Zu Besuch bei den Ka’apor-Indianern im Regenwald

Lomis ist sehr schnell. Er versteckt sich hinter einem Baum. Und zack hat er das Huhn gefangen. Schnell lässt er es wieder los. Dann zeigt der Neunjährige stolz einen besonderen Fang: Aus einem Holz-Käfig holt er einen kleinen Affen heraus. Lomis ist ein Indianer. Er gehört zum Stamm der Ka’apor. Das bedeutet auf Deutsch: Bewohner des Waldes.
Der Stamm hat knapp 2000 Mitglieder. Er lebt am Rande des Amazonas-Gebietes in dem Land Brasilien. Der Amazonas ist ein Fluss in Südamerika. Das Gebiet der Indianer ist sechsmal so groß wie die deutsche Hauptstadt Berlin.
Eine besondere Sprache
In Lomis’ Dorf leben sechs Familien mit 20 Kindern. Strom gibt es dort nicht. Die Leute sprechen eine besondere Sprache. „Wela Tiky Wyu” heißt „Guten Tag”. „Danke heißt Katu”, erklärt Lomis etwas schüchtern. Wie die meisten Kinder hier spricht er wenig, gerade mit Fremden.
Lomis geht auch in seinem Dorf zur Schule. Sein Lehrer erstellt das Schulbuch selbst. Er malt Tiere und Bäume und sagt den Schülern, was diese auf Ka’apor heißen. „Deutschland kennen wir nicht. Daher gibt es auch kein Wort dafür”, sagt Lehrer Tuwa.
Lomis sieht zum ersten Mal einen Computer
Vieles ist hier anders, als wir es kennen. Als Lomis auf dem Handy Bilder mit seinem Affen gezeigt bekommt, kann er es kaum glauben. Dann lacht er. Auch einen Computer hat er noch nie gesehen. Schüchtern drückt er das d, dann die 4 – und staunt.
Langweilig ist den Kindern trotzdem nicht. Lomis und seine Freunde machen andere Sachen. Sie schießen zum Beispiel mit Pfeil und Bogen auf Plastikflaschen. Alle Kinder malen sich außerdem gern mit schwarzer Farbe Tattoos ins Gesicht, auf Arme und Beine. „Ich mag gerne Schlangensymbole”, sagt Lomis. Den Brauch haben sie von ihren Eltern. Für die Kinder hier ist das Anmalen ein großes Hobby.
Schlafen in der Hängematte
Ein Bett wie in Deutschland kennen die meisten Kinder bei den Ka’apor-Indianern nicht. Sie schlafen mit ihren Eltern in Hütten, in denen nur Hängematten hängen. Babys schlafen mit ihrer Mutter in einer Hängematte.
Schränke gibt es meist auch nicht. Damit Hunde nicht die Sachen durchwühlen, hängen Tüten und Taschen an den Bretterwänden. Die Menschen waschen sich in einem Fluss, der nicht weit weg ist.
In den meisten Dörfern gibt es keinen Strom. Daher endet der Tag meist, wenn es dunkel wird. Dafür beginnt er sehr früh. Gekocht wird über dem offenen Feuer. Die meiste Nahrung beschaffen sich die Indianer aus dem Wald: Früchte und Fleisch von der Jagd auf Tiere.
Lomis isst gerne Griessmehlt mit Wasser
Die Menschen leben in dieser sehr heißen Region von dem, was der Wald gibt: Früchte oder das Fleisch der Tiere. Auch Affen werden gegessen – natürlich nicht der von Lomis! Und was ist Lieblingsessen des Jungen? „Grießmehl mit Wasser”, erzählt Lomis. Eigentlich mit Milch, aber die gibt es hier nicht. „Hühnchen mag ich auch gerne.”
Musik spielt auch eine große Rolle im Dorf. Lomis bildet mit den anderen Kindern einen Kreis. Dann singen sie: „Zieht den Cocar an.” Cocar heißt der Federschmuck, der um den Kopf gebunden wird. Er wird aus roten, gelben und blauen Papageienfedern angefertigt.
Diebe fällen uralte Tropenbäume
Das Lied wird gesungen, wenn die Väter zu einer Mission aufbrechen. Heute ist so ein Tag. Denn die Größe ihres Gebiets lockt Verbrecher an. Es gibt 18 Ka’apor-Dörfer. Manchmal sind sie einen Tag zu Fuß unterwegs zum anderen Dorf. Das Gebiet ist schwer zu kontrollieren. Holzdiebe fahren mit Lastwagen hinein und fällen uralte Tropenbäume. Diese lassen sich für viel Geld nach Europa verkaufen.
Der Wald ist den Indianern heilig. Daher sind sie traurig, wenn Bäume gefällt werden. Sie fürchten um ihren Lebensraum. Und sie fordern Hilfe! Ihr Chef sagt: „Wir gehen doch auch nicht in die Stadt und stehlen die Sachen der Leute.”
200 Sprachen
In Brasilien leben Hunderttausende Menschen, die als Indianer gelten. Sie sprechen weit mehr als 200 Sprachen. Viele können kein Portugiesisch. Das ist die Sprache, die sonst in Brasilien gesprochen wird.
Um ihre Regionen zu schützen, genießen die Indianer-Stämme oft Sonderrechte. So soll ihr Gebiet vor Holzfällern geschützt werden. Viele Stämme wohnen sehr abgelegen. Sie wollen mit Fremden nicht viel zu tun haben. Auch, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht haben. Einige Stämme sind noch kaum erforscht.
Sonderrechte werden nicht immer geachtet
Doch die Sonderrechte werden nicht immer geachtet. Der Regierung von Brasilien wird vorgeworfen, den Völkern nicht zu helfen und ihre Rechte zu missachten. Eine Menge Menschen auf der Welt setzen sich deshalb für die Rechte dieser Völker ein.
Steckbrief Brasilien
Brasilien ist das fünftgrößte Land der Welt und liegt in Südamerika am Atlantischen Ozean.
– Größe: rund 23 Mal größer als Deutschland
– Einwohner: rund 202 Millionen, als Zahl: 202 000 000
– Hauptstadt: Brasília
– Sprache: Portugiesisch
– Sehenswert: die Stadt Rio de Janeiro mit ihren Stränden, der Christus-Statue und dem Zuckerhut. So wird ein Berg genannt. Außerdem sind die Wasserfälle von Iguazú und das Pantanal berühmt. Das ist ein feuchtes Gebiet, in dem viele Tiere leben. Dazu zählen Jaguare, Affen und Krokodile.
– Berühmte Brasilianer: In Deutschland sind vor allem Fußballer bekannt wie Pelé und Neymar. Die Präsidentin des Landes heißt Dilma Rousseff.
– Berühmtester Spruch der Brasilianer: „Tudo Bem” und „Tudo Bom”. Beides heißt: Alles bestens! Das wird ständig gesagt. Die Menschen sind trotz vieler Probleme fröhlich – und lieben Samba und Karneval.
Von dpa