Da steht ein Elch vor der Tür!

Zwei Elche laufen die Hauptstraße hinunter. Prompt kramen die Passanten nach ihren Handys, um die Tiere zu filmen. Es müssen Touristen sein, denn hier in Breckenridge, einem kleinen Ort in den USA, ist das Schauspiel gar nicht so ungewöhnlich. „Besonders im Frühling und im Herbst kommen die Elche in die Stadt und spazieren durch unsere Straßen und Vorgärten“, sagt Rachel Zerwoin vom Tourismus-Büro.
Appetit auf Pappeln
Bei ihr versammeln sich die Elche schon mal im Garten und schauen zum Küchenfenster herein. Im Bundesstaat Colorado gibt es etwa 2500 Elche, viele von ihnen kommen immer wieder in die Wohngebiete. „Sie fressen, was in den Gärten wächst“, sagt Zerowin. Besonders aber lieben sie die zarten Triebe von Pappeln, Espen und Weiden, die es hier im Wildtier-Schutzgebiet zuhauf gibt. Die Elche sind hier deshalb besonders zutraulich, weil es in der Stadt und der Umgebung keine natürlichen Feinde, wie Löwen oder Wölfe gibt.
Noch vor 50 Jahren lebten in Colorado nur vereinzelt Elche, die sich aus angrenzenden Bundesstaaten hierher verirrt hatten, dann wurden die Elche gezielt angesiedelt. Jetzt ist Walden, eine Stadt im Osten von Colorado, sogar die Elch-Sichtungs-Hauptstadt der Welt. Hier kannst du die Tiere mit hoher Wahrscheinlichkeit in freier Wildbahn beobachten.
Elche sind in bergigen und bewaldeten Gegenden zu Hause. Deshalb fühlen sie sich auch gerade in Breckenridge wohl. Der Ort liegt auf 2900 Metern Höhe mitten in den Rocky Mountains, das ist ein riesiges Gebirge, das sich von Kanada bis in die USA erstreckt. 2900 Meter, das ist fast so hoch wie Deutschlands höchster Berg, die Zugspitze. In den Rocky Mountains sind die höchsten Berge über 4000 Meter hoch. Anders als unsere Alpen sind sie bis zu einer Höhe von 3200 Metern von Bäumen bewachsen – für Wald liebende Elche ideal.
Keine Angst vor Menschen
Im Gegensatz zu Rehen sind Elche nicht so schreckhaft. Sie laufen einfach weiter, wenn sie Menschen begegnen. Auch Autos und andere Dinge, die wir Menschen so mitbringen, finden Elche nicht furchterregend. Deshalb brauchen Menschen eigentlich auch keine Angst vor ihnen zu haben. Allerdings sollten Hundebesitzer vorsichtig sein. Elche halten die Vierbeiner für Wölfe und damit für Feinde. Und dann greifen sie auch schon mal an.
Mai ist Baby-Elch-Zeit
Die Paarungszeit der Elche beginnt im September und dauert bis Ende Oktober, im Mai kommen dann die kleinen Elche auf die Welt. Bei uns in Europa gibt es auch Elche, vor allem in den Wäldern von Schweden, Norwegen, Finnland und Russland. Sie haben einen großen Bauch und lange Beine, mit denen sie hervorragend durch tiefen Schnee laufen können. Europäische Elch-Hirsche können bis zu 2,30 Meter groß, beziehungsweise hoch werden – amerikanische „nur“ bis zu 1,80 Meter.
Die Elche, die in Breckenridge auf der Hauptstraße unterwegs waren, sind übrigens in eine Nebenstraße abgebogen und im Dickicht des angrenzenden Waldes verschwunden. Im Grunde leben wir Menschen ja in ihrem Gebiet und nicht umgekehrt – denn die Elche waren schon da, lange bevor Menschen in den Rocky Mountains siedelten.
Von Lioba Lepping