Auf dem Rücken der (Stecken-)Pferde

Eine Reportage über ein ungewöhnliches Hobby
Auf den ersten Blick wirkt es vielleicht ein bisschen lustig. Aber dahinter verbirgt sich ein anspruchsvoller Sport. Die Rede ist vom Hobby Horsing. Mathilda, Chiara und Anastasia zeigen, wie es geht.
Hüja, Pferdchen!
„Jetzt trabt mal an“, hört man Mathildas Stimme durch die Turnhalle rufen. Chiara und Anastasia setzen sich in Bewegung – und in großen, schnellen Schritten traben sie einmal kreuz und quer durch die Halle. Rhythmisch klatschen die Turnschuhe auf dem Hallenboden. „Immer schön die Zehenspitzen zuerst aufsetzen. Den Oberkörper etwas zurücknehmen“, hört man Mathilda sagen.
Es ist Mittwochnachmittag und in der Turnhalle in Brauweiler findet das Training für das Hobby Horsing statt. Hobby … was? Auf Deutsch könnte man sagen: Hier wird mit einem Steckenpferd geritten. Es besteht aus einem kurzen Stab, den man sich zwischen die Beine klemmt und einem Pferdekopf aus Stoff vorne dran. Entstanden ist der Sport ursprünglich in Finnland, einem Land im Norden Europas. Seit ein paar Jahren gibt es ihn auch in Deutschland – und immer mehr Kinder machen dabei mit. Vor allem bei jungen Mädchen ist Hobby Horsing super beliebt. Deshalb bieten auch etliche Vereine diese Sportart mittlerweile an, so wie der Turn- und Sportverein Brauweiler.
Ein anstrengender Sport
Mathilda ist 14 und leitet das Training. Sie hat selbst vor rund drei Jahren damit angefangen. Zusammen mit einer Freundin hat sie sich Videos angeschaut und es dann einfach ausprobiert. Mathilda weiß: Hobby Horsing wirkt auf viele zunächst kurios. „Das ist aber ein richtig anstrengender Sport. Man braucht eine gute Ausdauer und extrem viel Körperbeherrschung“, erzählt die Schülerin. Und noch etwas ist nötig: Sprungkraft! In der Halle sind jetzt mehrere Hindernisse aufgestellt worden und über die wollen die Mädchen nun drüber springen. Die Hindernisse kann man in der Höhe verstellen – und am Ende wird die Latte einen Meter hoch liegen! Du kannst ja mal einen Meterstab nehmen und nachschauen, wie irre hoch das ist. Gerade bereitet sich Chiara auf ihren Sprung vor: Mit dem Steckenpferd zwischen den Beinen nimmt sie Anlauf, in schnellen Galopp-Schritten rennt sie auf das gelbe Hindernis zu. Dann springt sie mit dem linken Bein ab, zieht das rechte Bein ganz dicht vorne an den Körper heran – und ist drüber. Wow! Im Galopp geht es dann auch gleich wieder zurück.
Regeln wie beim Reiten
Die Hobby Horses unterscheiden sich von gewöhnlichen Steckenpferden. Sie haben zum Beispiel einen viel kürzeren Stab und seitlich haben sie auch keine Griffe aus Holz. Stattdessen haben sie Trensen und Zügel – wie bei einem richtigen Pferd eben. Und auch die Kommandos und Regeln sind wie beim richtigen Reiten: Es gibt Schritt, Trab und Galopp. Wenn man beispielsweise eine Kurve nach rechts reitet, dann muss die rechte Hand vorne sein und auch das rechte Bein. Reitet man eine Linkskurve ist es genau andersherum: Dann sind die linke Hand und das linke Bein vorne. Wie beim Reitsport gibt es auch beim Hobby Horsing verschiedene Disziplinen und sogar ganze Turniere werden veranstaltet.
Jedes Pferd ist anders
Wusstest du, dass jedes Hobby Horse einen eigenen Namen hat? Das ist so wie bei den richtigen Pferden auch. Das Pferd von Mathilda heißt zum Beispiel „ML/Kaiserin Elisabeth“. Von Mathilda wird es aber einfach nur „Sisi“ genannt. Vielleicht wunderst du dich, was die Buchstaben ML bedeuten. Die Abkürzung steht für den Hersteller. Es geht aber noch weiter! Beim Hobby Horsing gibt es sogar unterschiedliche Pferderassen. Mathildas „Sisi“ ist zum Beispiel ein Deutsches Sportpferd. Die 11-jährige Anastasia reitet den pechschwarzen „Colorado“, ebenfalls ein Deutsches Sportpferd. Chiara hat ein sogenanntes Paint Horse. Das erkennt man besonders gut an seinem gescheckten Fell.
Ein Pferd selbst gemacht
Chiara dreht ihr Hobby Horse hin und her und zeigt es stolz von allen Seiten. „Das habe ich selbst gemacht“, erzählt die 14-Jährige. An dem Pferdekopf hat sie etwa vier Tage genäht und gebastelt. Wie das Pferd aussehen soll, hat sich Chiara selbst ausgedacht. Sie hat die Farbe des Fells bestimmt und auch die Farbe der Mähne. Die Pferde werden mit einer speziellen Watte oder Stopfwolle ausgestopft. Und natürlich dürfen auch die Glasaugen nicht fehlen. Denn die Tiere sollen möglichst realistisch aussehen.