Gegen das Vergessen

Gegen das Vergessen
Die Schülerinnen Lara (grüne Jacke), Emma (grauer Sweater), Antonia (getreiftes Shirt) und Vincent (grünes Shirt) testen die App mit Hilfe von Sandra Fomferek vom WDR. Bild: Alexander Schwaiger

Stolpersteine“ erinnern an Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus ums Leben gekommen sind

Vielleicht hast du mal eine von den kleinen Metallplatten auf dem Bürgersteig gesehen und dich gefragt, was es damit auf sich hat. Vielleicht hast du sogar schon das Gefühl gehabt, über solch eine Platte gestolpert zu sein – auch wenn der Name eigentlich nicht im wörtlichen Sinne gemeint ist. Die Rede ist von den sogenannten Stolpersteinen des Künstlers Gunter Deming. Duda erklärt, was dahinter steckt.

Mit Antonie, Emma, Vincent und Lara, die in Ehrenfeld auf die Heliosgesamtschule gehen, haben wir uns ein paar Stolpersteine in Köln genauer angesehen. Dabei haben wir eine App benutzt, die der WDR entwickelt hat und die die Stolpersteine und die Geschichten dahinter digital zum Leben erwecken.

Die Stolpersteine

Auf den im Boden eingelassenen Steinen sind quadratische Metallplatten mit einer Namensinschrift angebracht. Die Platten sehen fast aus wie Gold, aber sie sind aus Messing, einem nicht ganz so wertvollen Metall. Jeder Stein erinnert an einen Menschen, der in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, vertrieben oder ermordet wurde

Stolperstein-Initiator und Künstler Gunter Demnig. Bild: WDR/Claus Langer

Damals war der Diktator Adolf Hitler an der Macht. Er und seine Gefolgsleute, die Nationalsozialisten, wollten alles bestimmen. Mit ihrer Politik lösten sie den Zweiten Weltkrieg aus, der von 1939 bis 1945 dauerte. Menschen, die anders dachten oder nicht machen wollten, was sie sagten, ließen sie einsperren und auch umbringen. Viele Millionen Menschen kamen ums Leben. Diese Opfer sollen nicht vergessen werden.

Um an sie zu erinnern, verlegt der Künstler Gunter Demnig seit 30 Jahren Stolpersteine. Vor dem Haus, in dem die Menschen mal gelebt haben. Der erste Gedenkstein wurde 1992 in Köln gesetzt, am Rathaus in der Altstadt. Jedes Jahr kommen Steine dazu. In Deutschland und in vielen anderen Ländern. Es gibt inzwischen mehr als 90.000 Stolpersteine. Alleine 2400 in Köln und gut 15.000 in unserem Bundesland Nordrhein-Westfalen.

Die App

Die Metallplatten sind zehn Zentimeter mal zehn Zentimeter groß. Viele Infos passen da nicht drauf. Oft nur der Name, einige Ortsangaben und Jahreszahlen. Manchmal ist viel mehr bekannt oder es gibt historische Fotos der Menschen. Diese Hintergrundinformationen kann man jetzt per Stolpersteine-App über das Smartphone abrufen. Für die 15.000 Stolpersteine in NRW hat der Radio- und Fernsehsender WDR ein Angebot entwickelt, das immer weiter ausgebaut wird.

Mit der App auf dem Handy kann man jeden Stein einzeln ansteuern und mehr über ihn und den Menschen, für den er steht, erfahren. Manchmal sind Texte hinterlegt, kleine Videoclips oder Mini-Hörspiele, manchmal erzählen gezeichnete Kurzgeschichten Episoden aus dem Leben der Menschen nach. Ein Navigationssystem lotst dich zum nächsten Stolperstein. Man kann digital Kerzen anzünden, um sein Mitgefühl mit den Opfern zu zeigen.

Die App liefert viele Informationen. Bild: Alexander Schwaiger

Emma, 12 Jahre

Ich finde die App sehr übersichtlich“, sagt Emma. „Wenn man erst einmal das Prinzip verstanden hat, geht das eigentlich von alleine.“ Stolpersteine kannte sie schon: „Ich hab einen auf der Straße entdeckt und meine Mutter hat mir das erklärt.“ Die Geschichten der einzelnen Menschen findet sie sehr spannend – und „dass man für sie Kerzen anzünden kann, ist eine sehr respektvolle Geste“.

Antonie, 11 Jahre

Meine Uroma war zehn, als der Krieg zu Ende war“, erzählt Antonie. Auch wenn die Uroma nicht gerne über ihre Kindheit spricht, ist das Thema für die Elfjährige von besonderem Interesse. „Meine Mutter hat mir viel dazu erklärt. Mit ihr hab ich das ‘Tagebuch der Anne Frank’ gelesen.“ In dem weltberühmten Buch beschreibt ein Mädchen, wie es sich zwei Jahre lang vor den Nationalsozialisten versteckt hat. An der App gefallen ihr besonders die Fotos, die Bildgeschichten und das Navigieren von einem Stein zum anderen.

Vincent, 12 Jahre

Mein Vater hat mir das mit dem Zweiten Weltkrieg und den Stolpersteinen erklärt“, erzählt Vincent. Mit der App ist er gut klargekommen. Er findet es beeindruckend, dass es so viele Informationen zu so vielen Steinen gibt – „das war sicher nicht so einfach.“ Auf seinem Schulweg sind fünf Stolpersteine zu finden, „die hab ich mir alle mit der App angeschaut.“

Lara, 11 Jahre

Sie hat zwar schon oft Stolpersteine gesehen, etwa in der Nähe ihrer Grundschule, berichtet Lara. „Aber ich wusste nicht, was sie bedeuten. Antonie hat mir das so grob erklärt, und dann meine Mutter etwas ausführlicher.“ Lara will künftig öfter mal das Handy zücken und die App nutzen, wenn sie Stolpersteine findet – etwa beim Spazieren mit ihrer Oma.

Mehr Infos

Die App ist gedacht für Schülerinnen und Schüler ab der fünften Klasse. Du kannst aber deine Eltern fragen, ob ihr sie euch gemeinsam anschauen wollt. Die Inhalte finden sich auch auf einer Website, man kann also alles in Ruhe am Computer ansehen. Auf der Website finden Lehrkräfte viele Anregungen, wie sie die Geschichte der Stolpersteine und die der Menschen dahinter in ihren Unterricht einbauen können.