Ur

Das Ur, auch Auerochse genannt, gibt es nicht mehr. Aber heutige Rinder wie das Heckrind (Bild) sollen ihm ähnlich sehen. (Foto: dpa)
Verschwundener Vorfahr: Aus den langen, geschwungenen Hörnern des Ur oder Auerochsen haben die Wikinger früher ihren Honigwein getrunken. Doch genau wie die Wikinger gibt es auch den Ur nicht mehr. Dafür hat das Tier aber eine große Schar von Nachkommen hinterlassen: Unsere heutigen Hausrinder stammen alle von ihm ab.
- Heimat: Der Ur wird auch Auerochse genannt. Er ist vor ungefähr 400 Jahren ausgestorben. Der Ur lebte in den warmen Gebieten von Europa, Asien und Indien sowie in Nordafrika.
- Familie: Der Ur war ein Säugetier und ein Wiederkäuer. Er gehörte zur Familie der Hornträger. Es gab drei Unterarten: den Europäischen, den Indischen und den Afrikanischen Auerochsen. Diese drei gelten als die wilden Vorfahren unsere heutigen Hausrinder, die ja sehr stark gezüchtet wurden und zu denen mittlerweile mehr als 200 Rassen gehören.
- Aussehen: Der Ur war ein ziemlich großes Tier: drei Meter lang, 1,80 Meter hoch und bis zu 1000 Kilogramm schwer. Am auffälligsten waren aber wohl seine Hörner, die bis zu 80 Zentimeter lang werden konnten. Stell dir mal vor: Das ist so groß wie die Seite eines großen Kopfkissens im Bett! Die Hörner waren nach vorne hin geschwungen und hatten eine schwarze Spitze. Die Bullen, also die Männchen, hatten ein glänzendes schwarzes Fell mit einem ockerfarbigen Strich auf dem Rücken. Die Kühe sahen so ähnlich aus, waren aber etwas zierlicher und ihr Fell leuchtete rot-braun. An manchen Stellen war das Fell jedoch heller: Um die Augen herum, an der Stirnlocke (die sieht so ähnlich aus wie ein Pony), am Bauch und an der Innenseite der Beine.
- Verhalten: Die Tiere waren tagsüber aktiv und wohnten in offenen Wäldern und Graslandschaften. Sie lebten in kleinen Herden zusammen. Diese bestanden aus einem Bullen, einigen Kühen und den Jungtieren. Ihre Herde und ihr Revier verteidigten die Bullen mit heftigen Kämpfen.
- Feinde: Die Feinde des Auerochsen waren in Europa Wölfe, in Nordafrika und Asien eher Großkatzen und Hyänen. Doch eigentlich konnten die Feinde nur junge oder kranke Tiere überwältigen, denn die erwachsenen Tiere waren sehr groß und stark. Ob der Ur ausgestorben oder vom Menschen ausgerottet wurde, darüber streiten die Wissenschaftler noch. Wahrscheinlich verschwanden die wilden Rinder aber, weil die Menschen den Lebensraum des Auerochsen zerstörten und Hausrinder züchteten. Weil die Hausrinder mehr Milch gaben als die Auerochsen-Kühe waren sie zwar praktischer für den Menschen – aber auch eine Bedrohung für die Wildtiere. Denn letztlich fraßen die Hausrinder den Auerochsen ihre Nahrung weg.
- Kinder: Wahrscheinlich haben sich die Auerochsen so ähnlich fortgepflanzt wie unsere heutigen Rinder: Die Tiere paarten sich im Herbst und im nächsten Frühsommer brachten die Weibchen die Kälbchen zur Welt. Die Mutter säugte ihre Kinder einige Monate lang. Die weiblichen Jungtiere durften in der Herde bleiben, die männlichen verließen sie nach etwa einem Jahr, denn pro Herde gab es ja immer nur einen Bullen. Die Tiere wurden wohl ungefähr 30 Jahre alt.
- Nahrung: Der Ur war ein reiner Pflanzenfresser. Im Sommer standen Gräser, Kräuter und Blüten auf seinem Speiseplan. Im Herbst fraß er auch gerne Eicheln und im Winter gab es neben dem dünnen Gras die Rinde von Bäumen und Sträuchern.
Von Willi und Angela Sommersberg