Ganz natürlich die Luft säubern

Wissenschaftler nutzen die Eigenschaften von Moos.
In der alten Halle duftet es nach Wald. Dort hängen in etlichen Reihen Matten an Haken herum. Es sieht ähnlich wie in einer riesigen Kleidergarderobe aus. Nur die Kleider fehlen. Wer sich die Matten genauer anschaut, kann erkennen: An ihnen grünt es! Sie sind durch und durch mit Moos bewachsen. Diese Moosmatten werden von einer Sprinkleranlage mit einem Wassernebel besprüht.
Daher kommt also der Waldgeruch. Aber was macht das viele Moos in der Halle? „Wir züchten Moose, um deren natürliche Fähigkeiten zu nutzen“, sagt Peter Sänger. Mit einem Freund hat er eine Firma gegründet, bei der sich alles um Moos dreht. Um welche Fähigkeiten es da geht, erklärt der Fachmann: „Moos hat keine Wurzeln, mit denen es Nährstoffe aus dem Boden saugen könnte. Stattdessen gewinnt es alle Stoffe zum Wachsen aus der Luft.“
Schmutz herausfiltern
Hierfür haben Moose mit ihren vielen feinen Verästelungen eine verhältnismäßig große Oberfläche ausgebildet. Darauf bleiben etwa Wassertröpfchen und Mineralien haften. Diese gelangen durch kleine Kanäle dann in die Pflanze. Neben den Nährstoffen kommen so aber auch Schadstoffe aus der Luft in das Moos, zum Beispiel Schwermetalle und Feinstaub.
Das macht Moos für Peter Sänger so interessant. Er will damit die Luft reinigen, indem seine Moosmatten den Schmutz aus ihr heraus filtern. Könnte man Moos also einfach überall dorthin pflanzen, wo die Luft dreckig ist? „Moos kann zwar mit Stress, Trockenheit und vielen Schadstoffen umgehen, aber ganz so leicht ist es dann doch wieder nicht“, sagt der Fachmann.
Moos muss gepflegt werden, damit es seine Arbeit machen kann. Deshalb haben Peter Sänger und sein Team einen Turm für den Moosfilter entwickelt, in dem jede Menge Computertechnik steckt. Die sorgt dafür, dass es den Moosen gut geht.
Sensoren und Messinstrumenten
Hinter den Holzlamellen des Turms hängen die Moosmatten über einer Sitzfläche an den Wänden. Unter der Sitzbank verbirgt sich ein großer Wassertank. Im Inneren des Turms steckt ein Computer mit vielen Sensoren und Messinstrumenten. Damit kontrolliert dieser etwa, wie gut oder schlecht die Luft ist und wie feucht oder trocken das Moos ist. „Wenn die Moose nicht ausreichend befeuchtet werden, vertrocknen sie und können keine Schadstoffe mehr filtern“, erklärt der Experte. Also werden die Matten bewässert und belüftet, sobald der Computer den Befehl dazu gibt.
Ginge es nach Peter Sänger, könnten seine Moosfilter überall dort stehen, wo die Leute schmutziger Luft und Hitze ausgeliefert sind: an großen Straßenkreuzungen, Haltestellen, auf Plätzen, Flughäfen und so weiter. In einigen Städten in Europa sind sie auch schon zu finden. Zwar sind noch nicht alle Leute von der Kraft der Moose überzeugt. Wenn alles richtig gemacht wird, ist die Luft um die Moostürme herum aber sauberer und kühler.
Von Philipp Brandstädter (dpa)