Wer hat die besseren Chancen?

Wer hat die besseren Chancen?
Hier wird der Rasen im Stadion der Sportfreunde Lotte gerade von Schnee befreit. (Foto: dpa)

Am Dienstag sollten die Fußballprofis von Borussia Dortmund im Viertelfinale des DFB-Pokals bei den Sportfreunden Lotte spielen. Das Spiel wurde abgesagt, weil der Schnee zu stark fiel. Trotzdem lohnt es sich, schon mal die Frage zu stellen: Sportfreunde wer? Lotte – das ist eine Gemeinde im Norden von Nordrhein-Westfalen an der Landesgrenze zu Niedersachsen.

Das DFB-Pokal-Viertelfinale zwischen dem Drittligisten SF Lotte und Borussia Dortmund ist wegen der schlechten Platzverhältnisse nach starkem Schneefall abgesagt worden. Das teilte der Deutsche Fußball-Bund am Dienstagabend mit.

14.000 Menschen leben dort. Der Verein ist Tabellensiebenter in der Dritten Liga und  hat 1400 Mitglieder. Ins Stadion passen 10.000 Zuschauer. Zum Vergleich: Dortmund ist mit knapp 600.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt von NRW, der BVB hat 140.000 Mitglieder und trägt seine Bundesliga-Heimspiele vor 80.000 Zuschauern aus. Wenn aber heute Abend im Frimo Stadion in Lotte der Ball rollt, spielen diese Unterschiede kaum eine Rolle. Denn es ist gar nicht so selten, dass  kleinere Klubs gegen die großen  gewinnen – im Pokal hat schon so mancher Außenseiter überrascht.

Nur vermeintlich besser

Die Spieler von Lotte nach einem ihrer Siege (Foto: dpa)

Im laufenden Wettbewerb mussten die Lotter  schon dreimal gegen stärkere Teams antreten. Und: Dreimal haben sie die Mannschaft mit den eigentlich besseren Spielern – die auch noch viel mehr Geld fürs Fußballspielen bekommen – besiegt: die beiden Erstliga-Teams Werder Bremen (2:1) und Bayer 04 Leverkusen (4:3 im Elfmeterschießen) sowie zuletzt den Zweitligisten 1860 München (2:0). Auch vor zwei Jahren ärgerte  Arminia Bielefeld – damals ebenfalls Drittligist – die vermeintlich besseren Mannschaften und kam bis  ins Halbfinale.

Eine der größten Pokal-Überraschungen in der Geschichte schaffte übrigens der Drittligist TSV Vestenbergsgreuth (spielt heute unter dem Namen Greuther Fürth in der Zweiten Liga), der im Jahr 1994 in der ersten Runde gegen den FC Bayern München (1:0) gewann und  erst im Achtelfinale ausschied.

Ungewohnte Verhältnisse

Zurück zu den Sportfreunden: In der anstehenden Pokalrunde ist mit Dortmund nach Leverkusen der nächste  Champions-League-Teilnehmer zu Gast im Lotter Frimo Stadion.  Natürlich ist die Borussia um ihre Topstars Marco Reus und  Pierre-Emerick Aubameyang klarer Favorit – alle rechnen mit einem Sieg des BVB.  Aber die Dortmunder Profis werden es in Lotte mit ganz ungewohnten Verhältnissen zu tun bekommen: Mit einer Kabine wie in einer alten Turnhalle, mit einem kleinen, einfachen Stadion, einer hitzigen Kulisse mit nur wenigen eigenen Fans und vor allem mit einem Fußballrasen, der aus Sicht vieler Spieler gar keiner ist.

Warum? Der Platz in Lotte ist uneben, tief, und nicht alle Stellen sind mit  Gras bewachsen. In Fußballersprache:  ein Acker. Dort  ist es schwer, einen  Pass zu spielen, der nicht hoppelt und titscht. Dadurch wird das Zusammenspiel  in einer Mannschaft erschwert – ein Albtraum für höherklassige Profis: Solche Plätze sind sie nicht mehr gewohnt, denn bei ihnen sind die Verhältnisse meistens tipptopp.

Heimvorteil?!

Jetzt sagen sicher manche: Das ist doch unfair, das ist doch ein klarer Vorteil für Lotte.  Es gibt aber Hoffnung für den BVB: Die Sportfreunde haben in der Meisterschaft nämlich schon fünf ihrer elf Heimspiele verloren. Es ist also nicht unmöglich, in Lotte zu gewinnen. Dass den Bremer, Leverkusener und Münchner Fußballprofis im Pokal kein Sieg  gelungen ist, ist also ihr eigenes Versagen. Schlechte Platzverhältnisse und ungünstige Umstände sind nämlich eher schwache Ausreden.

Dennoch: Für die großen Teams ist es immer  eine deutliche Umstellung,  in einem  „kleinen“ Stadion zu spielen statt in ihrer gewohnten Umgebung –  beispielsweise   einer komfortablen Arena mit 80.000 Zuschauern. Dass das so bleibt, darauf hoffen heute Abend auch die Spieler  von Lotte.

Ach ja: Zuletzt schied Dortmund vor sieben Jahren gegen einen  Drittligisten aus.  Der BVB unterlag damals den Kickers Offenbach mit 2:4 im Elfmeterschießen.

Von Jens Kopke