Gibst du mir was ab?

Gibst du mir was ab?
Statt selbst essen kann man die Schokolade teilen. (Foto: dpa)

Der Umzug mit der Laterne, das gemeinsame Singen, das riesige Martinsfeuer. All diese typischen Sankt-Martins-Dinge müssen dieses Jahr wegen Corona leider ausfallen. Eine Sache aber ist immer noch möglich: Teilen. Denn auch darum geht es an Sankt Martin.

Die Geschichte

Vielleicht erinnerst du dich an die Geschichte von Sankt Martin. Falls nicht, kommt hier eine kleine Zusammenfassung: Martin wurde um das Jahr 316 nach Christus geboren. Als Erwachsener war er ein Soldat in der römischen Armee. An einem kalten Wintertag ritt er an einem frierenden Bettler vorbei. Martin hatte Mitleid mit dem armen Mann. Er stieg vom Pferd, teilte seinen großen, warmen Soldaten-Mantel und schenkte dem Bettler die eine Hälfte.

In der Nacht träumte Martin von dem Bettler, der ihm sagte, dass er in Wahrheit Jesus Christus sei. Nach diesem Erlebnis ließ Martin sich taufen und wurde Christ. Später wurde er sogar Bischof der Stadt Tours, das liegt heute in Frankreich, und soll viele Wunder vollbracht haben. Nach seinem Tod wurde er heiliggesprochen.

Dass Sankt Martin seinen Mantel geteilt hat, war natürlich sehr nett. Aber mal ehrlich: Eigentlich teilen wir doch auch in unserem Alltag, oder? Wir teilen unsere Schokolade mit den Geschwistern, die Buntstifte mit der Freundin und den Fußball auf dem Schulhof. Aber warum machen wir das eigentlich? Mit dieser Frage beschäftigen sich bestimmte Wissenschaftler, nämlich Psychologen, schon lange. Sie haben einige interessante Antworten gefunden, die wir dir hier vorstellen wollen.

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1. Teilen will gelernt sein

Wenn wir klein sind, fällt uns Teilen schwer. Doch Psychologinnen haben in einem Versuch herausgefunden, dass auch Dreijährige teilen können. Jemandem, der traurig war, schenkten sie nämlich ihre Sticker. Besonders gerne machten sie das, wenn sie selbst entscheiden durften, ob sie ihre Sticker abgeben wollten – und nicht die Eltern das gesagt hatten. Doch Forscher sagen auch: Der Bereich in unserem Gehirn, der für Gerechtigkeit zuständig ist, entwickelt sich erst mit der Zeit.

2. Einzelkinder teilen mehr

Ja, du hast richtig gelesen. Forscher haben herausgefunden, dass Einzelkinder besser teilen können, als Kinder mit Geschwistern. Das liegt vermutlich daran, dass Geschwisterkinder mehr schlechte Erfahrungen mit ihren eigenen Sachen gemacht haben. Denn klar, Schwester oder Bruder essen – ganz aus Versehen natürlich – schon mal die Schokolade von Oma auf, oder mopsen das neue Puzzle. Diese Erfahrung haben Einzelkinder nicht gemacht. Stattdessen haben sie gelernt: Wenn ich teile, bin ich beliebt.

3. Teilen als Vorteil

Denn je älter wir werden, desto eher verstehen wir: Wenn wir teilen, können wir vielleicht auch etwas zurückbekommen. Zum Beispiel: Wenn ich mit meiner Sitznachbarin die Buntstifte teile, darf ich morgen vielleicht ihre Filzstifte nutzen. Wer teilt, macht sich beliebt und gewinnt Freunde, auf die er zählen kann. Deswegen teilen wir gerne mit Menschen, die wir kennen und mögen. Am liebsten teilen wir übrigens mit den Menschen, mit denen wir verwandt sind, nämlich innerhalb der Familie.

4. Teilen macht gute Gefühle

Das hört sich jetzt so an, als würden wir nur teilen, weil wir etwas zurückbekommen wollen. Viele dieser Entscheidungen treffen wir aber, ohne bewusst darüber nachzudenken. Und tatsächlich teilen wir manchmal auch einfach so – ohne einen Nutzen davon zu haben. Besonders oft passiert das übrigens, wenn man sehr gut nachfühlen kann, wie es der anderen Person geht. So wie Martin, der sich wohl vorstellen konnte, wie furchtbar kalt es dem Bettler ist. Und wenn wir dann geholfen haben, fühlen wir uns oft gut und leicht. Ein schönes Gefühl.

Also: Wie wäre es, wenn du deinen Weckmann heute mit deiner ganzen Familie teilst? Ja, auch mit der nervigen kleinen Schwester oder dem besserwisserischen großen Bruder. Denn ganz ehrlich: Die haben wir doch eigentlich ziemlich lieb, oder?

Von Angela Sommersberg