Linkshändertag: Warum wir nicht alle mit rechts schreiben müssen
Heute ist mein Tag, denn heute ist Linkshändertag. Schon immer benutze ich für alles lieber die linke Hand – ich habe am linken Daumen gelutscht, mich mit der linken Hand gegen meine ältere Schwester gewehrt und meine ersten Mal-Versuche mit links gemacht. Wie mir geht es ungefähr 15 Prozent aller Menschen. Damit sind wir in der Unterzahl – und manchmal auch im Nachteil. Lange Zeit wurden fast alle Dinge, die wir im Alltag brauchen, Scheren, Sportgeräte oder Stifte nur für Rechtshänder entwickelt. Das fand der Amerikaner Dean Campell so unfair, dass er 1976 an einem Freitag, den 13. den Internationalen Linkshändertag erfand. Seitdem soll immer am 13. August auf der ganzen Welt darauf aufmerksam gemacht werden, wann und wo Linkshänder nicht gerecht behandelt werden.
Das schöne Händchen
Wenn du – wie auf diesen Bildern – am liebsten mit der linken Hand arbeitest, gehörst du auch zum Linkshänder-Club. (Foto: dpa)
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie meine Oma „Jo“ mich ständig dazu überreden wollte, das „schöne Händchen“, also das rechte, zu benutzen – „wie alle anderen auch.“ Sie hatte Angst, dass ich in der Schule Nachteile hätte, weil man von links nach rechts schreibt und ich dabei die Tinte verschmieren würde. Dass ich niemals Autofahren könnte, weil man zum Schalten die rechte Hand braucht. Und dass ich generell nicht gut durch den Alltag käme, weil mich überall Hürden erwarten würden.
Leider fand das meine Grundschullehrerin auch – sie zwang mich mit rechts zu schreiben, was sehr mühsam war. Umschulen nennt man das. Dickköpfig wie ich war, habe ich aber alle anderen Dinge weiter mit links gemacht: Tennis gespielt, Papier ausgeschnitten, gemalt und gegrüßt.
Heute sagen viele Experten, dass es nicht gut ist, wenn Linkshänder zu Rechtshändern umerzogen werden. Denn nicht umsonst nutzen sie ihre linke Hand. Man vermutet, dass umerzogene Linkshänder Probleme mit der Konzentration und dem Gedächtnis haben, weil das Gehirn ständig „umdenken“ muss. Es gibt auch Linkshänder, die umgeschult wurden, und dann kaum noch Fantasie aber Lese- und Rechtschreibprobleme hatten.
Geniale Linkshänder
Später, als ich in einem Buch las, dass viele Genies Linkshänder waren, habe ich das meiner Oma „Jo“ unter die Nase gerieben, immer wenn sie wollte, dass ich nicht nur fürs Schreiben sondern auch für alles andere die „schöne Hand“ benutze. „Lass mich Omi, der Komponist Mozart war Linkshänder, der Wissenschaftler Leonardo da Vinci, der Dichter Goethe, der Maler Picasso und der Physiker Albert Einstein auch“, trotzte ich dann.
Auch unter den Sportlern gibt es viele erfolgreiche Linkshänder: Muhammad Ali, der berühmte Boxer, hat seine Gegner mit links geschlagen. Und Bundestrainer Joachim Löw und Diego Maradona? Sind Linkshänder! Leider konnte noch kein Wissenschaftler nachweisen, ob Linkshänder begabter sind als Rechtshänder. Glück für Oma „Jo“, Pech für mich.
Noch nicht eindeutig erforscht ist auch, warum jemand seine linke oder rechte Seite bevorzugt. Die meisten Wissenschaftler glauben, dass die Veranlagung zur Links- oder Rechtshändigkeit weitervererbt wird. Und dass sich Kinder bis sie vier Jahre alt sind festlegen, welche Hand sie lieber benutzen. Manche tippen auch auf die Erziehung und meinen, Linkshänder-Eltern geben Dinge oft in die linke Hand ihrer Kinder oder decken den Tisch mit Bestecken auf der linken Seite des Tellers. Tatsächlich ist auch die linke Hand die Lieblingshand meines Vaters.
Linksfüßer und Linksohrer
Wusstest du, dass Linkshänder häufig auch Linksfüßer sind? Forscher sagen, dass es auch bei den Füßen, Augen und Ohren eine bevorzugte Seite gibt. Oft ist es so, dass Linkshänder lieber mit dem linken Fuß einen Ball schießen, mit dem linken Auge Dinge beobachten oder den Telefonhörer lieber ans linke Ohr halten.
Bleibt noch die Frage, warum Linkshänder lange Zeit bei Menschen wie meiner Oma „Jo“ so einen schlechten Ruf hatten? Man sagt, das liegt daran, dass Menschen, die die linke Hand lieber benutzen, im Mittelalter mit Hexerei in Verbindung gebracht wurden. Und in vielen Kulturen gilt die linke Hand als unrein, weil sie für die Körperreinigung genutzt wird.
Caroline Kron mit dpa
