Warum Milchbauern wenig verdienen

Warum Milchbauern wenig verdienen
Die Kühe geben Milch – obwohl nicht mehr so viel gebraucht wird. (Foto: dpa)

Wenn morgens um Viertel nach fünf der Wecker klingelt, trinkt Bernd Demmer (56) schnell eine Tasse Kaffee und steigt in seine Arbeitskleidung. Bevor es für ihn Frühstück gibt, versorgt er drei Stunden lang Kühe und Jungvieh: Er füttert und melkt sie. Bernd Demmer ist Landwirt in Waldbröl im Bergischen Land. Täglich produziert sein Betrieb etwa 1200 Liter Milch und verkauft sie an eine Molkerei. Wir haben mit ihm über seine Arbeit gesprochen – und erklären, warum sich Experten zum Milchgipfel getroffen haben.

Wie arbeitet Milchbauer Bernd Demmer?

Bernd Demmer (Foto: privat)

Bernd Demmer (Foto: privat)

70 Kühe, 80 junge Tiere und ein Bulle stehen bei Bernd Demmer auf dem Hof. Die Kühe laufen frei im großen Stall herum. Im Sommer dürfen sie auf die Weide und kommen nur morgens und abends zum Melken rein. Alle zwei Tage holt ein Laster der Molkerei die Milch ab. Dort wird sie in Kartons verpackt oder zu Käse, Joghurt oder Milchpulver weiterverarbeitet. Für einen Liter Milch bezahlt die Molkerei Bernd Demmer 20 bis 24 Cent. „Es kostet mich aber 32 bis 34 Cent, diesen Liter zu produzieren“, sagt er.

Man kann sich einfach ausrechnen: Bernd Demmer gibt für jeden Liter Milch etwa zehn Cent mehr aus, als er bekommt. „Das passt hinten und vorne nicht.“ Und das, obwohl er und seine Frau jeden Tag 14 Stunden auf dem Bauernhof arbeiten. Nach Schulschluss helfen auch die beiden Kinder mit.

Warum bekommt er  so wenig Geld?

Viele Produkte werden immer teurer – Milch jedoch immer billiger. Erst Anfang Mai hat Aldi den Preis für Milch reduziert, von 59 Cent auf 46 Cent. Das Problem: Es gibt zu viel Milch auf dem Markt.

Kurz gesagt, funktioniert die Wirtschaft so: Produkte, von denen es viel gibt, sind günstiger als Produkte, von denen es wenig gibt. Deswegen können die Molkereien ihre Produkte günstig an die Supermärkte verkaufen – und die können ihren Kunden einen guten Preis machen.

Dass Milch heute billiger ist als früher, hat verschiedene Gründe: Viele Landwirte haben eine bessere Technik, mehr Kühe und produzieren mehr Milch. Vor einigen Jahren war das wichtig: Damals haben die Menschen in Asien angefangen, mehr Milch zu trinken – und Milchpulver aus Europa gekauft. Auch die Molkerei von  Bernd Demmer liefert Milchpulver nach China. Mittlerweile ist die Nachfrage in Asien nicht mehr so groß. Und Milchlieferungen nach Russland sind verboten worden.  Die Kühe geben aber weiterhin so viel Milch wie zuvor.

Wie geht es für die Milchbauern weiter?

Obwohl Milchbauern wie Bernd Demmer Hilfsgelder von der Europäischen Union, Deutschland und Nordrhein-Westfalen bekommen, machen sie hohe Verluste. Immer mehr Bauern müssen ihren Hof aufgeben. Noch kommt das für Bernd Demmer nicht infrage, aber es könnte auch ihm passieren. „Eigentlich wollte mein Sohn den Hof  übernehmen, aber wenn es so weitergeht, lohnt sich das nicht.“ Am Montag hat sich Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt mit Vertretern des Handels und der Milchwirtschaft getroffen. Auf diesem sogenannten Milchgipfel haben sie beschlossen, den Bauern mit mindestens hundert Millionen Euro zu helfen. Doch Kritiker sagen, dass das nicht hilft. „Statt weitere Hilfsgelder würde ich lieber 40 Cent für einen Liter Milch bekommen und mich selbst versorgen können“, sagt Bernd Demmer. Doch dafür müssten die Händler die Preise für Milch erhöhen – und wir alle müssten bereit sein, mehr Geld für Milchprodukte auszugeben.

Besucht Hof Demmer

Ihr wollt sehen, wie es auf dem Hof von Bernd Demmer aussieht, wie seine Kühe leben  und wie er dort arbeitet? Das können Schulklassen und Gruppen ab 15 Personen tun. Per Mail könnt ihr einen Termin mit ihm ausmachen:
demmer.bernd@yahoo.de

Von Angela Sommersberg