Aus bösen Hexen werden Freunde

Aus bösen Hexen werden Freunde
Foto: Ronny Hartmann/dpa

Bibi Blocksberg, Hexe Lilli oder Hermine aus Harry Potter: Diese drei Hexen kann man sich gut als Freundinnen vorstellen. Sie sind freundlich und hexen nur gute Sachen.

Ganz anders ist die Hexe im Märchen Hänsel und Gretel, die den armen Hänsel aufessen will. In anderen Märchen verwandelt eine Hexe die Menschen in einen Frosch, ein Reh oder einen Stein. Früher waren die Hexen in den Geschichten also öfter mal gemein und böse. Heute sind sie hingegen richtig nett. Aber woher kommt dieser Wandel?

Normalerweise wird in der Nacht zum 1. Mai überall im Harz mit Musik, Umzügen und Festen die Walpurgisnacht gefeiert. In diesem Jahr sind sämtliche Veranstaltungen abgesagt worden. Foto: Ronny Hartmann/dpa

Das Bild einer Hexe

Eine Antwort darauf weiß Jana Mikota von der Universität Siegen. Sie ist eine Expertin für Bücher und Geschichten. „Hexengeschichten gibt es schon sehr lange“, sagt sie. „Die Menschen stellten sich Hexen früher so vor wie die Hexe in Hänsel und Gretel. Sie war ein Schreckgespenst, das Kindern Angst machte.“

Auch sahen die Hexen in den Geschichten oft ungewöhnlich aus. Die typische Hexe hatte einen buckligen Rücken, eine Warze auf der Hakennase und eine schwarze Katze. „Hexengeschichten sollten Kinder dazu bringen, zu gehorchen und etwas Verbotenes nicht zu tun, zum Beispiel alleine in den Wald zu gehen“, erklärt Mikota. Denn im Wald lauert schließlich die böse Hexe.

Die erste nette Hexe

Doch dann erschien vor etwa 60 Jahren eine Geschichte, die anders war als alle Hexengeschichten zuvor: „Die kleine Hexe“ von Otfried Preußler. Dieser Autor hat viele Kinderbücher geschrieben, unter anderem zum Beispiel „Räuber Hotzenplotz“ und „Das kleine Gespenst“.

Die kleine Hexe von Otfried Preußler ist nicht böse, im Gegenteil. Sie hilft armen Menschen und Tieren. Und sie bringt zwei Kinder, die sich im Wald verirrt haben, wieder nach Hause. Otfried Preußler hat später erzählt, dass er die kleine Hexe für seine Töchter erfunden hat, die sich eines Abends vor Hexen fürchteten.

Vorbild für andere Geschichten

„Die Geschichte von Otfried Preußler hat das Hexenbild stark beeinflusst“, erklärt Jana Mikota. Die kleine Hexe wurde zum Vorbild für viele andere Hexengeschichten. Von nun an waren Hexen immer öfter Freundinnen, die Kindern halfen. Sie sollten den Kindern nichts mehr beibringen, sondern waren bei Problemen einfach für sie da. Heute sind die Hexen meist hilfsbereit und lustig.

Und noch etwas haben viele Hexenfiguren gemeinsam, sagt Jana Mikota. „Sie kennen sich sehr gut mit der Natur aus und können wertvolles Wissen weitergeben, zum Beispiel über Kräuter und Pflanzen.“ Böse Hexen gibt es zwar in einigen Geschichten weiterhin – schließlich sorgen sie ja auch für Spannung. „Aber am Ende gewinnt ja meistens die gute Hexe“, sagt Jana Mikota. (dpa)

Hexenpuppen. Foto: Ronny Hartmann/dpa

Walpurgisnacht 

Wenn du dich fragst, warum wir dir das alles ausgerechnet heute erzählen: Jedes Jahr am 30. April ist Walpurgisnacht. Heißt: In dieser Nacht treffen sich laut einer Legende alle Hexen auf dem sogenannten Brocken im Harz-Gebirge und tanzen um ein Feuer, um den Frühling zu begrüßen. Auch heute gibt es diese Tradition noch: Vor allem in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen verkleiden sich am 30. April viele als Hexen. Hier ist die Walpurgisnacht eher als Tanz in den Mai bekannt. Diese Feste müssen dieses Jahr zwar ausfallen – aber tanzen kann man ja auch Zuhause, oder?

Von Assata Frauhammer (sob)