Eine Frau an der Spitze der EU

Über einen Monat ist die Europawahl jetzt her – und trotzdem gibt es noch keine Entscheidung über viele Ämter. Überall in den Medien heißt es in den vergangenen Tagen „EU“, „EU-Parlament“ oder „Kommissionspräsident“.
Was ist da eigentlich gerade los bei den Politikern? Und was bedeuten all diese Begriffe? Wir helfen dir, das Chaos etwas zu entzerren. Denn was in der europäischen Politik gerade entschieden wird, betrifft die Zukunft aller EU-Länder. Und somit auch deine.
Parlament und Kommission
Du weißt bestimmt aus unserer EU-Serie, dass die Europäische Union eine Gruppe aus 28 Ländern in Europa ist. Mit ihrer Wahl im Mai haben die Bürger dieser Länder darüber entschieden, welche Abgeordnete im Europäischen Parlament sitzen. Das sind insgesamt 751 Stück – die Sozialdemokraten sind als zweitstärkste Partei beispielsweise mit 150 Politikern vertreten. Dieses Europäische Parlament ist eine von drei besonders wichtigen Stellen, die dafür sorgen, dass die EU gut funktioniert. Die Mitglieder des EU-Parlaments vertreten also die Rechte der Bürgerinnen und Bürger. Dann gibt es noch die Europäische Kommission, die Gesetze für alle EU-Länder vorschlägt. Und die dritte Stelle ist der Rat der Europäischen Union, in dem alle Regierungschefs sitzen – unter anderem also auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der Rat entscheidet gemeinsam mit dem Europäischen Parlament über die von der Kommission vorgeschlagenen Gesetze. Puh, ganz schön kompliziert.

Ursula von der Leyen (CDU), Bundesministerin der Verteidigung, trifft Donald Tusk (r), Präsident des Europäischen Rates. Foto: Francois Lenoir/Reuters Pool/dpa
Eine erste Präsidentin?
Nachdem die Bürger bei der Europawahl für bestimmte Parteien gestimmt haben, müssen nun noch Ämter für einzelne Personen vergeben werden. So auch das Amt des neuen Kommissionspräsidenten oder der -präsidentin. Dieser Spitzenposten gilt als der Wichtigste, weil er die EU nach außen repräsentiert. Am Dienstagabend haben die Staats- und Regierungschefs Ursula von der Leyen als Kommissionschefin vorgeschlagen. Im Moment ist sie noch Verteidigungsministern für unsere Bundesrepublik. Wenn von der Leyen vom Parlament bestätigt wird, wäre sie die erste Frau an der Spitze der EU-Kommission. Und: Es ist der wichtigste Posten der Europäischen Union, der zuletzt in den 1950er und 1960er Jahren mit einem Politiker namens Walter Hallstein von Deutschland besetzt wurde.
Kritik
Nicht alle sind begeistert, dass Ursula von der Leyen dieses wichtige Amt übernehmen soll. Für viele war ihre Nominierung eine Überraschung. Auch für das Europaparlament: Es sagt, dass nur jemand zum Kommissionspräsidenten gewählt werden soll, der schon bei der Europawahl als Spitzenkandidat angetreten ist. Das hatte die Mehrheit der Fraktionschefs vor der Wahl auch so beschlossen. Streng genommen wären das nur Manfred Weber von der Europäischen Volkspartei (eine europäische Partei, der die CDU aus Deutschland angehört) und Frans Timmermanns von den Sozialdemokraten. Auch von den Parteien SPD, Linke, Grüne und AfD gab es heftige Kritik. Viele werfen von der Leyen vor, sie mache schon ihren Job als Verteidigungsministerin nicht gut. Bundeskanzlerin Angela Merkel aber unterstützt von der Leyen.
So geht es weiter
Die Wahl der Kommissions-Spitze könnte in zwei Wochen, ab dem 15. Juli, über die Bühne gehen. Das Europaparlament wählt den Kommissionspräsidenten. Sollte das Europaparlament von der Leyen aber nicht wählen, müsste der Rat der Staats- und Regierungschefs einen anderen Kandidaten vorschlagen. Gut, dass den Politikern noch etwas Zeit bleibt – denn bis Oktober bleibt Kommissionschef Jean-Claude Juncker noch in seinem Amt.
Von Elisa Sobkowiak (mit dpa)