Auch an Weihnachten ist Nein sagen okay

Auch an Weihnachten ist Nein sagen okay
Kinder dürfen Erwachsenen Grenzen setzen. Foto: Insa Sanders/dpa

Nein, ich möchte das nicht. Diesen Satz zu sagen, fällt vielen schwer. Dabei ist er wichtig. Zum Beispiel, wenn Familienmitglieder Grenzen überschreiten.

An Weihnachten kommt oft die ganze Familie zusammen: Oma, Opa, Tanten, Onkels, Cousins und Cousinen sind dann vielleicht auch mit dabei. Das kann ein schönes Treffen sein, auf das sich jeder freut. Es kann aber auch passieren, dass man sich in bestimmten Situationen unwohl fühlt. Zum Beispiel, weil Oma einen immer abknutschen will. Oder Onkeln und Tanten einem ständig den Kopf tätscheln. Aber das muss sich niemand gefallen lassen. Besonders, wenn dabei persönliche Grenzen überschritten werden.

Du hast dir viel Mühe mit der Deko für Weihnachten gegeben? Das sollten andere respektieren und sie nicht durchs Anfassen kaputt machen. Foto: Insa Sanders/dpa

„Die eigenen Grenzen zu kennen und auch nach außen zu kommunizieren ist einfach superwichtig“, sagt Verena Müller von Drachenstark Coaching. Sie arbeitet als Trainerin für Selbstbehauptung für Kinder. Das bedeutet: Sie bringt Kindern und Jugendlichen bei, wie sie selbstsicher und gestärkt durchs Leben gehen können. Dazu gehört auch: Grenzen setzen.

Im roten Bereich

„Es ist immer dann eine persönliche Grenze erreicht, wenn ich merke, ich fühle mich in einer Situation unwohl“, erklärt Verena Müller. Um zu spüren, ob eine Grenze erreicht ist, muss man gut in sich
hineinfühlen.

Verena Müller sagt, man könne sich das so vorstellen: „Wir haben so eine Art Kompass in uns.“ Der zeige auf einen grünen Bereich, wenn sich Dinge gut anfühlten. „Und er zeigt in den roten Bereich bei Dingen, die sich eher schlecht anfühlen. Und so etwas wie Angst, Unsicherheit, Wut – das fühlt sich halt schlecht an.“ Zeige der Kompass in den roten Bereich, dann sei wohl eine Grenze erreicht. „Und dann darf ich das auch sagen.“

Verena Müller trainiert Kinder und Jugendliche, für sich einzustehen. Foto: privat/dpa

„Eine unfaire Situation“

Doch genau das fällt vielen Menschen schwer. Verena Müller sagt, das liege auch daran, dass wir uns nicht unbeliebt machen wollten. Wir denken dann vielleicht, dass zum Beispiel die Oma nach einer Zurückweisung enttäuscht sein könnte. Schließlich möchte sie mit einem Küsschen wahrscheinlich nur ihre Liebe zeigen.

Frau Müller sagt, Erwachsene würden nicht richtig reagieren, wenn sie dann ihre Enttäuschung zeigen. „Gerade für Kinder ist das natürlich eine unfaire Situation.“ Denn: Auch Kinder dürfen Erwachsenen Grenzen 
setzen.

Das Recht, sich gut zu fühlen

„Jeder Mensch hat das Recht, sich gut zu fühlen und dass seine Grenzen respektiert werden“, sagt die Trainerin. Sie schlägt vor: Wer Grenzen setzt, kann eine Alternative anbieten. Man könnte dann etwa sagen: Statt dem Abknutschen wäre eine Umarmung schöner. Oder wenn dir jemand mit dem Daumen Schokolade von der Wange reibt: Hättest du ein Taschentuch für mich?

Klare Worte sind beim Grenzen setzen wichtig. Dabei helfe auch eine starke Körperhaltung, sagt Verena Müller. „Wenn ich so zusammengekauert bin und nur leise sage: ‘Nein, ich möchte das nicht’, dann kommt das ganz anders an, als wenn ich mich aufrechter hinstelle.“

Von Insa Sanders (dpa)