Warum hat man Angst im Dunkeln?

Warum hat man Angst im Dunkeln?
Zu ängstlich zum Schlafen? Das ist ganz normal! (Foto: thinkstock)

Die Straße ist dunkel, es ist windig, die Blätter rascheln, überall huschen Schemen herum. Das Herz pocht, der Kopf wird schwindelig, die Knie weich, der Bauch flau: So fühlt sich Angst an. Jetzt im Herbst spüren wir sie wieder deutlicher als im Sommer – die Angst vor der Dunkelheit. Vor allem, wenn am Wochenende die Zeit umgestellt wird, müssen wir den Weg zum Fußballplatz wieder im Dunkeln zurücklegen. Doch warum fürchten wir uns? Was können wir tun? Das haben wir Professorin Silvia Schneider gefragt. Sie ist Psychologin und Expertin für Ängste.

Warum haben wir Angst?

Angst kennt jeder, denn dieses Gefühl ist fest in unserem Körper verankert. „Angst schützt uns und hilft, schnell zu handeln“, sagt Silvia Schneider. Wenn Gefahr droht, reagiert der Körper automatisch: Das Nervensystem wird aktiviert, der Stoff Adrenalin ausgeschüttet, das Herz schlägt stärker. Unser Körper sammelt Kraft, um schnell fortzulaufen oder zu kämpfen. Diese Reaktion haben Menschen in Millionen Jahren beim Überleben geholfen.

Denn, wenn plötzlich ein Tiger vor dem Urzeitmenschen stand, blieb keine Zeit nachzudenken. Der Kopf, der die Situation erklären kann, schaltet sich erst später ein. Angst vor Dunkelheit haben die Menschen schon immer. „Im Dunkeln sind wir unsicher, denn wir erkennen unsere Umgebung nicht richtig“, sagt Silvia Schneider.

Fürchten sich alle Kinder?

„In bestimmten Phasen haben Kinder typische Ängste“, sagt die Expertin. Angst vor der Dunkelheit entwickeln Kinder oft im Alter von drei oder vier Jahren. Dann glauben sie, dass unter dem Bett ein Monster lebt. „In dieser Zeit lernen Kinder, sich Sachen vorzustellen“, sagt Silvia Schneider. Nur so kannst du voraussehen, was passieren könnte, wenn du zum Beispiel die Wand in deinem Zimmer bunt anmalst. „Am Anfang dieser Phase können Kinder noch nicht richtig unterscheiden, was Wirklichkeit und was Fantasie ist“, sagt die Expertin.

Deswegen wirkt das Monster für jüngere Kinder real – und sie bekommen Angst. Doch auch, wenn du nicht mehr an Monster glaubst, kann der Gang über die dunkle Straße für dich unheimlich sein – schließlich kannst du deine Umgebung nicht deutlich sehen.

Und die Erwachsenen?

Dass Erwachsene selten Angst vor Dunkelheit haben, liegt daran, dass sie schon oft über eine düstere Straße gegangen sind – ohne, dass etwas passiert ist. Sie haben gelernt, dass eigentlich nichts passiert.  „Die Angst bekommt man nur in den Griff, wenn man sich ihr immer wieder stellt – und gegen sie gewinnt“, sagt Silvia Schneider. So wird die Angst bei dir abnehmen, je älter du wirst.

Was kannst du tun?

„Natürlich sollte man sich nicht absichtlich in gefährliche Situationen begeben, also zum Beispiel nachts durch einen einsamen Tunnel gehen“, sagt Silvia Schneider. „Aber wenn die Straße eigentlich sicher ist und die Angst unbegründet, dann sollte das Kind üben, alleine zu gehen.“ Sag dir: Ich schaffe das. Du kannst nicht viel dagegen tun, dass die Angst-Reaktionen auftreten, aber du entscheidest, ob du dich in die Angst hineinsteigerst oder sie besiegst. Mach dir Mut mit deinen Gedanken.

Am Anfang darfst du auch  Hilfsmittel benutzen: Geh die ersten hundert Schritte zusammen mit deiner großen Schwester oder nimm eine Taschenlampe mit. „Besonders  wenn es schwerfällt, sollte man sich der Angst stellen“, sagt Silvia Schneider. „Man darf sich nicht von ihr abhalten lassen.“ Denn: Man kann nur mutig sein, wenn man Angst kennt.

Zeitumstellung

In der Nacht von Samstag auf Sonntag werden die Uhren um eine Stunde zurückgestellt:  von drei auf zwei Uhr. Dann ist es morgens früher hell und abends früher dunkel.

Die Horror-Clowns

Zurzeit fürchten einige Kinder sich besonders davor, im Dunkeln auf die Straße zu gehen. Sie haben Angst, von einem sogenannten  Horror-Clown  erschreckt zu werden.

Doch diese Angst sollte dich nicht davon abhalten, nach draußen zu gehen, sagt Silvia Schneider. „Die Wahrscheinlichkeit, so einem Clown zu begegnen, ist gering.  Man sollte  sich von dieser Angst  nicht  einschränken lassen.“

Hier erfährst du mehr über die gruseligen Clowns:

Horror-Clowns

Von Angela Sommersberg