ermittelt und erste Verdächtige ins Auge gefasst: Sie ermittelt jetzt gegen 16 Männer. Sie waren zum Beispiel auf den Videos der Überwachungskameras am Hauptbahnhof gut zu erkennen. Festgenommen wurde aber noch keiner von ihnen.

Von ann

Hier erfährst du mehr zu den Vorfällen in Köln:

Ärger am Hauptbahnhof