Lesen lernen mit Hund

Lesen lernen mit Hund
Foto: Alexander Roll

Liest du gerne? Bestimmt, sonst würdest du ja jetzt nicht in die Duda schauen. Doch nicht allen Kindern fällt das Lesen leicht, für manche ist das schwierig. Aus diesem Grund gibt es in der Stadtbibliothek Köln das Projekt „Lesehund“.

Lesehund Artis. Foto: Alexander Roll

Grundschülerinnen und Grundschüler, die noch nicht so gut lesen können, bekommen so die Möglichkeit, wöchentlich für je 15 Minuten, einem Hund in der Bibliothek vorzulesen. Momentan montags in Köln-Mülheim. Jeweils drei bis vier Kinder der Rheinschule GGS Mülheimer Freiheit können Schäferhund Artis momentan jede Woche etwas vorlesen. Der Hund hört dann sehr geduldig zu und legt manchmal auch seinen Kopf auf die Beine der Kinder. Das Lesehund-Konzept kommt ursprünglich aus den USA, wo Tiere schon seit den 1990er Jahren zur Leseförderung von Kindern eingesetzt werden. Aber warum hilft es eigentlich, einem Hund vorzulesen?

Lesehunde in der Stadtbibliothek

Alle Lesehunde der Stadtbibliothek werden intensiv auf die Lesestunden vorbereitet. „Unser erster Lesehund war die Golden Retriever Hündin Joy. Als vierbeinige Ehrenamtlerin war sie von 2016 bis 2019 für uns tätig – zunächst in der Zentralbibliothek, später dann in der Stadtteilbibliothek Mülheim“, sagt Rita Höft von der Stadtbibliothek Köln. Auch die Schäferhündin Cali hat bereits als Lesehund in Porz gearbeitet. Zurzeit aktiv ist Lesehund Artis in Mülheim. Artis ist ein Schäferhund und stammt aus Kroatien. Er kann besonders gut zuhören aber auch viele Kunststücke.

Lesestunde mit Kindern in der Stadteilbibliothek Mülheim. Foto: Alexander Roll

Warum kann ein Hund beim Lesen lernen helfen?

Vielen Kindern macht es Spaß, einem Hund vorzulesen. Hier hört nicht wie in der Schule die ganze Klasse zu, sondern nur der Lesehund und zwei bis drei andere Kinder. Experten bestätigen, dass sich dadurch die Lesefähigkeit und Sprachkompetenz des Kindes verbessern lässt. Die Schülerin oder der Schüler fühlt sich gut und gewinnt an Selbstbewusstsein. Pädagogin Heike Koch erinnert sich zum Beispiel an ein Kind, das anfangs immer nur Buchstabe für Buchstabe gelesen hat. Nach einer Zeit mit Artis an der Seite klappte das dann viel flüssiger. Andere Kinder haben sich plötzlich getraut, beim Lesen ihre Stimme zu verstellen. Sie sind mutiger geworden.

Artis ist ein besonderer Hund

Der kroatische Schäferhund ist ein ausgebildeter Therapie-Hund. Er reagiert sehr feinfühlig auf Stimmungen und mag Kinder sehr. Das Wichtigste: Artis bewertet nicht, wenn ein Kind ihm vorliest. Ganz egal wie lange das dauert: Der Hund bleibt geduldig. Oft schmiegt er sich beim Vorlesen an die Kinder an – und die können ihn dann streicheln. Manchmal schläft Artis in der Lesestunde sogar ein. Das ist ein gutes Zeichen, denn das zeigt, dass er ganz entspannt ist. In den letzten zehn Minuten dürfen die Kinder mit Artis spielen. Und am Schluss bringt der Hund die Kinder noch zur Tür.

Heike Koch und Artis
Foto: Alexander Roll

Pädagogin Heike Koch, Besitzerin von Artis:

„Wichtig ist, dass die Kinder bei uns in der Lesestunde keine Schulatmosphäre haben. Sie werden hier nicht korrigiert, sondern sollen in ihrer Freude am Lesen bestärkt werden. Am Anfang machen wir den Raum gemeinsam gemütlich und dann begrüßt der Hund alle Kinder. Ein „Leckerchen-Such-Spiel“ gehört in jeder Stunde auch dazu. Das Ziel der Stunde ist, dass die Kinder eine wertschätzende Erfahrung machen. Das tun sie, weil die Kinder spüren, dass der Hund sie so annimmt, wie sie sind.“

Die Regeln in der Lesestunde

Welches Buch vorgelesen wird, bestimmen die Kinder selbst. Jedes Kind liest nacheinander jeweils eine Seite aus dem Buch vor. Wichtige Regel: Beim Vorlesen wird nicht gelacht und es gibt keine blöden Bemerkungen der anderen. Auch für den Umgang mit Artis gibt es Regeln, damit sich der Hund wohlfühlt: Artis wird nicht festgehalten, er darf sich dort hinlegen, wo er möchte. Wenn er sich auf seine Ruhedecke zurückzieht, darf er nicht gestört werden. Die Kinder rennen und schreien nicht, um den Hund nicht zu erschrecken. „Die Schülerinnen und Schüler sind in der Lesestunde mitverantwortlich, dass es dem Hund gut geht. Deswegen können sie diese Regeln auch sehr gut einhalten“, so die Erfahrung von Pädagogin Heike Koch.

Von Christina Rinkl