Wie sind Stühle entstanden?

Wie sind Stühle entstanden?
Alle Kinderstühle auf dieser Seite stehen in der Ausstellung in München. (Fotos: Die Neue Sammlung - The Design Museum / A. Laurenzo)

In der Schule, beim Essen, am Schreibtisch: Einen großen Teil des Tages sitzen wir. Und zwar auf den unterschiedlichsten Stühlen, ist ja klar. Wusstest du, dass der Stuhl eines der ältesten Möbelstücke ist?

Auch Stühle speziell für Kinder gibt es schon seit mehr als 3000 Jahren. Wie sich das Möbelstück entwickelt hat, erklärt uns Anna-Sophia Reichelt. Sie hat in dem Museum „Die Neue Sammlung“ in der Stadt München eine ganze Ausstellung über Kinderstühle zusammengestellt. Und auch in Köln dreht sich gerade alles um Möbel – denn heute startet die Einrichtungsmesse imm Cologne.

Seit wann gibt es Stühle?

Früher hatten nur Kinder aus reichen Familien Stühle. (Fotos: Die Neue Sammlung – The Design Museum / A. Laurenzo)

Schon im Grab des Pharaos Tutanchamun haben Forscher zwei Kinderstühle gefunden: Aus Ebenholz gefertigt, mit Elfenbein, Gold und Bronze wunderschön verziert. Richtige Kunststücke. Sie sind der Beweis dafür, dass es schon vor mehr als 3000 Jahren Stühle nur für Kinder gab. „Aber solche Stühle waren bis vor 200 Jahren den Kindern aus den Adelshäusern vorbehalten“, sagt Anna-Sophia Reichelt. „Sie waren auch nicht bequem, sondern schwer und massiv.“

Diese Stühle sollten zeigen, welche wichtige Rolle dieses Kind hat. Jahrhundertelang saß der Großteil der Kinder in der Regel einfach auf dem Boden – so wie ihre Eltern auch. Denn obwohl es Stühle schon sehr lange gibt, konnten viele Leute sie sich nicht leisten. Denn ein Stuhl musste extra von einem Tischler angefertigt werden. Das dauerte lange und war teuer. Manche Familien hatten vielleicht einen Stuhl, eine große Bank oder mehrere Schemel.

Stühle für alle?

Einfach und günstig: Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten sich alle Stühle leisten. (Fotos: Die Neue Sammlung – The Design Museum / A. Laurenzo)

Das änderte sich erst mit der sogenannten Industrialisierung. Die startete vor etwa 200 Jahren. Damals begannen die Menschen, Produkte mit Hilfe von Maschinen herzustellen. So konnten mehr Gegenstände in kürzerer Zeit gefertigt werden – dadurch wurden sie billiger. „Die Firma Thonet aus Deutschland erfand eine neue Technik, mit der man Holz biegen konnte. Sie waren die Ersten, die Stühle in hoher Stückzahl herstellen konnten“, sagt die Expertin. Aber, du ahnst es schon, selbst so einen Stuhl konnte sich ein einfacher Arbeiter nicht leisten.

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Stühle richtig günstig. Denn man begann, mit Kunststoff superviele Stühle aus einem Modell herzustellen. „Auf einmal konnte sich jeder Möbel leisten“, erzählt Anna-Sophia Reichelt. „Dazu hat auch die Firma Ikea beigetragen, die Möbel für alle verkaufen wollte.“ Das Möbelhaus aus Schweden gibt es ja heute noch.

Und die Kinderstühle?

Die Geschichte, die wir gerade erzählt haben, gilt sowohl für die Stühle von Erwachsenen als auch von Kindern. Zumindest, wenn es um die Herstellung geht. Denn in den Köpfen der Erwachsenen musste noch etwas anderes passieren: Bis vor etwa 300 Jahren bekamen Kinder nicht viel Aufmerksamkeit (mal abgesehen von den Königskindern). Sie sollten ihren Eltern helfen und keine Probleme machen. Das änderte sich erst, als die Zeit der Aufklärung begann.

Die Idee war, dass jeder Mensch, auch der einfache Arbeiter, selbst denken und nicht nur den Mächtigen gehorchen sollte. Und Kinder sollten nicht behandelt werden wie kleine Erwachsene. Die Idee verbreitete sich. Und einige Jahrzehnte später bekamen Kinder aus reicheren Familien tatsächlich zum ersten Mal ihr eigenes Zimmer – mit eigenen, kleinen Möbeln!

Wie ist es heute?

Extra für Kinder: Ein Stuhl in der Form eines Hundes ((Fotos: Die Neue Sammlung – The Design Museum / A. Laurenzo)

Mit der Zeit sollten die Kindermöbel immer mehr die besonderen Bedürfnisse von Kindern erfüllen. Viele Gedanken dazu machte sich vor hundert Jahren unter anderem Maria Montessori (nach der heute noch viele Kindergärten und Schulen benannt sind). Sie fand: Kindermöbel sollen nicht nur an die Größe von Kindern angepasst sein, sondern auch leicht und abwaschbar und so, dass Kinder sich nicht verletzen können.

Diese Punkte gelten auch heute noch, erzählt Anna-Sophia Reichelt. „Heute gibt es aber auch Stühle, die zum Spielen anregen sollen. Dann sieht ein Stuhl zum Beispiel aus wie eine Katze.“ Und falls du jetzt denkst, dass so ein Kinderstuhl nur was für richtig kleine Kinder ist, irrst du dich. Denn wusstest du, dass es Schulstühle in vielen verschiedenen Größen gibt? Damit jeder auf dem Stuhl sitzt, der gut zu seiner Größe passt. Denn, wenn man das nicht tut, kann es sein, dass man sich komisch hält und Schmerzen bekommt. Und das will ja wirklich keiner.

von Angela Sommersberg