„Nicht auf einem kranken Planeten leben“

„Nicht auf einem kranken Planeten leben“
Foto: Privat

Auf die Straße gehen und die Politiker auffordern, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen – das machen Kinder und Jugendliche bei Fridays for Future schon länger. Nun sind sechs Kinder und Jugendliche aus dem Land Portugal noch einen Schritt weiter gegangen: Sie verklagen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte 33 Länder aus Europa, unter anderem Deutschland. Das gab es noch nie. Doch was bedeutet das? 

Was sind Menschenrechte?

Alle Menschen sollen die gleichen Rechte haben, egal wo sie leben. In den Menschenrechten steht unter anderem, dass alle Menschen frei sind, dass niemand diskriminiert werden darf, oder, dass jeder seine Meinung sagen darf. Die Menschenrechte wurden 1948 von den Vereinten Nationen beschlossen. Heute haben sie fast alle Staaten auf der Welt unterzeichnet. Deutschland hat diese Rechte sogar in seiner Verfassung festgehalten. Trotzdem verstoßen Länder immer wieder gegen die Rechte. Wenn Bürger aus Europa finden, dass ihre Regierung sich nicht an die Menschenrechte hält, können sie sich an den „Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte“ wenden.

Was sagen die Kinder?

Genau das haben die sechs Kinder und Jugendlichen aus Portugal nun gemacht: Sie verklagen 33 Länder aus Europa. Sie sagen: Diese Länder verstoßen gegen die Menschenrechte. Denn sie tun nicht genug, um die Klimakrise einzudämmen. Und die Jugendlichen werden darunter am meisten leiden. Sie finden, dass sie wegen ihres Alters diskriminiert werden. Denn durch den Klimawandel wird es mehr Hitzewellen, Unwetter oder Waldbrände geben.

Das war auch der Anlass für die Klage: Vor drei Jahren gab es in Portugal schlimme Waldbrände. Damals wurden riesige Flächen an Wald zerstört und mehr als 100 Menschen starben. So etwas wollen die Jugendlichen nicht noch einmal erleben. Bei ihrer Klage hat ihnen eine gemeinnützige Organisation geholfen.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Jugendlichen wollen erreichen, dass die europäischen Staaten gemeinsam gegen den Klimawandel kämpfen. Wenn das Gericht den Jugendlichen Recht gibt, dann wären die Länder verpflichtet, ihr Verhalten zu ändern und mehr fürs Klima zu tun. Aber auch, wenn die Jugendlichen verlieren, kann diese Klage viel bewirken, glauben Experten: Denn dadurch machen sich noch mehr Menschen Gedanken über Klimaschutz.

Unabhängig davon hat Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, am Mittwoch Folgendes angekündigt: Sie möchte, dass die Länder in Europa in den nächsten zehn Jahren noch weniger Treibhausgase ausstoßen als sie eigentlich gedurft hätten.

Mariana. Foto: Privat

Klägerin Mariana (8)

Mariana liebt Tiere und verbringt viel Zeit auf dem Bauernhof ihrer Großeltern. Ihre großen Geschwister Cláudia (21) und Martim (17) machen auch bei der Klage mit. In einem Interview hat Mariana gesagt: „Ich habe große Angst davor, auf einem kranken Planeten leben zu müssen, wenn nichts getan wird.“ Ihre Angst ist berechtigt: Wenn Mariana 88 Jahre alt werden sollte, erlebt sie das Jahr 2100. Sollten die Staaten bis dahin nichts Radikales gegen den Klimawandel unternommen haben, wird es auf der Welt etwa vier Grad wärmer sein als in der Zeit vor der Industrialisierung. Und dann gäbe es in Portugal wohl Hitzewellen mit mehr als 40 Grad Celsius, die länger als einen Monat dauern.

Andre. Foto: Privat

Kläger André (12)

André bemerkt die Auswirkungen des Klimawandels in Portugal immer stärker, etwa die Waldbrände von vor drei Jahren. Mit seiner großen Schwester Sofia (15), die auch bei der Klage mitmacht, und seinen Eltern lebt er in der Hauptstadt Lissabon. André möchte Wissenschaftler werden und Dinge erfinden, damit es der Erde wieder besser geht. Er kann nicht verstehen, warum die Erwachsenen nicht längst mehr gegen den Klimawandel unternehmen. In einem Interview hat er gesagt: „Es ist ein so wichtiges und kompliziertes Thema, dass wir es nicht den Erwachsenen überlassen dürfen.“ Er glaubt, dass viele andere Kinder und Jugendliche genau wie er gegen den Klimawandel kämpfen werden.

Von Angela Sommersberg