„Das Herz der Demokratie“

Wenn du donnerstags noch darüber sprichst, was du am Wochenende gemacht hast, dann muss es etwas richtig Tolles gewesen sein – oder etwas total Schlimmes. In Deutschland sprechen noch heute Leute darüber, was am Samstag in Berlin passiert ist. Das hat nämlich viele Menschen schockiert. Gestern haben sich darüber auch wichtige Politikerinnen und Politiker unterhalten. Wir erklären dir, was da los war und worum es überhaupt geht.

Foto: Johannes Neudecker/dpa
Was ist passiert?
Am Samstag haben mehrere Zehntausend Menschen in unserer Hauptstadt Berlin gegen die Corona-Regeln demonstriert. Die allermeisten Leute finden die Corona-Regeln zwar gut und wichtig, einige wollen aber, dass sie aufgehoben werden. Sie wollen zum Beispiel keine Maske mehr tragen müssen.
Die meisten Demonstranten waren friedlich – einige hundert haben aber am Reichstag randaliert. Sie haben Absperrungen eingerissen, sind auf die Stufen des großen Gebäudes gestürmt und haben alte Fahnen geschwenkt und gejubelt. Jetzt denkst du vielleicht: Okay, das war nicht nett, aber so schlimm hört sich das jetzt nicht an. Zwei Punkte machen die ganze Aktion aber so schockierend – das sind einerseits die Menschen, die das getan haben, und andererseits geht es um das Gebäude.
Was waren das für Menschen?
Die Demonstranten, die auf die Stufen gestürmt sind, gehörten zu den „Reichsbürgern“ und „Rechtsextremen“. Beide Gruppen lehnen den deutschen Staat ab und finden, sie müssten sich nicht an seine Regeln und Gesetze halten. Die „Reichsbürger“ wollen ein Deutschland zurück, wie es vor mehr als hundert Jahren war. Einige besitzen unerlaubt Waffen und Experten sind sich sicher, dass manche kriminell und gefährlich sind.
Was bedeutet rechtsextrem?
Rechtsextreme wiederum finden unter anderem, dass Deutsche mit heller Hautfarbe mehr wert sind als Menschen, die eine andere Hautfarbe, Religion oder Sexualität haben, also etwa schwul oder lesbisch sind. Zum Teil hetzen Rechtsextreme auch gegen solche Menschen oder bedrohen sie sogar. Das geht natürlich gar nicht. In unserem Grundgesetz steht: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Und dass niemand zum Beispiel wegen seines Geschlechts, seiner Sprache, seiner Herkunft oder seines Glaubens benachteiligt werden darf.

Foto: Ralf Hirschberger/dpa
Was ist der Reichstag?
Was hat es denn nun mit dem Gebäude auf sich? Den Reichstag in Berlin hast du vielleicht selbst schon mal besucht – oder im Fernsehen gesehen: Es ist das große Gebäude mit der Glaskuppel. Dort tagt der Bundestag, also das Parlament von Deutschland. Die Politikerinnen und Politiker, die dort sitzen, wurden von den Menschen in Deutschland gewählt. Deswegen sind der Bundestag und das Reichstagsgebäude so wichtig für unsere Demokratie. Übersetzt heißt Demokratie nämlich „Herrschaft des Volkes“. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte: „Reichsflaggen und rechtsextreme Pöbeleien vor dem Deutschen Bundestag sind ein unerträglicher Angriff auf das Herz unserer Demokratie.“
Wie geht es jetzt weiter?
Gestern haben sich Politiker der Bundesregierung getroffen. Dort haben sie über diesen Angriff gesprochen, aber auch generell über Rechtsextremismus in Deutschland. Denn den gibt es schon sehr lange. Aber das darf nicht sein! Die Politiker haben überlegt, wie man Rechtsextremismus besser abwehren kann.
Übrigens: Nur ein Teil der Demonstranten in Berlin gehörte zu den Rechtsextremen und Reichsbürgern. Zu der Demonstration waren ganz unterschiedliche Leute gekommen, sogar Familien mit Kindern waren dabei. Es ist auch erlaubt, zu sagen, dass man die Corona-Regeln nicht gut findet – denn in Deutschland darf jeder seine Meinung sagen. Dabei sollte man aber im Hinterkopf haben, dass die Regeln dazu beigetragen haben, dass das Virus sich weniger schnell verbreitet. Und man sollte sich auch überlegen, mit wem man da eigentlich zusammen demonstriert.
Von Angela Sommersberg