Frauenwahlrecht – gibt es erst seit 100 Jahren

Frauenwahlrecht – gibt es erst seit 100 Jahren
Foto: --/AdsD/Friedrich-Ebert-Stiftung/dpa

Wie du bestimmt weißt, haben wir eine Bundeskanzlerin. Seit 2005 wird Deutschland von Angela Merkel und damit von einer Frau regiert. Früher war das gar nicht möglich. Stell dir vor: Frauen durften nicht einmal wählen. Sie mussten hart dafür kämpfen, dass auch sie zur Wahl gehen durften. Erst vor 100 Jahren wurde das Frauenwahlrecht eingeführt.

Die undatierte Aufnahme zeigt Emmeline Pankhurst die sich in einer Rede auf dem Londoner Trafalgar Square (Großbritannien) für das Frauenwahlrecht einsetzt. Foto: dpa

Wie war es früher?

Früher hatten Männer das Sagen. Nur sie durften wählen. Und nur Männer konnten gewählt werden. Frauen sollten sich um den Haushalt und die Kinder kümmern. Deshalb gingen Mädchen häufig nicht lange zur Schule. Ab 1850 begannen Frauen, für bessere Bildung und mehr Rechte zu kämpfen. Sie durften damals nicht in Parteien oder politische Vereine eintreten. Einige Frauen ließen sich das nicht gefallen und forderten, wählen zu dürfen. Sie sammelten Unterschriften und demonstrierten auf der Straße. Im Ersten Weltkrieg, der von 1914 bis 1918 dauerte, mussten viele Männer kämpfen. In dieser Zeit übernahmen Frauen viele Aufgaben. Sie arbeiteten zum Beispiel in Fabriken. Sie wurden immer selbstbewusster und kämpften weiter für ihr Recht.

Wie war es in anderen Ländern?

Auch in anderen Ländern kämpften Frauen für ihr Wahlrecht. In Großbritannien stritten sie besonders heftig: Sie schlugen Fensterscheiben ein, versuchten das Parlament zu stürmen und traten in den Hungerstreik. Die Frauen wurden Suffragetten genannt. Der Name leitet sich vom englischen Begriff „suffrage“ ab – das bedeutet „Wahlrecht“. Es dauerte in Großbritannien allerdings noch bis 1928, bis Frauen wählen durften.

Frauen stehen in einer Schlange vor einem Wahllokal. Foto: –/AdsD/Friedrich-Ebert-Stiftung/dpa

Was änderte sich?

Nach dem Ersten Weltkrieg gab es in Deutschland viele Änderungen. Aus dem Kaiserreich wurde eine Demokratie. Das heißt übersetzt so viel wie „Herrschaft des Volkes“. Und dazu gehört eben auch, dass die Bürger mitbestimmen und wählen dürfen. Nach dem Krieg gab es zunächst eine Art Übergangsregierung. Diese verkündete am 12. November 1918, dass auch Frauen wählen durften. Genau wie Männer mussten sie mindestens 20 Jahre alt sein, um ihre Stimme abgeben zu dürfen. Und Frauen durften sich auch selbst als Kandidatinnen zur Wahl stellen. Am 30. November wurde das Gesetz beschlossen. Die erste Wahl war am 19. Januar 1919. Die Frauen nutzten ihr neues Recht ausgiebig: 82 Prozent der weiblichen Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab. Mehr als 300 Frauen stellten sich zur Wahl. Schließlich zogen 37 in das neue Parlament ein, das insgesamt 423 Abgeordnete hatte. Das entspricht einem Frauenanteil von nicht einmal neun Prozent.

Wie ist es heute?

Inzwischen sitzen deutlich mehr Frauen im Parlament, also im Deutschen Bundestag. Momentan sind von 709 Abgeordneten 219 weiblich und 490 männlich. Der Frauenanteil liegt bei knapp 31 Prozent. Das ist schon sehr viel mehr als 1919. Aber viele finden, dass immer noch zu wenige Frauen in der Politik vertreten sind. Denn ungefähr die Hälfte der Menschen in Deutschland sind Frauen. Da könnten doch auch die Hälfte der deutschen Politiker Frauen sein.

Von Kathy Stolzenbach