Nachricht aus dem Krieg

Nachricht aus dem Krieg
Alaa hat einen Brief an die Kinder in Deutschland geschrieben. (Foto: UNICEF/ Syria 2016/ Khudr Al- Issa)

Wenn dir kalt ist, drehst du die Heizung höher. Auch in Syrien ist Winter – doch  dort geht das  nicht. In dem Land herrscht seit fast sechs Jahren Bürgerkrieg. Im Frühjahr 2011 demonstrierten  Menschen gegen die Politik des Herrschers Baschar al-Assad. Doch die Regierung ließ die Proteste dieser Rebellen mit Gewalt beenden.

Die Rebellen wehrten sich, immer mehr Gruppen beteiligten sich und es gab Krieg. Darüber haben wir schon oft berichtet. Doch in all den Jahren hat sich kaum etwas geändert. Vor allem den Menschen in der Stadt Aleppo geht es  sehr schlecht. Dort bekämpfen Regierung und Rebellen sich schon lange, fast die ganze Stadt ist zerstört. In den vergangenen Tagen sind die Kämpfe noch schlimmer geworden. Unter dem Krieg leidet die Bevölkerung. Fast sechs Millionen Kinder brauchen Hilfe. Wir zeigen euch hier Ausschnitte aus einem Brief, den das Mädchen Alaa zusammen mit dem Kinderhilfswerk Unicef an die deutschen Kinder geschrieben hat. (aso)

Das schreibt die neun Jahre alte Alaa aus Aleppo:

Liebe Kinder in Deutschland,

ich heiße Alaa, ich bin neun Jahre alt. Ich habe drei Geschwister: Wahid (14), Zahraa (12) und Ahmad (7). Ich komme aus Aleppo.

Ich war noch zu jung, als wir unser Haus in Ost-Aleppo verlassen mussten, deshalb erinnere ich mich nicht mehr daran. Aber meine Mutter sagt, es war sehr schön und groß, ich hatte sogar mein eigenes Zimmer.

Alaa mit ihrer Lieblingspuppe Judi (Foto: Unicef)

Jeden Tag bin ich mit meinen Brüdern nach der Schule zum Wasserholen gegangen. Wir mussten immer lange in der heißen Sonne stehen und in der Schlange warten, bis wir unsere Kanister füllen und die Treppen hoch zu unserer Mutter tragen konnten. Ich habe auch immer einen kleinen Eimer Wasser für meine Puppe Judi mitgenommen. Sie war sehr schön, mit blonden Haaren und einem wunderschönen rosa Prinzessinnenkleid. Nachdem ich meiner Mutter im Haushalt geholfen habe, habe ich Judi gebadet. Ich habe ihre Haare gebürstet und dann ihre Kleider gewaschen und in der Sonne zum Trocknen aufgehängt.

Als die Kämpfe immer näher kamen, mussten wir fliehen. Seitdem ist unsere Familie sechs Mal geflohen, jedes Mal nur mit der Kleidung, die wir gerade anhatten. Jedes Mal, wenn wir wieder fliehen mussten, dachte ich: Das ist jetzt das letzte Mal.

Ich werde nie die Nacht im August 2016 vergessen, in der wir unser letztes Zuhause in Aleppo verlassen haben. Tagsüber hatte ich mit meinen Brüdern gespielt. Dann hörten wir laute Explosionen. Wir hatten schreckliche Angst. Meine Mutter sagte, dass wir weglaufen müssen. Ich hatte nicht einmal Zeit, um meine Puppe Judi zu holen. Auf der Straße war überall Feuer. Einige Kinder waren verletzt. Wir kletterten auf einen Lastwagen mit vielen anderen Leuten, wie Vieh.

Eine beste Freundin hat Alaa schon gefunden. (Foto: Unicef)

Alaa in ihrer neuen Klasse (Foto: Unicef)

Heute wohnen wir in einer Stadt namens Bseireh. Ich habe ein schlechtes Gewissen, dass ich Judi zurückgelassen habe. Wir haben hier eine kleine Wohnung  mit zwei Zimmern. Mein jüngerer Bruder Ahmad und ich kuscheln uns nachts aneinander, damit uns wärmer wird. Ich mag es hier zu sein, weil es  keine Explosionen gibt. Jetzt habe ich mehr Zeit zum Lernen und zum Spielen.

Ich vermisse meine alte Schule, meine Spielsachen und meine Freunde in Aleppo. Aber ich habe hier zwei neue Freunde gefunden, die auch aus Aleppo kommen.

Ich weiß, dass Deutschland sehr weit weg ist, hinter dem Meer. Ist Deutschland schön? Ich habe die Erwachsenen von Deutschland erzählen gehört. Sie sagen, dass viele Menschen aus Syrien dort hingegangen sind.

Ich hoffe, dass ich irgendwann wieder in mein Zuhause in Aleppo zurückgehen kann und nie mehr weg muss. Ich hoffe auch, dass alle syrischen Kinder, die nach Deutschland gegangen sind, in der Schule und glücklich sind und liebe Freunde haben.

Alaa Assal

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