Girls` Day 2015: Sind alle Mädchen schlecht in Mathe?

Girls` Day 2015: Sind alle Mädchen schlecht in Mathe?
Du weißt die Lösung! Auch Mädchen können gut in Mathe sein. (Foto: thinkstock)

Vor kurzem haben Wissenschaftler Mädchen und Jungen gefragt, wie sie sich selbst im Fach Mathe einschätzen. 41,5 Prozent der Mädchen in Deutschland glauben, dass sie nicht gut in Mathe sind – das ist also fast die Hälfte. Aber nur 28,5 Prozent der befragten Jungs finden sich selbst schlecht in Mathe, das ist nur etwas mehr als ein Viertel. Wie kommt das?

Außerdem hat diese Studie gezeigt, dass nur sehr wenige Mädchen in Deutschland einen Beruf in den Bereichen Mathe, Naturwissenschaften oder Informatik lernen möchten. Doch warum ist das so? Sind Mädchen einfach schlecht in Mathe? Heute, zum Girls‘ Day, beweisen wir dir, dass das nicht so ist!

Sind Mädchen schlechter in Mathe?

„Es gibt Mädchen, die sehr schlecht in Mathe sind, aber auch welche, die sehr gut in Mathe sind. Genauso ist es bei den Jungs“, sagt Sylvia Jahnke-Klein. Sie ist Forscherin an der Uni Oldenburg. Trotzdem zeigt zum Beispiel die sogenannte Pisa-Studie, bei der die Leistungen von Schülern in der ganzen Welt verglichen werden, dass Jungs in Deutschland etwas besser in Mathe sind als Mädchen.

Ist das angeboren?

Unterschiede in Mathe kann man nicht biologisch erklären, sagt Sylvia Jahnke-Klein: „Es gibt kein Mathe-Gen im Körper von Jungs.“ Zwar haben Jungs zum Teil ein besseres räumliches Vorstellungsvermögen als Mädchen. Sie können sich zum Beispiel besser orientieren, also sich Wege merken und finden. „Das hat aber keinen Einfluss auf den Mathe-Unterricht.“ Denn analytische Aufgaben, zum Beispiel sich vorzustellen, was auf der Rückseite eines Würfels ist, können Mädchen genauso gut.

Wie ist es im Ausland?

Mädchen sind nicht überall auf der Welt schlechter in Mathe als Jungs. „In Island zum Beispiel schneiden die Mädchen besser ab“, sagt Sylvia Jahnke-Klein. Experten haben nämlich herausgefunden: Je mehr Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen in einem Land herrscht, desto weniger Unterschiede gibt es zwischen Jungs und Mädchen in Mathe. Und weil in Island die Gleichberechtigung sehr weit fortgeschritten ist, sind die Mädchen dort auch gut in Mathe. „Der Grund für die Unterschiede liegt in der Kultur eines Landes“, sagt die Expertin. „Denn bei uns in Deutschland gilt Mathe als männlich.“ In Indien hingegen ist Informatiker ein typischer Frauen-Beruf. Was das Gehirn betrifft haben Mädchen und Jungs also die gleichen Voraussetzungen.

Warum sinken die Noten?

„Wenn Mädchen älter werden, dann wollen sie besonders weiblich sein“, sagt Sylvia Jahnke-Klein. Das fängt so mit zehn Jahren an. Dazu gehört, dass man sich schminkt und mit seinen Freundinnen quatscht, aber eben auch, dass man schlecht in Mathe ist. Denn Mathe ist Jungs-Sache. „Forscher haben herausgefunden, dass zunächst das Selbstvertrauen der Mädchen in ihr Mathe-Können sinkt – und danach auch die Noten“, sagt die Expertin. Die Mädchen sind fest davon überzeugt, dass Jungs sie uncool finden, wenn sie gut in Mathe sind. Dazu kommt, dass auch die Gesellschaft Kindern vermittelt, dass Mädchen schlecht in Mathe sind. Nur wenige Eltern können sich ihre Töchter später als Naturwissenschaftler vorstellen, viele Lehrer trauen den Mädchen in Physik oder Mathe nicht so viel zu – und auch in Fernsehserien sind Mädchen oft schlecht in Mathe. „Das machen die Leute nicht extra“, sagt Sylvia Jahnke-Klein. „Aber das ist so sehr in unserer Kultur verwurzelt, dass es automatisch passiert.“

Was kann man tun?

Zunächst einmal braucht man mehr Lehrerinnen in Fächern wie Mathe oder Physik. „Die Mädchen brauchen ein Vorbild.“  Und das Denken in unserer Gesellschaft muss sich ändern – Mathe darf nicht länger als Männersache gelten. Das müssen auch alle Lehrer wissen. Bis es so weit ist, findet Sylvia Jahnke-Klein getrennten Unterricht in den Fächern Mathe und Physik gut. „Wenn Mädchen in einer Gruppe nur mit Mädchen sind, scheinen sie ihr Geschlecht zu vergessen.“ Vor anderen Mädchen vergessen die Schülerinnen dann, dass sie nicht gut in Mathe sein dürfen. Bei Jungs und Sprachen ist das übrigens genauso. Mädchen, die auf Mädchenschulen waren, trauen sich viel eher zu, Mathe zu studieren, als Schülerinnen von gemischten Schulen. Vielleicht träumen Mädchen dann bald einmal davon, als Informatikerin zu arbeiten. Und Jungs wollen Französisch-Lehrer werden.

Von Angela Sommersberg