Ein Stück kölsche Kultur seit 1802 – Hänneschen

Ein Stück kölsche Kultur seit 1802 – Hänneschen
Foto: Uwe Weiser

Kennst du Tünnes und Schäl, Hänneschen und Bärbelchen? Wenn ja, dann warst du mit deiner Schulklasse oder deiner Familie bestimmt schon einmal im Hänneschen-Theater in der Kölner Altstadt. Das ist ein ganz besonderes Puppentheater mit langer Tradition und Geschichte.

Viele Kölner – und nicht nur Kinder – lieben das „Hänneschen“, weil es für sie etwas typisch Kölsches ist. Ein ganz besonderer Teil kölscher Kultur. Silke Essert ist Puppenspielerin und Regisseurin des diesjährigen Weihnachtsmärchens „Dä ieskale Schäl“. Auf Hochdeutsch bedeutet das: Der eiskalte Schäl. Silke Essert hat uns hinter den Kulissen des Puppentheaters herum geführt.

Das Theater

Foto: Uwe Weiser

Das Hänneschen-Theater ist ein traditionelles Stockpuppentheater. Menschen spielen das Theater mit Puppen, die an langen Stöcken befestigt sind. Im Hänneschen-Theater am Eisenmarkt arbeiten rund 25 festangestellte Mitarbeiter – 14 davon sind Puppenspieler. Das Puppentheater gibt es schon seit dem Jahr 1802, also seit 216 Jahren. Es ist die älteste und größte Mundart-Puppenbühne im deutschsprachigen Raum. Mundart ist ein anderes Wort für Dialekt. Also eine Sprache, die in einer bestimmten Region gesprochen wird. Alle Stücke werden auf Kölsch geschrieben und gespielt. Jedes Jahr gibt es sechs neue Stücke und 270 Vorstellungen. In der Karnevalszeit werden hier auch Puppensitzungen aufgeführt. Das Ensemble, also die Puppenspieler, führen die Stockpuppen selbst – sie sprechen, singen und spielen live.

Die Puppen

Foto: Uwe Weiser

Die Köpfe der Puppen werden aus Lindenholz geschnitzt und mit Plaka-Farben angemalt. „Die Gesichtszüge werden ganz deutlich und überzogen herausgearbeitet, damit das Publikum die Gesichter auch in der letzten Reihe noch gut erkennen kann“, erzählt Puppenspielerin Silke Essert. Ihre Lieblingspuppe im aktuellen Weihnachtsmärchen ist „Der Sommer“: Ein cooler Typ mit Sonnenbrille, abstehenden blonden Haaren und gelbem Anzug. Die Kleidung der Puppen wird von den Mitarbeitern selbst in der Werkstatt des Theaters hergestellt. Genau wie die Kulissen und die Figuren selbst. Während der Vorstellungen können die Spieler den Puppen immer wieder andere Kleidung anziehen. Der Ort, in dem die Hänneschen-Stücke spielen, heißt Knollendorf. Die Bewohner wie Tünnes, Schäl, Röschen, Hänneschen und Bärbelchen sind „die Knollendorfer“.

So geht das Puppen-Spielen

Foto: Uwe Weiser

„Puppenspielen ist für Anfänger gar nicht so einfach“, erklärt Silke Essert. Es braucht rund drei bis vier Jahre, um diese Kunst perfekt zu beherrschen. Das liegt auch daran, dass dabei voller Körpereinsatz gefragt ist. Die meisten Puppen im Hänneschen-Theater wiegen vier bis fünf Kilogramm. Sie werden an einem Tragestock geführt. So übertragen sich die Schritte und Laufbewegungen der Puppenspieler auf die Puppe. Die rechte Hand der Puppe ist in der Regel mit einem Führstab verbunden. So können die Puppenspieler die Gesten und Bewegungen der Puppen gut darstellen. Einige Figuren, vor allem mehrbeinige Tiere, Krokodile, Vögel und Schlangen oder auch andere Dinge auf der Bühne, werden anders bewegt. Dann kommen bis zu sechs Stöcke zum Einsatz.

„Hinger dr Britz“

Foto: Uwe Weiser

Gespielt wird „hinger dr Britz“. Das bedeutet „hinter der Balustrade“. Gemeint ist damit eine über 1,80 Meter hohe, versenkbare Holzwand. Sie verdeckt während der Vorstellungen die Puppenspieler, das Publikum kann sie nicht sehen. Die Bühne ist technisch so ausgestattet, dass Gegenstände, Puppen und Kulissen sowohl von oben nach unten und umgekehrt auftauchen und wieder verschwinden können.

 

 

 

Die Arbeit der Regisseurin

Foto: Uwe Weiser

Silke Essert hat in den vergangenen Jahren schon sechs Hänneschen-Stücke für Kinder geschrieben. „Die Ideen für die Geschichten kommen mir überall. Zum Beispiel in der Sauna oder beim Sport“, sagt sie. Auch ihre eigenen Kinder helfen ihr manchmal dabei. Den Titel „Dä ieskale Schäl“ hat sich zum Beispiel ihre Tochter ausgedacht. Die Herausforderung ist, ein Stück so zu schreiben, dass es die Kinder von Anfang bis Ende fesselt. „Wenn die Kinder im Publikum ruhig sind, dann ist das Stück gut“, sagt Essert. Wichtig ist, das Stück so zu schreiben, dass die Handlung einen „Spannungsbogen“ hat. Das bedeutet, dass die Zuschauer aufmerksam bleiben, weil sie wissen wollen, was als nächstes passiert.

 

 

 

 

Das Weihnachtsmärchen „Dä ieskale Schäl“

Foto: Uwe Weiser

In diesem Stück versucht der fiese Schäl sich mal wieder an den Dorfbewohnern zu bereichern. Er bietet den Knollendorfern an, mit seiner Schneekanone für viel Schnee an Weihnachten zu sorgen, wenn sie ihn dafür teuer bezahlen. Im Himmel beschließt der Hillije Mann: So kann es nicht weitergehen! Als Schäl am nächsten Morgen erwacht, traut er seinen Augen kaum: Statt seines Kopfes trägt er jetzt einen riesigen Schneemannkopf auf seinen Schultern. Um von diesem Fluch befreit zu werden, braucht er die Hilfe aller Knollendorfer.

Tickets
Das diesjährige Weihnachtsmärchen ist leider schon ausverkauft, die Tickets sind sehr begehrt und gehen immer schon ab April des jeweiligen Jahres in den Verkauf. Es gibt aber noch Karten für die Kinderpuppen-Sitzung. Diese findet vom 25.1. bis 1.3.2019 jeweils mittwochs bis freitags um 16 Uhr statt. Karten kosten für Kinder 8,50 Euro und für Erwachsene 15 Euro.
www.haenneschen.de

Von Christina Rinkl