Tote Bäume zum Leben erwecken

Der Künstler Olivier Jaffrot hat einen besonderen Arbeitsplatz. Er ist Bildhauer und arbeitet im Park. Hier gestaltet er aus toten Bäumen lebendige Skulpturen.
Die Temperaturen sind milde, auch regnet es kaum. Olivier Jaffrot hat Glück mit dem Wetter. Es ist Herbst, und der Künstler arbeitet draußen in einem Berliner Park. „Früher habe ich zu Hause kleine Holzskulpturen gemacht. Dann wollte ich größer arbeiten. Dafür fehlte mir aber der Platz. Und so bin ich hierher gekommen“, erzählt der Mann.
Vier Skulpturen hat Herr Jaffrot im Park schon aus umgestürzten oder abgesägten Bäumen gestaltet. „Ich möchte das tote Holz wieder zum Leben erwecken“, sagt der Künstler. Die geschwungenen Formen, die er aus dem Holz schnitzt, wirken wie eine Bewegung. So wie auch die Wurzeln, die er aus der Erde gegraben hat. Durch eine Bemalung mit Lasur glänzt das Holz. Schön weich fühlt sich die Oberfläche an.
Gerade ist Herr Jaffrot damit beschäftigt, den Baumstumpf einer Eiche zu bearbeiten. Der Baum musste abgesägt werden. Denn er war von Insekten befallen und von innen abgestorben.
Echte Zusammenarbeit
Zum Arbeiten benutzt Herr Jaffrot einen Hohlbeitel. Mit dem Werkzeug kann man Holz auf besonders feine Art ausstechen. Dafür setzt man den Beitel ans Holz und schlägt hinten mit einem Hammer drauf. Schon spaltet sich ein Span ab. Durch den halbkreisförmigen Hohlraum des messerscharfen Werkzeugs hat das Holz eine runde Form bekommen. Die Oberfläche ist schön glatt. „Wichtig ist, dass man in die richtige Richtung arbeitet, also entlang der Jahresringe“, erklärt der Künstler. „Ich und der Baum arbeiten zusammen“, betont er.
Herr Jaffrot besitzt Beitel in verschiedenen Größen, die er je nach Bedarf wechselt. Zu seinen Werkzeugen gehören außerdem ein Pinsel, mit dem er die Späne wegfegt, und eine kleine Schaufel. „Damit lege ich die Wurzeln frei“, erklärt er. Diese Arbeit ist ganz schön anstrengend. Es dauert auch, bis alles geschnitzt und zum Schluss mit einer Schutzlasur eingepinselt werden kann. „Ein bis zwei Jahre brauche ich dafür“, sagt Olivier Jaffrot.
Nicht für die Ewigkeit
Fertig ist die Skulptur damit nicht. Nun übernimmt wieder die Natur das Werk. „Dann wachsen Pilze und Moos darauf, und Mäuse und Käfer nagen an dem Holz“, erklärt Herr Jaffrot. Seine Kunstwerke sind nicht für alle Ewigkeiten gemacht. Mit der Zeit setzen Insekten, Wind und Wetter dem Holz so stark zu, dass es verfällt. An einer Skulptur lässt sich das schon beobachten.
Der 47-Jährige ärgert sich nicht darüber. „Das Einzige, was mich frustriert, sind Leute, die meine Kunstwerke kaputtmachen“, sagt er. Wenn Menschen auf die Skulpturen klettern, geht der Schutzlack ab. „Dann dringt Feuchtigkeit ins Holz, und alles verrottet schneller“, erklärt er. Aus diesem Grund hat der Künstler ein Schild neben seinen Kunstwerken angebracht. „Bitte nicht klettern“ steht darauf.
Von Karlotta Ehrenberg (dpa)