Weihnachtsgeschichte 3: Ein langer Satz

Weihnachtsgeschichte 3: Ein langer Satz
Hä? Wie geht der Text? In diesem Teil unserer Weihnachtsgeschichte proben die Kinder ihre Auftritte. (Illustration: Schulmeyer)

Tom und seine Mitschüler proben für das Krippenspiel. Hier liest du Teil 3 unserer Weihnachtsgeschichte:

Jetzt ist es nur noch eine Woche, bis wir in der Aula das Krippenspiel für unsere Eltern aufführen. Unsere Lehrerin Frau König hat gesagt, dass es langsam Zeit wird, unsere Texte zu lernen. Die Hirten, der Ochse und der Esel hatten Glück. Die haben keinen Text, die brauchen einfach nur auf der Bühne rumzustehen und müssen nichts tun.

Die einzigen, die etwas sagen müssen, sind Anna, Achmed und ich. Anna und Achmed spielen die Maria und den Josef und ich bin der Wirt von der Herberge, in der kein Platz mehr für die beiden ist. Deswegen wird Jesus ja auch in einem Stall geboren.

Dass ich auch was sagen muss, wusste ich bis dahin gar nicht. Davon hat meine Lehrerin mir nichts erzählt, als sie mich gefragt hat, ob ich den Wirt spielen möchte. Richtig reingelegt hat sie mich.

„Kann ich den beiden nicht einfach die Tür vor der Nase zuknallen?“, habe ich gefragt. „Da muss ich doch gar nichts sagen. Dann ist doch klar, dass in meinem Hotel kein Platz mehr für Anna und Achmed ist.“

„Das wäre aber sehr unfreundlich, Tom“, hat meine Lehrerin geantwortet. „Du sagst einfach: Leider ist meine Herberge schon voll, aber wenn ihr wollt, könnt ihr gerne in meinem Stall übernachten.“

„Ich glaube nicht, dass ich mir das merken kann“, habe ich gesagt, weil das ja wirklich ein ziemlich langer Satz war. Da hat Frank gelacht und das war echt fies. Der hat einen der Engel gespielt und da brauchte er nichts zu sagen. Dafür musste er eine Perücke mit blonden Haaren tragen. Da habe ich gelacht, als er die aufgesetzt hat. Fast hätten wir uns wieder geprügelt, aber dann ist uns beiden eingefallen, dass ja schon fast Weihnachten ist und man da nett zueinander sein soll.

Anna hatte für die Proben ihre Puppe dabei. Die sollte das Jesuskind spielen. Anna hatte aber vorher nie erwähnt, dass die Puppe ganz schwarz ist. Da haben wir alle neugierig geguckt, was unsere Lehrerin dazu sagt. Aber die hat nur kurz überlegt und dann erklärt: „Die Hautfarbe ist doch völlig egal. Die Menschen sind alle gleich, ob sie nun schwarz, weiß, rot oder gelb sind.“

Nicht egal war, dass Annas Puppe sprechen kann. Die hat nämlich ständig „Mama“, „Hunger“ und „Pipi“ gerufen.

„Keine Sorge, das kann man abstellen. Ich nehme einfach die Batterien raus“, hat Anna gesagt und da war unsere Lehrerin beruhigt.

Wir haben dann lange in der Aula geprobt. Die Herberge war die Villa Kunterbunt und der Stall war die Hütte von Pippis Vater, der in der Südsee lebt. Wir hatten es ja nicht geschafft, rechtzeitig eigene Kulissen zu bauen. Und die Villa und die Hütte standen noch von der letzten „Pippi Langstrumpf“-Aufführung der Viertklässler rum.

Das war praktisch, da konnten wir die gleich übernehmen.

Wir haben die ganze Woche lang geprobt. Sogar am Nachmittag. Aber am Ende konnte ich meinen Text immer noch nicht. Ich habe ständig was vergessen.

Entweder, dass die Herberge schon voll ist, oder dass Maria und Josef in meinem Stall schlafen können. Der Satz wollte einfach nicht rein in meinem Kopf. Aber noch war ja ein bisschen Zeit, bis zu unserem Krippenspiel. Das war ja erst am letzten Tag vor den Ferien.

Von Rüdiger Bertram (Text), Heribert Schulmeyer (Illustration)

Die anderen Folgen kannst du hier nochmal lesen:

Teil 1: Die Hauptrolle hat ein Baby Teil 2: Eine kunterbunte Herberge

Hier findest du alle Teile der Geschichte sortiert:

Teil 1: Ein Baby in der Hauptrolle Teil 2: Eine kunterbunte Herberge Teil 3: Ein langer Satz Teil 4: Ein neues Ende

Mehr über die Macher:

Interview mit unseren Geschichten-Erfindern