Und ich mittendrin

Und ich mittendrin
Kinderreporter Moritz unterwegs mit den blauen Funken. Foto: Csaba Peter Rakoczy

Seit zwei Jahren tanze ich in der ältesten Kinder- und Jugendtanzgruppe im Kölner Karneval: bei den Funke-Pänz. Wir gehören zu den Blauen Funken, das ist einer von neun sogenannten Traditionskorps im Kölner Karneval.

Heute hat mich der Leiter der Kinder- und Jugendtanzgruppe, Henrik Schorn, eingeladen, die „großen Blauen Funken“ bei zwei Auftritten zu begleiten. Von diesem besonderen Tag will ich dir berichten. 

Mit dem blauen Bus unterwegs

Mit dem „Blauen Funken Bus“ fahren wir von Auftritt zu Auftritt. Henrik erzählt, dass es ungefähr 560 Blaue Funken gibt. Bei den Auftritten sind aber immer „nur“ 150 dabei. Die anderen haben dann frei. Trotzdem geben wir, wenn wir in unseren blau-weißen Uniformen durch die Kölner Straßen ziehen, ein beeindruckendes Bild ab. Als wir aus dem Bus aussteigen und zum ersten Auftritt laufen, fühlt es sich ein bisschen so an, als wären wir prominent. Viele Touristen und Menschen um uns herum bilden ein „Handy-Spalier“, um ein Foto zu machen.

Foto: Csaba Peter Rakoczy

So bin ich Funk geworden

Die Blauen Funken sind ein reiner Männerkorps – das heißt, bei den Erwachsenen gibt es leider keine Frauen. Bei uns Funke-Pänz ist oft der Vater selbst bei den Blauen Funken. Bei mir ist das nicht so. Ich bin über meine Schwester zu den Funke-Pänz gekommen, die dort mittanzt. Mir haben ihre Auftritte gut gefallen und weil ich den Karneval so mag, habe ich gefragt, ob ich mittrainieren und -tanzen darf. Und ich durfte. Zunächst fand ich den Hut mit den Schillerlocken etwas uncool, aber mittlerweile trage ich die Uniform richtig gerne. Nur bei den Auftritten wird es darin ganz schön heiß.

Foto: Csaba Peter Rakoczy

Der erste Auftritt

Apropos Auftritt: Als erstes sind wir heute bei den Kölsche Kippa Köpp zu Gast. Das ist der erste jüdische Karnevalsverein seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Der Verein hat uns in die Synagoge in die Roonstraße eingeladen. Ich finde es großartig, dass es diesen Karnevalsverein wieder gibt und dass hier jeder – unabhängig von seiner Religionszugehörigkeit – Mitglied werden kann. Wir marschieren ein: Vorneweg die Musiker, dann das Tanzpaar, und nach und nach die anderen. Und ich bin mittendrin! Weil ich die Schritte der Erwachsenen nicht kenne, tanze ich aber nicht mit. Das wäre sonst richtig blöd aufgefallen. Aber ich habe die perfekte Sicht, als die Großen tanzen. Toll!

Da treten wir auf

Auftritte kenne ich natürlich schon von den Funke-Pänz. Wir sind 41 Kinder und Jugendliche im Alter von vier bis 17 Jahren, 29 Mädchen und zwölf Jungs. Wir trainieren das ganze Jahr über unsere Tänze und treten während der Session im Gürzenich, in der „Lachenden Kölnarena“, im Tanzbrunnen, in Seniorenheimen, auf Pfarr- und Kindersitzungen sowie in Krankenhäusern auf. Die Auftritte in den Seniorenheimen sind häufig besonders schön, weil die Senioren und Seniorinnen sich immer sehr über unser Kommen freuen. Manche erzählen auch, dass sie früher selbst getanzt haben oder sogar Funkemariechen waren.

Der zweite Auftritt

Nach dem Auftritt bei den Kölschen Kippa Köpp haben wir eine Pause, dann geht’s weiter zu unseren „Brüdern“, den Roten Funken. Wieder marschieren wir ein, gehen auf die Bühne und tanzen. Eins steht fest: Die Blauen Funken können fröhlich und ausgelassen feiern. Jeder ist stolz darauf, ein Blauer Funk zu sein und die Stimmung ist großartig. Ein Roter Funk, den wir spontan im Bus mitnehmen, stimmt das Lied „Heidewitzka, Herr Kapitän, mem Möllemer Böötche…“ an und alle singen begeistert mit. In diesem Moment spüre ich, was es unter den Funken für ein tolles Gemeinschaftsgefühl gibt. 

Foto: Csaba Peter Rakoczy

Ein Tag geht zu Ende

Nach diesem Tag wird mir noch mal klar, wie sehr ich den Karneval mit all seinen Liedern, Traditionen und Feiern mag. Am meisten freue ich mich auf den Rosenmontagszug. Traditionell gehen die Blauen Funken an der Spitze des Zuges und wir als Funkepänz vorneweg.

Vergangenes Jahr durfte ich zum ersten Mal mitgehen und war total begeistert: Der Moment, wenn wir zu Beginn durch die Severinstorburg gehen, ist der allerbeste. Unzählige Jecken stehen in ihren bunten Kostümen am Straßenrand und jubeln einem zu. Man schaut nur in fröhliche Gesichter. Am liebsten werfe ich die Schokoriegel zu den Jecken in die obersten Etagen der Wohnhäuser. Das ist meine Challenge den ganzen Zug lang. Wer weiß: Vielleicht sehen wir uns ja in diesem Jahr? Wenn ihr laut genug „Moritz“ ruft, bekommt ihr eine extra Portion Kamelle von mir. Alaaf!

Foto: Csaba Peter Rakoczy

„Die Mädchen bewundern mich“

Moritz hat das Tanzpaar des Traditionskorps interviewt

Während der Auftrittspause hatte ich Gelegenheit, das Tanzpaar der Blauen Funken zu interviewen. Marie Steffens (22) und Maurice Schmitz (21) tanzen im zweiten Jahr zusammen und sind mein Highlight bei jedem Auftritt. 

Marie, war es dein Kindertraum, Tanzmariechen zu werden?
Marie: Ja, auf jeden Fall. Ich habe als kleines Mädchen, wie viele andere Mädchen auch, die Funkemariechen bewundert und ich habe zu meiner Mutter immer gesagt: Wenn ich mal Tanzmariechen werde, dann nur bei den Blauen oder Roten Funken. Und dann sind es die Blauen Funken geworden.

Wie wird man Tanzmariechen und Tanzoffizier?
Maurice: Die Stelle wird ausgeschrieben und man bewirbt sich darauf, wie bei einem normalen Job. Wenn man Glück hat, wird man zum Casting eingeladen und im nächsten Schritt gibt es dann ein persönliches Gespräch. Wenn alles gut läuft, ist man das neue Tanzmariechen oder der neue Tanzoffizier. 

Versteht ihr euch immer gut oder streitet ihr euch auch schon mal?
Maurice (lacht): Die Frage gebe ich an Marie ab.
Marie: Wie in jeder Beziehung gibt es auch schon mal Unstimmigkeiten, aber so richtig streiten wir nie und am Ende ist auch immer wieder alles gut.  

Marie, wie ist es, als einzige Frau unter so vielen Männern zu sein?
Marie: Manchmal wünsche ich mir schon, noch ein weiteres Mädchen dabei zu haben. Aber alle tragen mich auf Händen und sind total lieb zu mir. Es ist eine große Ehre, das Funkemariechen der Blauen Funken zu sein.

Maurice, ich kann mir vorstellen, dass die Hebefiguren ganz schön anstrengend sind. Hattest du bei einem Auftritt schon mal keine Kraft mehr?
Maurice: Ja, den Moment gibt es immer mal wieder nach dem vierten oder fünften Auftritt am Abend. Der letzte Tanz zehrt an den Kräften, aber irgendwie meistern wir es doch immer.

Marie, hattest du schon mal Angst, dass Maurice dich fallen lässt?
Marie: Nein, sonst würde ich auch gar nicht mit Maurice tanzen. Es muss schon großes Vertrauen vorhanden sein.

In Köln kennen euch viele Leute. Wie fühlt es sich an, prominent zu sein und während der Session jeden Abend gefeiert zu werden?
Marie: Insbesondere die kleinen Mädchen bewundern mich. Und es freut uns sehr, wenn sie ein Foto mit uns machen wollen. Wenn ich aber die Perücke nicht aufhabe und nicht so stark geschminkt bin, erkennen die meisten mich nicht.

Was war für euch das schönste Erlebnis im Karneval?
Marie: Mein erster Auftritt als Funkemariechen. Als ich zum ersten Mal durch den Saal getragen wurde, war das schon etwas sehr Besonderes.
Maurice: Im Rosenmontagszug in der Kutsche zu stehen und mit den vielen Menschen am Straßenrand zu feiern, ist das schönste Erlebnis überhaupt.

Das Gespräch führte Kinderreporter Moritz